Bauwelt

Sittengemälde der Architekturkritik

Eine Ausstellung in der Architekturgalerie München widmet sich der Rezeption von Bauten aus dem Büro von Gerkan, Marg und Partner

Text: Matzig, Katharina, München

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    Blick in die gmp-Ausstellung in der Architekturgalerie München
    Foto: Saskia Wehler

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    Foto: Saskia Wehler

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Sittengemälde der Architekturkritik

Eine Ausstellung in der Architekturgalerie München widmet sich der Rezeption von Bauten aus dem Büro von Gerkan, Marg und Partner

Text: Matzig, Katharina, München

Am Anfang war das Wort. Das behauptet zumindest das Johannes-Evangelium. Jenseits der ­Bibel sind unumstößliche Wahrheiten allerdings selten glaubhaft. Zumindest beim Wort zum Haus, sprich der Architekturkritik, muss in der Regel erst der Hausbau abgeschlossen sein, ehe der Satzbau entstehen kann. Sicher aber ist: Erst Worte verleihen der Architektursprache Gehör, und erst Bilder machen Bauten sichtbar. Etwa 400 Gebäude hat das Büro gmp mit Hauptsitz in Hamburg in den 50 Jahren seines Bestehens realisiert. Artikel darüber gibt es in Hülle und Fülle im büroeigenen Archiv und somit viele gute Gründe, sich mit der „Architekturkritik im Spiegel des Werkes der Architekten von Gerkan, Marg und Partner“ zu beschäftigen.
Genau das tut die Ausstellung „Die Kunst der richtigen Distanz“ in der Architekturgalerie in München, dem Sakralraum der Münchner Architekturszene, in dem zwar nicht immer die Wahrheit, aber stets der Glaube gefeiert wird. Von der Schau erfahren, so versichern Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg bei der Vernissage, hätten sie erst am Vorabend. Komplett an den beiden vorbei habe Michael Kuhn, Chef der PR-Abteilung des Büros mit dem Journalisten Dirk Meyhöfer die Präsentation samt zugehöriger Publikation organisiert. 25 Projekte haben sie ausgewählt und sie in Wort, Foto, Film und Ton vorgestellt: Mittels Kritiken unterschiedlicher Journalisten aus unterschiedlichen (Print-)Medien, ­anhand von Fotos, die der Berliner Architekturfotograf Marcus Bredt aufgenommen hat und mit Hilfe von Interviews mit Besuchern und Nutzern.
Ein begehbares Pappmöbel durchzieht den Hauptraum auf kompletter Länge. Wer auf den Sockel steigt, stößt mit der Nase auf die unterschiedlich großen, eigensinnigen Farbfotografien und kann die zugehörigen Ausschnitte aus Architekturkritiken von oben herab betrachten. Wer auf dem Boden bleibt, tritt die aufgeklebten Sätze mit Füßen und schaut auf zu den Fotos, die selbst Meinhard von Gerkan erstaunen: „Ich habe mein Lieblingshaus, die Villa Guna in Riga, nicht erkannt, von dieser Seite hat sie noch niemand fotografiert!“ Stufennischen laden zum Blättern in den staubig riechenden Originalpublikationen ein, darunter selbstverständlich auch drei Bauwelt-Ausgaben, die im zweiten Galerieraum ausgelegt sind, während der dritte Raum mit sechs Bildschirmen und Kopfhörerstationen zur Bühne für die Nutzer wird.
So entsteht eine Art Sittengemälde der professionellen wie laienhaften, der gedruckten wie der zum Bild gewordenen Architekturkritik, eine ungewöhnliche Werkschau, die unterschiedliche Sichtweisen und Betrachtungsmöglichkeiten ­eröffnet und tatsächlich zu einem Geschenk wird – nicht nur für das Büro gmp und seine Mitarbeiter sowie natürlich für Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg, der eine im letzten Jahr, der andere kürzlich 80 Jahre alt geworden, sondern auch für den Besucher. Der mit dem Glauben nach Hause geht: Am Anfang ist die Perspektive.

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