Corona-Charta
Das Symposium „Re:Forum − Trieste 2020“ beschäftigte sich mit „Architecture and Urban Design Post-Corona“
Text: Rappel, Astrid, München
Corona-Charta
Das Symposium „Re:Forum − Trieste 2020“ beschäftigte sich mit „Architecture and Urban Design Post-Corona“
Text: Rappel, Astrid, München
Noch gehört Corona nicht der Vergangenheit an; der Titel der Konferenz „Architecture and Urban Design Post Corona“, die Anfang September in Triest stattfand, scheint also nur teils treffend. Nichtsdestotrotz: Vielleicht ist sie eine der ersten Veranstaltungen, die analog seit dem Lockdown stattfinden konnte, in einem von den Ereignissen noch gezeichneten Land. Die Wahl war nicht nur deshalb auf Triest gefallen, weil zwei der vier Organisatoren, Giulia Decorti und Peter Lorenz, der Stadt verbunden sind, sondern auch aufgrund deren enormen Entwicklungspotenzials und architektonischen Wertes – verkörpert auch im Veranstaltungsraum selbst: dem Androna Campo Marzio 8, einer ehemaligen Industriehalle im Stadtzentrum.
Gemeinsam mit Christian Kühn und Harald Trapp (Kuratoren des österreichischen Pavillons auf der Biennale in Venedig 2014) hatten Decorti und Lorenz die Corona-Krise zum Anlass genommen, um sich ein ehrgeiziges Projekt auszudenken: Unsere Art zu planen grundlegend zu hinterfragen und nach architektonischen und städtebaulichen Strategien für eine gerechte Verteilung von Raum zu suchen. Vorbild dieses Vorhabens war die Architektengruppe Team X (1953−1981), die aus dem 9. CIAM-Kongress hervorging und die Funktionstrennung von Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Verkehr im Städtebau heftig kritisierte. Die Triester Initiative schließt sich ihren Absichten an und möchte in die Fußstapfen der Gruppe treten: nicht als einmaliges Zusammentreffen, sondern als beständige Bemühung um mehr Gerechtigkeit in der Gesellschaft.
Im dreitägigen Symposium lieferten 17 renommierte Architektinnen und Architekten, Philosophen, Soziologen, Stadtplanerinnen und Planer aus verschiedenen europäischen Ländern einen höchst spannenden Startbeitrag: Sie stellten jeweils ein spezifisches Thema vor und leiteten Thesen daraus ab, wie Architektur und Stadt in einer ethischeren, nachhaltigeren und innovativeren Art gedacht und konkretisiert werden können. Die Ergebnisse der abschließenden Diskussionsrunde flossen in einen „Anforderungskatalog für eine gerechtere Gesellschaft“. Seine genaue Form – Brief oder gar eine „Charta von Triest“ – blieb zwar bis Ende der Veranstaltung offen, klar war aber allen Teilnehmenden: Diese fruchtbare Diskussion muss sich fortsetzen und gestreut werden, vor allem aber in Konsequenzen münden, der These des Architekturphilosophen Martin Düchs folgend: „Good intentions are not enough!“
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