Bauwelt

Im Untergrund

Eine Ausstellung im Architekturforum Aedes in Berlin bezeugt ­Dominique Perraults Leidenschaft für das Bauen unter der Erde

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

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    Dominique Perrault bei ­Aedes vor seinem Arc-de-Triomphe-Projekt.

    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

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    Dominique Perrault bei ­Aedes vor seinem Arc-de-Triomphe-Projekt.

    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

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    Blick in die Aus­stellung, auf der Leuchtwand im Vordergrund das Lightwalk-Projekt für Seoul.
    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

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    Blick in die Aus­stellung, auf der Leuchtwand im Vordergrund das Lightwalk-Projekt für Seoul.

    Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

Im Untergrund

Eine Ausstellung im Architekturforum Aedes in Berlin bezeugt ­Dominique Perraults Leidenschaft für das Bauen unter der Erde

Text: Redecke, Sebastian, Berlin

Anfang des Jahres sorgte eine Meldung aus dem Herzen von Paris für Aufsehen: Nach starken Regenfällen bedrohte das Hochwasser der Seine den Louvre, und man war bereits kurz davor, notfalls Kunstwerke in Sicherheit zu bringen.
Dominique Perrault hat seit drei Jahren für die Île de la Cité etwas weiter flussaufwärts mit seiner „Mission 2040“ Großes vor: neue öffent­liche Plätze, verglaste Passagen, Grünflächen und schwimmende Pontons, alle über eine Wegeverbindung im Untergrund miteinander verbunden. Er will die Insel als „Souterrain der Stadt“ zu einem zusammenhängenden öffentlichen Raum transformieren. Das Projekt war noch vom letzten Staatspräsidenten François Hollande unterstützt worden (Bauwelt 9.2017).
Angesichts des bedrohlichen Pegelstands vom Januar kann einem dieses Projekt im Un­tergrund Angst machen. Perrault bleibt aber dabei und ist von der Idee fasziniert, die Insel unterirdisch zu erweitern und so zu neuem Leben zu erwecken. Für ihn ist das Bauen in der Tiefe das zentrale Thema. Er gründete hierfür in seinem Büro die interdisziplinäre Forschungsplattform DPAx. Außerdem leitet er einen auf ihn zugeschnittenen Lehrstuhl (SubLab, Laboratory of Underground Architecture) an der Ecole polytechnique fédérale von Lausanne.
In Perraults Ausstellung „The Groundscape Experience“ bei Aedes in Berlin werden, wie zu erwarten, Projekte unter der Erde gezeigt. Partner der Ausstellung sind seine Hochschule in Lausanne und die EWHA Womans University aus Seoul mit ihrem Architectonic Design Strategy Labora­tory. Es ist vor allem diese ins Erdreich gegrabene Frauenuniversität in Seoul von Perrault aus dem Jahr 2008, die das Thema eindrucksvoll vor Augen führt: ein offener, tief eingegrabener Raum als „Diagonalschnitt“ auf dem Campus mit den Glasfassaden des neuen Zentralgebäudes auf beiden Seiten (Bauwelt 35.2008). Eine der riesigen Leuchtwände, die bei Aedes in der großen Ausstellungshalle stehen, zeigt einen Blick in die „Talsohle“ dieses beeindruckenden Raums. Das Thema hat Perrault von Anfang an beschäftigt: beim großen Frühwerk, der Nationalbibliothek von Paris mit ihren unterirdischen Lesesälen (1992), beim abgesenkten Velodrom und Schwimmbad in Berlin (1998) und beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg mit unterirdischer Erschließungsstraße (2008).
Der Kontakt nach Südkorea ist geblieben. So nimmt ein von Perrault mit dem Junglim Consortium am Hangang River in Seoul gewonnener Wettbewerb einen Teil der Ausstellung ein. Das Projekt nennt sich „Lightwalk“. Es handelt sich um eine Shoppingmall mit multimodalem Hub, die, meist nur als Glasband sichtbar, unter dem Mittelstreifen einer zehnspurigen Straßenachse und einem Platz abgesenkt wurde.
Perrault war auch mit seinen Studenten aus Lausanne in Seoul. Zusammen mit dortigen Studenten wurden Möglichkeiten unterirdischer Erweiterungen ausgekundschaftet. Die Ausstellung zeigt in Bild und Video einige angefertigte Modelle. Die Texte und Zeichnungen zu den Projekten sind leider sehr kleinteilig, knapp dargestellt und daher nur begrenzt verständlich.
Perrault ist weiterhin von den Potenzialen im Untergrund überzeugt. In den Metropolen mit kostbaren Grundstücken sei die Expansion in die Tiefe trotz aller baulicher Schwierigkeiten wirtschaftlich – und ermögliche einen Respekt des Kontexts. Sonderbar ist allerdings sein Projekt für den Pariser Arc de Triomphe, den er auf einer kreisrunden Glasscheibe sehen möchte. Die Visualisierung zeigt unter der Scheibe eine mehrgeschossige Halle mit Ausstellungsflächen, Kommerz und jede Menge Luftraum. Bei der Eröffnung hat Perrault dieses von ihm initiierte Projekt sichtlich amüsiert als Fiktion vorgestellt.

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