Keine Leere im leeren Haus
Muck Petzet zeigt im ehemaligen Museum am Ostwall in Dortmund ein Extrakt von „Reduce, Reuse, Recycle“ – und macht das Haus selbst zum Exponat
Text: Mehl, Robert , Aachen
Keine Leere im leeren Haus
Muck Petzet zeigt im ehemaligen Museum am Ostwall in Dortmund ein Extrakt von „Reduce, Reuse, Recycle“ – und macht das Haus selbst zum Exponat
Text: Mehl, Robert , Aachen
Lange hielt sich die Mär, das Dortmunder Museum am Ostwall wäre die Neuerrichtung eines völlig zerstörten Vorgängerbaus, und man hätte in den 1950er Jahren lediglich die ursprüngliche Kubatur beibehalten. Immer noch steht das – falsch – auf der Bronzetafel im angrenzenden Museumspark. Doch Sonja Hnilica vom Lehrstuhl Geschichte und Theorie der Architektur (GTA) an der TU Dortmund hat nachgewiesen, dass das heutige Haus in weiten Teilen nur eine Instandsetzung der ersten großen Umnutzung von 1911 ist, als das ursprüngliche Oberbergamt zum Museum umgebaut wurde. Schon damals erhielt der Innenhof sein Glasdach, das lange Zeit als Nachkriegszutat galt. Die Fensteröffnungen hingegen mit ihren gerundeten Stürzen stammen sogar noch aus der Zeit davor, von 1872.
Mit dem Umzug der Kunstsammlung in das „Dortmunder U“ im Jahr 2010 wurde der Altbau des Museums am Ostwall obsolet. Da sich kein Nachnutzer fand, beschloss die Stadt, das Grundstück einem Investor zu überlassen, der alles abreißen und ein Altenstift errichten wollte. Dagegen formierte sich jedoch rasch Widerstand. Auch Wolfgang Sonne, der Leiter des GTA, zählt zu den Abrissgegnern. Er plädiert dafür, das Haus künftig für das Archiv für Baukunst NRW zu nutzen (Bauwelt 28.2013).
Die Landesinitiative StadtBauKultur NRW 2020 setzt sich ebenfalls für den Erhalt des ehemaligen Museums am Ostwall ein. Sie konnte Muck Petzet, den Kurator des Deutschen Pavillons in Venedig 2012, gewinnen, dort noch einmal Auszüge seiner damaligen Ausstellung „Reduce, Reuse, Recycle“ zu zeigen, die die Wahrnehmungsveränderung in der Architektur thematisiert. Es geht Petzet darum, durch minimalinvasive Eingriffe bestehende Bauten umzunutzen und eben diese minimale Veränderung zum formalen Thema zu machen. „Der Wert eines Objekts liegt immer im Auge des Betrachters“, analysiert er treffend, es bedürfe nur geeigneter Strategien, diese Wertschätzung zu lenken. Man müsse die Wahrnehmung gezielt steuern, damit der Betrachter die Ästhetik der Umnutzung anders, nämlich positiv, bewerte.
Das Museum am Ostwall ist für ihn ein Paradebeispiel. Petzet zeigt dort seine Inhalte, gleichzeitig ist das Haus begehbares Exponat. So sind die Erläuterungstexte zweifarbig im Sinne eines dualen Leitsystems: Die roten Zeilen auf den Wänden weisen auf die Baugeschichte des Hauses hin; die weißen Texte auf dem Fußboden hingegen erläutern die geschosshohen Fotos der „Reduse Reuse Recylce“-Projekte.
Bemerkenswert ist die Nutzungsintensität des nominell „ungenutzten“ Hauses. Die Ausstellung läuft nur deshalb so kurz, weil schon im Februar ein länger angemeldetes Projekt hier aufgebaut wird. Auch früher konnten die aktuellen Ausstellungsmacher nicht hinein, weil andere Veranstaltungen noch andauerten. Tatsächlich scheint es einen enormen Bedarf an kostengünstigen Ausstellungsflächen zu geben. Eigentlich eine tolle Nachnutzung: den Bau so zu erhalten und zu nutzen, wie er ist.
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