ZOOM!
Architektur und Stadt im Bild in München
Text: Paul, Jochen, München
ZOOM!
Architektur und Stadt im Bild in München
Text: Paul, Jochen, München
Bereits der Titel macht es deutlich. „ZOOM!“ – in der Fotografie der Begriff für die Veränderung der Brennweite eines Objektivs, im Film für eine schnelle Bewegung des Näherkommens oder Entfernens – ist keine Ausstellung über Architekturfotografie im herkömmlichen Sinn, es geht um eine andere kuratorische Sichtweise.
Mit „Fotografie für Architekten“, einer Ausstellung, die 2011 auch im Architekturmuseum München stattfand, teilt „ZOOM!“ zwar die Auffassung, dass Architekturfotografie „als Medium der Vermittlung und Präsentation zwischen Architekten, Auftraggebern sowie einer breiten Öffentlichkeit eine zentrale Rolle“ spielt, ansonsten sucht Kuratorin Hilde Strobl jedoch den Kontrast: Ihr geht es nicht darum zu zeigen, wie Architekten die Wahrnehmung ihrer Bauten durch Fotografie steuern, sie wirft vielmehr einen Blick darauf, was Urbanisierung, Migration und soziale Ungleichheit mit den Menschen und ihren Wohn-, Arbeits- und Lebenswelten machen.
Damit bleibt die Ausstellung dem Generalthema des Architekturmuseums unter Andres Lepik treu – der Frage, welche gesellschaftliche Relevanz und Aufgabe Architektur im Kontext einer globalisierten Gesellschaft hat: Dienstleistung für Begüterte anzubieten oder sich in den Dienst einer sozialen Agenda zu stellen? Dazu hat Hilde Strobl 18 internationale Gegenwartsfotografen eingeladen, die die Wechselbeziehungen von Architektur und Gesellschaft untersuchen.
Bei allen zu erwartenden Unterschieden zwischen Europa, Afrika und Asien überrascht die Präsenz der klassischen Sozialreportage à la Walker Evans und Dorothea Lange. In diese Kategorie gehören, allen voran, Iwan Baan mit seinem Bilderzyklus „Zabbaleen“ über die Müllsammler von Kairo, aber auch „From Somewhere to Nowhere“, Andreas Seiberts Serie über chinesische Binnenmigranten oder die Arbeit „Landfluchten“ von Ulrike Myrzik und Manfred Jarisch über das Fichtelgebirge als sterbende Region. Die dokumentarische Fotografie in der Tradition von Bernd und Hilla Becher hingegen ist weniger zahlreich vertreten, dafür aber sehr überzeugend: In seinem Projekt „Hidden Islam“ portraitiert Nicoló Degiorgis Gebets- und Gemeinschaftszentren islamischer Gemeinden in den Industrie- und Gewerbegebieten Nord-italiens, aufgenommen bei neutralen Lichtver-
hältnissen in klassischem Schwarz-Weiß und Schrägperspektive. Die Architektin Rufina Wu und der Fotograf Stefan Canham kombinieren in „Portraits from Above“, ihrer Arbeit über Honkongs informelle Dachsiedlungen, Fotografie mit Axonometrien, Fassadenansichten und Grundrissen.
hältnissen in klassischem Schwarz-Weiß und Schrägperspektive. Die Architektin Rufina Wu und der Fotograf Stefan Canham kombinieren in „Portraits from Above“, ihrer Arbeit über Honkongs informelle Dachsiedlungen, Fotografie mit Axonometrien, Fassadenansichten und Grundrissen.
Last, not least, frappiert die programmatische Austauschbarkeit des Bautypus‘ Reihenhaussiedlungsteppich: So unterschiedlich Sozialwohnungen und Ferienanlagen für Pauschaltouristen von der politisch-ökonomischen Agenda her auch sein mögen – Livia Coronas „Two Million Homes for Mexico“ und Simona Rotas „Instant Villages“ würden mit der Bildlegende der jeweils anderen Arbeit genauso gut funktionieren.
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