Bauwelt

Die Berliner Küche im Bezug zur Welt um 1700

Text: Barthel, Stephan, Berlin; von Mende, Julia, Berlin; Oswalt, Philipp, Berlin; Schmidt, Anne, Berlin

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    Die Berliner Küche im Bezug zur Welt um 1700
    Illustration: Andreas Gefe

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    Die Berliner Küche im Bezug zur Welt um 1700
    Illustration: Andreas Gefe

Die Berliner Küche im Bezug zur Welt um 1700

Text: Barthel, Stephan, Berlin; von Mende, Julia, Berlin; Oswalt, Philipp, Berlin; Schmidt, Anne, Berlin

In einem Berliner Haushalt leben um 1700 meist ein knappes Dutzend Menschen zusammen, neben der Großfamilie auch Handwerksburschen und das Hausgesinde. Die Ernährung ist als eher ärmlich zu bezeichnen. Sie besteht vor allem aus Getreide. Obst und Gemüse gibt es wenig, in der Hauptsache Äpfel, Pflaumen, Kohl und Rüben. Mit der Zuwanderung der Hugenotten finden im Laufe des 18. Jahrhunderts zunehmend auch Feingemüse wie Salat, Spinat, Spargel und Blumenkohl Verwendung in der Küche.
Der Fleischkonsum ist gegenüber dem Mittelalter in Folge des Bevölkerungswachstums zurückgegangen. Ein Großteil der Bevölkerung leidet immer wieder Hunger. Folgen der Mangelernährung sind Skorbut und Rachitis. Für die Ernährung müssen etwa drei Viertel des Haushaltseinkommens aufgebracht werden.
Man kocht Eintöpfe auf offenem Feuer, isst Roggenbrot, trinkt Bier und ab Mitte des Jahrhunderts vermehrt auch Kaffee. Die Küche, in der wegen Rauch und Hitze nicht gegessen werden kann, ist direkt mit Treppenhaus und Hof verbunden. Auf dem Hof befindet sich meist ein Brunnen zur Wasserversorgung, aber auch der Abort, und nach Möglichkeit werden dort Kleintiere gehalten, Schweine zum Beispiel, die die Küchenabfälle fressen. Mit den Exkrementen wird gedüngt, sowohl der eigene Hausgarten als auch die Garten- und Ackerwirtschaft in der Stadt und ihrem Umland.
Lebensmittelvorräte – sofern sich ein Haushalt diese Absicherung für Krisenzeiten durch Ernteausfälle überhaupt leisten kann – sind im Keller oder auf dem Dachboden in Säcken und Keramikgefäßen gelagert. Durch Trocknen, Pökeln, Säuern und Räuchern werden Lebensmittel im Haus haltbar gemacht.
Eingekauft wird bei Straßenhändlern und vor allem auf dem Wochenmarkt. Dort bieten die Bauern aus der Umgebung ihre Erzeugnisse an. Frischeprodukte wie Obst, Gemüse und Milch kommen aus der Stadt und ihrem unmittelbaren Umland, wo neu angesiedelte Gärtnerfamilien die kargen Böden auch mittels des Berliner Straßenkehrichts verbessern und damit zur Lebensmittelsicherheit beitragen. Das Brot backt der Berliner nicht zu Hause, er kauft es beim Bäcker.
Auf Berlins Straßen befinden sich öffentliche Brunnen. Eine Kanalisation gibt es nicht. Gewerbe-, Küchen-, Wasch-Abwässer, Regenwasser, Straßenschmutz und Pferdedung werden über offene Rinnsteine gesammelt und abgeführt, Exkremente in den Latrinen der Aborte gesammelt und recycelt.
Geht der Berliner über den Mühlendamm und schaut auf die sanften Anstiege Richtung Windmühlenberg (der heutige Prenzlauer Berg), wird für ihn die Weiterverarbeitung von Getreide durch Wind- und Wassermühlen sicht- und erfahrbar. Das Getreide hat einen längeren Weg hinter sich. Es wird mit dem Pferdefuhrwerk oder dem Lastkahn aus dem Havelland, der Ucker,- Alt- und Neumark sowie aus Westpreußen und der Magdeburger Börde herangeschafft, aber auch aus Mecklenburg und Polen. Ein Teil des Getreides wird wieder exportiert, bis nach Hamburg und Flandern.
Bei Bäckern, Müllern und Brandweinbrennern fallen organische Abfälle an, sodass sich dort die Schweinemast lohnt. Beispielsweise gibt es fünfzig Schweine in einer Brennerei in der Wilhelmstraße. Ohnehin werden jegliche Abfälle recycelt. Schlachtabfälle wie Fette oder Eingeweide etwa verarbeiten Seifensieder und Lichter-Zieher. Einiges Vieh wird in der Stadt gehalten, aber ein Großteil wird importiert. Die Tiere werden nicht selten von weit her, etwa aus Ost- und Westpreußen oder dem Moldaugebiet, lebend nach Berlin gebracht.
Große Holzmärkte am Oberlauf der Spree versorgen die Berliner mit Bau- und Brennholz zum Kochen und Heizen. Durch die Rodungen für den enormen Holzbedarf der wachsenden Stadt ist das Umland teilweise verödet und versandet. Zunehmend wird Holz aus weiter entfernten Wäldern an der oberen Spree und der oberen Havel in die Stadt geflößt.
Die Berliner Versorgung befindet sich im 18. Jahrhundert im Umbruch. Es bildet sich eine städtische Ernährungsweise aus, die sich von der ländlichen zu unterscheiden beginnt. Die lokale Lebensmittelproduktion ist nicht mehr ausreichend. Vor allem Getreide und Fleisch als Hauptenergielieferanten werden nun aus größeren Entfernungen in die Stadt importiert. Die partielle Selbstversorgung auf der eigenen Parzelle tritt mit der zunehmenden Verdichtung mehr und mehr in den Hintergrund.

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