730 restaurierte Zeichnungen
Im Stadtarchiv Leipzig sind restaurierte Zeichnungen des Architekten Johannes Koppe zu sehen
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
730 restaurierte Zeichnungen
Im Stadtarchiv Leipzig sind restaurierte Zeichnungen des Architekten Johannes Koppe zu sehen
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Das Stadtarchiv Leipzig konnte vor einigen Jahren einen lange Zeit völlig unbeachteten Schatz übernehmen: rund 6000 Bauzeichnungen und einige schriftliche Unterlagen aus dem beruflichen Nachlass des Leipziger Architekten Johannes Koppe (1883-1959). Aufgrund der unsachgemäßen Lagerung in einer unsanierten, leer stehenden Fabrikhalle und dem Keller einer von Koppe geplanten Siedlung, waren diese in einem sehr schlechten Zustand. Ein erster Teil dieser Pläne konnte mittlerweile mit Mitteln der Leipziger Kulturstiftung, Fördergeldern und weiteren Spenden restauriert werden. Eine facettenreiche Auswahl dieser ganz unterschiedlichen Darstellungen und Projekte ist aktuell in dem gerade erst vom Stadtarchiv neu bezogenen ehemaligen Sowjetischen Pavillon auf dem Areal der Alten Messe in Leipzig zu sehen.
Johannes Koppe absolvierte, wie sein Bruder Robert, eine Maurerlehre, besuchte danach die Königlich-Sächsische Baugewerkenschule zu Leipzig und schloss diese als Baumeister ab. Erste berufliche Erfahrungen sammelte er – zusammen mit Max Taut – im Büro des renommierten Jugendstil-Architekten Hermann Billing in Karlsruhe. Danach studierte Koppe noch kurze Zeit an der Universität München, kehrte anschließend nach Leipzig zurück und meldete hier 1910 ein Gewerbe zur „Ausführung von Architekturen“ an. Zeitweise führte er gemeinsam mit seinem Bruder ein „kunstgewerbliches Atelier“, nahm dann 1920 stattdessen Otto Hellriegel (1891-1960) in sein Büro auf.
Koppe arbeitete von Anfang an für verschiedene Industrieunternehmen und plante daneben auch erste Siedlungen: Kriegerheimstätten für Kriegsversehrte sowie Heimstätten für Bergarbeiter und Eisenbahner. Besonders produktiv war Koppe während seiner Zusammenarbeit mit Hellriegel. In dieser Zeit entstanden im Leipziger Stadtgebiet unzählige Wohngebäude und Straßenzüge, vor allem in Marienbrunn, Connewitz, Gohlis, der Südvorstadt und am Eutritzscher Park. Beim Wettbewerb zur Krochsiedlung gewann er den 3. Preis und konnte anschließend in einer Planungsgemeinschaft mit Mebes & Emmerich rund ein Viertel der mehr als 1000 Wohnungen dieses Wohngebietes in Neu-Gohlis nach seinen Entwürfen errichten. Er realisierte gewerbliche Neu- und Erweiterungsbauten im gesamten mitteldeutschen Raum, zusätzlich zu den Fabrikanlagen oft auch noch Sozial- und Wohngebäude für die Belegschaft. Nach 1945 plante das Büro vor allem Neubauernsiedlungen und Industriebauten für Betriebe der Sowjetischen Aktiengesellschaft (SAG), wie die riesige, mittlerweile zum Kunstquartier „Westwerk“ gehörende Montagehalle in Plagwitz.
Beim Blick über die vielen verschiedenen Plänegewinnt man den Eindruck, dass Koppe sich gestalterisch meist der Bauaufgabe und dem jeweiligen Zeitgeist angepasst hat. Ende der 1920er Jahre entwarf er noch einige weitere moderneBauwerke, wie das Vereinsgebäude eines Tennisclubs. Große Teile seines übrigen Werkes haben eine traditionelle Formensprache. Dabei hatte er scheinbar ein Faible für präzise durchgeplante Inneneinrichtungen und handwerkliche Ausführungen. Denn in der Ausstellung sind auch einige, bereits von der Darstellung und Haptik her, beeindruckende Pläne von Stuck- und Kunstschmiedearbeiten, farbige Wandabwicklungenund Möbelzeichnungen zu sehen. Die eher unscheinbaren schriftlichen Unterlagen des Architekten sind ebenfalls einen genaueren Blick wert. Denn er war zusammen mit seinem Bruder auch der Erfinder der „Jurko-Steine“ (Jurko = Johannes und Robert Koppe): große, später meist verputzte Schlackenbetonsteine, die vom Weimarer Bauhaus-Musterhaus am Horn über die Dessauer Meisterhäuser bis zur Siedlung Törten, in vielen Ikonen der Klassischen Moderne als Außenwandkonstruktion eingesetzt wurden.
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