Bauwelt

Der merkwürdige Stein aus Kirikkale

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Der merkwürdige Stein aus Kirikkale

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Le Trianon ist ein kleines, plüschiges Theater nahe der Moulin Rouge von Montmartre mit knarrenden Schwingtüren am Entree. Bei der Verleihung der Innovationspreise der größten französischen Baumesse Mondial du Bâtiment sitzt Emre Irteş neben mir. Der Verkaufschef hat sich große Hoffnungen gemacht, dass sein Stein „Emiblock“ zu den Gewinnern in Gold, Silber oder zumindest Bronze zählt, geht aber leer aus. In der Pause erzählt er mir voller Begeis­terung von den Besonderheiten seines im Werk von Kirikkale bei Izmir produzierten Steins. Er ist 60 Zentimeter lang und 25 Zentimeter hoch und hat eine Breite von 15, 20 oder 25 Zentimetern. Der graue Block besteht aus Porenbeton, der wohl in bekanntem Verfahren dampfgehär­tet aus Sandmehl, Kalk, Zement und Aluminiumpulver hergestellt wurde. Der Stein kann also leicht zersägt werden, dämmt gut und ist nicht entflammbar.
Was ist nun innovativ? Der Stein hat eine Eigenschaft, die nach der Meinung von Emre Irteş einzigartig sein soll: Er absorbiert nahezu alle elektromagnetischen Strahlungen. Dies wäre dringend erforderlich in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern, besonders Geburtskliniken und in der Radiologie, dazu in den Wohn- und Arbeitsräumen von Menschen, die gar keine Strahlungen wollen und keinen Empfang jeglicher Form benötigen. Klingt alles vernünftig in Zeiten, in denen wir einer Million Mal mehr Strahlung ausgesetzt sind als vor fünfzig Jahren. Aber ist das neu? Solche Steine gibt es schon, auch von den großen Herstellern in Deutschland. Außerdem kann man speziellen Mörtel einsetzen, um die Strahlen zu reduzie­ren. Der neue Stein von Emre Irteş verspricht aber eben mehr: 99-prozentige Sicherheit.
Auf mein Nachfragen, wo der so einzigartige Emiblock schon Verwendung fand, zögert Emre Irteş ein wenig mit der Antwort, aber dann erzählt er mir, dass die Steine bisher nur bei zwei neuen Ministerien in Ankara verbaut wurden, damit in sensiblen Bereichen keinerlei Geheimnisse in die Nebenbüros oder sonst wo hingelangen. Wie es dem türkischen Porenbeton gelingt, nahezu alle drahtlosen Daten zu stoppen, bleibt mir verschlossen.

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