Bauwelt

Die Produktivkraft der Architektur

Die 4. Architekturtriennale ­Lissabon wird sich zwei Monate lang der „Form der Form“ widmen. Eröffnung ist am 5. Oktober

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Das Canadian Centre for Architecture hat für die Triennale sein Cedric-Price-Archiv geöffnet. Auf dem Foto: McAppy Report, Model for a Portable Enclosures Programme, 1973–1976

    © Cedric Price fonds, CCA

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    Das Canadian Centre for Architecture hat für die Triennale sein Cedric-Price-Archiv geöffnet. Auf dem Foto: McAppy Report, Model for a Portable Enclosures Programme, 1973–1976

    © Cedric Price fonds, CCA

Die Produktivkraft der Architektur

Die 4. Architekturtriennale ­Lissabon wird sich zwei Monate lang der „Form der Form“ widmen. Eröffnung ist am 5. Oktober

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Ohne Form gibt es keine Umwelt. Um zum substantiellen Kern dieser selbstverständlichen Feststellung vorzudringen, muss man alle ästhetischen Verfeinerungen beiseite schieben: Formen jedweder Art prägen das tägliche Leben, sie prägen die Ökonomie, sie prägen die Stadt. Mehr als alle anderen Disziplinen ist die Architektur an diesen Formen beteiligt. Die Frage zur Architektur als universaler Produktivkraft von Formen haben die beiden Kuratoren André Tavares und Diogo Seixas Lopes ihrem Konzept für die diesjährige Architekturtriennale in Lissabon vorangestellt. Vom 5. Oktober bis 11. Dezember wird die Triennale vier Schwerpunktausstellungen an vier verschiedenen Orten zur Frage der Konstruktion von Formen präsentieren.
André Tavares, Buchautor, Architekturkritiker und Herausgeber von Architekturbüchern in seinem Verlag Dafne Editora, formuliert das Ziel der Triennale so: „Bei allen sozialen und technischen Erneuerungen, denen wir momentan ausgesetzt sind, dürfen wir eines nicht vergessen: Die Architektur muss, wenn sie ihre Bedeutung nicht völlig verlieren will, weniger ein technisches Wissen als ein kulturelles Wissen sein.“ Die Einsicht, dass die Formenfrage zwar allen Entscheidungen über die Veränderung der städtischen Umwelt unterliegt, und doch fast immer nur als Stilfrage neuer Entwürfe von Frank Gehry, Coop Himmelb(l)au, Zaha Hadid etc. gestellt wird, will diese Triennale sichtbar machen. Dabei zielt sie nicht nur auf Architekturbegeisterte, sondern auch auf das Gros der kultur­interessierten Lissabon-Touristen.
Die Ausstellung „The Form of Form“, die Diogo Seixas Lopes verantwortet, zeigt quer durch die Jahrhunderte das Verhältnis zwischen unveränderlichen Formbestandteilen der Architektur und solchen, die immer wieder neu hinzugekommen sind. Die Ausstellung „Building Site“ betrachtet den Bauprozess als soziale Form, als großen, theatralischen Dialog, an dem je nach Größe des Bauvorhabens mehrere hundert Beteiligte mitwirken können. Als eine Art Leitfigur dieser Schau dienen die flexiblen Raumkonzepte des englischen Exzentrikers Cedric Price – das kanadische Architekturzentrum CCA wird für die Ausstellung sein Archiv mit Zeichnungen und Modellen von Price öffnen. Fabrizio Gallanti und Francisca Insulza widmen sich in der dritten großen Ausstellung unter dem Titel „The World in Our Eyes“ den unterschiedlichen Repräsentationsformen der Stadt und der Peripherie. Schon für den ganz normalen Wochenendbesuch in Lissabon sind wir, mehr als wir es wahrhaben wollen, geprägt von den Plänen und Bildern, die uns das Tourismusbüro, Google Earth und die Hotelportale unter die Nase halten. Die vierte Ausstellung „Seaside Logistics“ schließlich befasst sich am Beispiel des Küstenorts Sines mit der Frage, wie prägend die Formen sind, die Industrie und Infrastruktur in der Landschaft hinterlassen.
Für den eigensinnigen Architekten und Lehrer Diogo Seixas Lopes, der 2015 in einem wunderbaren Essay über Aldo Rossi den Einfluss der Melancholie auf die Architektur untersucht hat, ist diese Triennale eine Art Vermächtnis. Er ist im Februar im Alter von 43 Jahren gestorben.

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