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Vorsicht Wiki-Fake!

Jan Friedrich empfiehlt allen, die tatsächlich einen Baum auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin sehen möchten, den Besuch einer Aufführung der Zauberflöte

Text: Friedrich, Jan, Berlin

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Vorsicht Wiki-Fake!

Jan Friedrich empfiehlt allen, die tatsächlich einen Baum auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin sehen möchten, den Besuch einer Aufführung der Zauberflöte

Text: Friedrich, Jan, Berlin

Der auf der linken Bühnenhälfte befindliche Baum stand schon vor dem Bau der Oper an dieser Stelle und muss in jedes Stück eingebaut werden.25

Wie bitte? Nun, ein Haus, das um einen erhaltenswerten Baum herumgebaut wurde, ist nichts völlig Außergewöhnliches. Wir sind bis heute begeistert von der Villa am Cap Ferret von Lacaton & Vassal aus dem Jahr 1998, die, über dem Waldboden schwebend, von sechs Pinien durchbohrt wird. Nicht so einhellig ist die Begeisterung für das im Bau befindliche Museum berlin modern von Herzog & de Meuron, aus dessen Grundriss eine Nische ausgespart wird, um eine 150 Jahre alte Platane erhalten zu können. Doch wie soll so etwas in einer Oper gehen, mitten auf der Bühne? Wenn jedes Regieteam egal welches Stück um diesen Baum heruminszenieren muss? Und in welchem Opernhaus soll das überhaupt sein?
Kürzlich sprach mich ein Freund an, der beauftragt ist, den Wikipedia-Eintrag der Deutschen Oper Berlin zu überarbeiten; dabei war er im Abschnitt „Architektur des Gebäudes“ über diesen seltsamen Satz gestolpert. Weshalb er mich darauf angesprochen hat? Nun, wegen der Fußnote, der kleinen hochgestellten 25. Denn die ist heikel. Klickt man sie an, öffnet sich als Quellennachweis: Ulrich Conrads: Die Deutsche Oper Berlin. In: Bauwelt. Heft 54 [im pdf-Download], 1961, S. 1285–1289. Mein Freund bat mich, in unserem Archiv nachzuschauen, ob in dem Beitrag tatsächlich solch ein Satz steht oder zumindest einer, der sich in diese Richtung falsch deuten ließe. Denn natürlich ist das völliger Quatsch: Auf der Bühne der Deutschen Oper Berlin steht kein Baum. Außer bei Aufführungen der Zauberflöte in der Inszenierung von Günter Krämer, die seit 1991 regelmäßig gespielt wird. Das Geäst dient Pamina dazu, daran gefesselt zu werden, und den drei Knaben, um aus dem Orchestergraben auf die Bühne zu klettern. In der als Quelle für den ominösen Baum-Fetischismus des Opern-Architekten Fritz Bornemann genannten Kritik von Ulrich Conrads kommt das Wort Baum an keiner einzigen Stelle vor. Bauwelt-Ehre gerettet!
Mein Freund hat versprochen, den wunderlichen Fake-Satz aus dem Wikipedia-Eintrag zu löschen. Obwohl das eigentlich auch ein bisschen schade ist.

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