Bauwelt

Architekten und Kleider

Text: Landes, Josepha, Berlin

Architekten und Kleider

Text: Landes, Josepha, Berlin

Darf man das? Ein Windbällchen aus der Mitte des Turms herauszuziehen, könnte schließlich den Einsturz des kompletten Bau-, Kunst-, Patisseriewerks bedeuten. Trotzdem, in dieser Ausgabe wagen wir’s! Wir stellen Fragen, die bestimmt oft mitschwingen, aber wohl eher selten aufs Buffet kommen, wenn Architekten und Architektinnen sich in „ihren Kreisen“ bewegen. Sie merken schon: So viel Klischee! Mein Gott, wie es klebt, diese Sahne, dieser Zuckerguss und überall Gold! Das sind wir doch nicht. Bitte nur Hornbrillen, bitte nur Dunkelblau – tatsächlich scheint Schwarz in vielen Archi-Kleiderschränken ausgedient zu haben, zumindest kurz davorzustehen. Wieso?
In einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit sehr viel Rotwein – denn auch Journalistinnen pflegen ihr Image – kamen wir auf die sehr subversive Idee, an den Grundfesten zu rütteln, den filigran aufgeschichteten Turm des Architektendilemmas „Was anziehen? Was aussagen?“ hoffentlich mindestens spielerisch ins Schwingen, mitnichten allerdings zum Wanken zu bringen. Mehr als hundert Fragen haben wir auf unseren Schreibmaschinen zu Papier gebracht, die Redaktionsräume Tabak-schwanger. Sie kommen nicht von Ungefähr, sondern sind inspiriert vom Buch „Frauen und Kleider“ der Herausgeberinnen Leanne Shapton, Sheila Heti und Heidi Julavits. Wir baten eine Handvoll Architekturschaffende, uns zu helfen, die tradierten Zuschreibungen zum Sich-Kleiden und Die-Welt-Bewerten des Berufsstands (Ja, doch, schon – Geben Sie’s zu!) ins Hier und Jetzt zu hieven.
Und es kamen fantastische Rückläufe: Von Schurwolle über Dederon bis zu bunten Perlenketten. Wo beginnt und wo endet Perfektion? Besteht ein Bezug zwischen dem eigenen Ich und dem eigenen Werk? „Ein Experiment“ stand auf der Fahne dieses Vorhabens und allein das Mitexperimentieren, das Sich-Einlassen auf unseren Blindflug, zerstört in gewisser Weise die Attitüde, der nach nur ein Kontrollfreak ein guter Architekt sein kann.
Was ist diese Ahnung, die wie an seidenen Fäden über den Gestaltern und Gestalterinnen des Gebauten schwebt, und sie auch in Sachen Mode anspornt, am persönlichen Gesamtkunstwerk zu feilen? Oder treibt sie doch der von jeglichem Ego-Bezug losgelöste Anspruch, genau das Richtige für diese Welt, an diesem Ort in diesem Jetzt zu entwickeln, was sich einfach unumgänglich in Jeans und T-Shirt niederschlägt, weil’s praktisch ist?
Diesem Heft müsste ein Glossar beigefügt werden, erhöbe es den Anspruch, repräsentativ zu sein. Allein der Begriff „Mode“ bräuchte Unterscheidung in „Kleidung betreffend“ und „den Zeitgeist betreffend“. Aber dies ist keine Fibel! Es ist Sommer. Unsere langen Hosen und Jacken hängen an der Garderobenstange, und während wir arbeiten, muss auch der Badeanzug dort verharren. Wir sitzen barfüßig an unseren Schreibtischen und träumen. Wir fragen naiv. Und wir denken uns unseren Teil. Machen Sie mit? In der Mitte des Hefts finden Sie den kompletten Fragebogen zum Selbsttest – neben eisgekühltem Kaviar.

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