Bauwelt

Fünf Minuten Halt

Schweizer Zurückhaltung in der Architektur Galerie Berlin

Text: Bauer, Robert, Berlin

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    Blick in die Ausstellung Foto: Jan Bitter
    Foto: Jan Bitter

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    Blick in die Ausstellung Foto: Jan Bitter

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Fünf Minuten Halt

Schweizer Zurückhaltung in der Architektur Galerie Berlin

Text: Bauer, Robert, Berlin

Schließt sich die Tür zur reizüberfluteten Karl-Marx-Allee, empfängt die Architektur Galerie Berlin die Besucher mit einer ganz in Weiß getünchten Stille. Auf das übliche Plan- und Modellchaos sonstiger Architekturausstellungen wurde konsequent verzichtet. Einzig sichtbar ist eine plastische Rauminstallation, die in ihrer Unschärfe abstraktes Modell oder Alpenlandschaft sein könnte. Folgt man den leisen Tönen von klassischer Musik oder klirrendem Besteck, wird der Blick in die schwarzen Öffnungen des Objekts gelenkt. Gleich einer Fahrt mit einem Panoramazug in den Alpen, die grauen Projektdokumentationen beiliegend als Ticket, führt einen die Ausstellung von Aussicht zu Aussicht.
Sie ist dem Baseler Architekturbüro Miller& Maranta gewidmet und zeigt fünf Projekte der 25-jährigen Schaffenszeit. Der Raum wurde von den Architekten mit einem weißen Mobiliar ausgestattet. In fünf Öffnungen verstecken sich drei- bis fünfminütige stereoskopische Filme mit Alltagsszenen der Bauwerke, unterlegt durch zugehörige Geräusche. Produziert wurden die Filme vom Zürcher Filmemacher Samuel Ammann.
Miller&Maranta wurde 1990 von Quintus Miller und Paola Maranta gegründet und wird heute in Partnerschaft mit Jean-Luc von Aarburg geführt. Das Büro, geprägt durch die erste Generation der Zürcher „Analogen“, steht für behutsame Neuinterpretationen mit sensibler Einbindung örtlicher Gegebenheiten. Projekte wie die Sanierung der Villa Garbald und der Neubau des Gästehauses in Castasegna (2001–2004) brachten internationale Anerkennung. Im Interview zum Umbau des Alten Hospiz auf dem Gotthardpass (Bauwelt 9.2011) sagte Quintus Miller: „Man schaut sich etwas an, und einen Moment lang hat man das Gefühl, es war immer schon so, es ist uns vertraut. Gleichzeitig befängt uns eine Irritation, die dazu zwingt, noch mal hin zu sehen“, nämlich auf den kaum wahrnehmbaren Eingriff am Bestand.
Der Titel der Ausstellung könnte kaum treffender sein. Veduten, die klassischen Stadt- und Landschaftspanoramen galten schon zu Zeiten der Cavaliersreisen als beliebte Mitbringsel aus fernen Welten. Auch wenn die Schweiz heute nicht weiter als eine Flugstunde entfernt ist, schaffen die vedutenhaften Filme einen exklusiven Zugang zu den Projekten. Exklusivität durch Einforderung von Zeit, die in unserer Kultur des Informations-Konsums wertvoll ist wie nie zuvor.

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