Bauwelt

Nachbar 2: Museum Ludwig

Peter Busmann und Godfrid Haberer füllten 1975–86 die Leere zwischen Dom und Rhein mit einem multiplen Kulturbau, der bestehende Probleme löste und neue schaffte.

Text: Winterhager, Uta, Köln

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    Mit dem Rückschnitt der Domplatte tauchte nicht nur der Dionysoshof auf, die Straßenüberbauung gewann auch eine überwindbarere Länge.
    Foto: Ira Scheibe

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    Mit dem Rückschnitt der Domplatte tauchte nicht nur der Dionysoshof auf, die Straßenüberbauung gewann auch eine überwindbarere Länge.

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    Zum Wohl­befinden trägt auch die künstliche Helle bei.
    Foto: Brigida Gonzalez

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    Zum Wohl­befinden trägt auch die künstliche Helle bei.

    Foto: Brigida Gonzalez

Nachbar 2: Museum Ludwig

Peter Busmann und Godfrid Haberer füllten 1975–86 die Leere zwischen Dom und Rhein mit einem multiplen Kulturbau, der bestehende Probleme löste und neue schaffte.

Text: Winterhager, Uta, Köln

Mitte der siebziger Jahre herrschte um den Dom herum ein Bauboom. Berührungsängste, die heute mancher spüren mag, kannte man kaum, dafür stellt man sich mit Mut große Aufgaben. Die Domplatte war fertig, das Römisch-Germanische Museum eröffnet, die neue Stadt hatte deutlich Gestalt angenommen, doch klaffte zwischen Dom und Rhein eine Lücke. Hier sollte ein großes Zeichen gesetzt werden: ein Komplex aus zwei Museen und einer Philharmonie. Gut hätten es auch drei Häuser an drei Standorten werden können, doch die Stadt wollte das eine gro­-ße Projekt und damit auch noch ein städtebauliches Problem lösen: Zwischen der Kante der Domplatte im Osten und der Rheinuferstraße hatte sich ein Vakuum gebildet, das als Bushof genutzt wurde. Geballte Kultur schien ein geeignetes Mittel, den Stadtgrundriss mit Masse und Inhalt zu füllen. So lobte die Stadt, die eigentlich selbst nicht so recht an eine Lösung glaubte, 1975 einen Ideenwettbewerb aus. Die Kölner Architekten Peter Busmann und Godfrid Haberer schieden in der ersten Runde aus. Scheinbar unbeeindruckt durch die unmittelbare Nachbarschaft des Doms, hatten sie zu seinen Füßen eine bewegte Sheddachlandschaft platziert, die die Kleinteiligkeit der rekonstruierten Altstadtkulisse in zeitgemäßer Weise fortschreiben sollte. Doch die Architekten wollten hier kein Gebäude errichten, sondern ein Stück Stadt schaffen, eine dem Fußgänger vorbehaltene aufgelöste Struktur mit Plätzen und Wegen, die sich bis an die Kante der Domplatte heran mutig in die Zwischenräume schiebt, verdichtet und verbindet, um sich vis-à-vis mit großzügiger Geste zum Rhein zu öffnen. Doch mit ihrer Traufe lagen Busmann und Haberer gut acht Meter höher als das zum Maßstab gemachte Hotel Mondial.
Dass das nicht das Ende war, ist dem damaligen Dombaumeister Arnold Wolff zu verdanken, denn ihm, so erinnert sich Godfrid Haberer, gefiel die Idee, mit der neuen Bebauung so mittelalterlich nah an den Dom heranzurücken. Mit einem Periskop erbrachte er bei den Jurykollegen am Modell den Nachweis, dass die eigentlich unzulässige Höhe den Domblick von der Stadtebene nicht verstellt. Der Entwurf wurde einstimmig wieder zurückgeholt, mit dem ersten Preis ausgezeichnet, gebaut und 1986 eröffnet (Bauwelt 19–20.1976, 1.1978, 37.1986).
Wie schon beim benachbarten Römisch-Germanischen Museum verläuft der Eintritt über die in rotem Ziegel verlängerte Domplatte schwellenlos, das Foyer ist eine Passage, die Philharmonie darunter verborgen, ein „klingender Hügel“. Auf dem Platz schafft Dani Karavan aus Pflaster, Schienen, Bäumen und Stufenturm das Gesamtkunstwerk Ma’alot und stellt es den Passanten förmlich in den Weg. Wer kritisierte, dass der Neubau die Passage des benachbarten Museums verstelle und die Zwischenräume zu eng seien, der lernte den Begriff des Museumskontinuums kennen.
So, wie das Museum Ludwig positioniert ist, ist es ein öffentlicher Raum. Es gehört allen und keinem. Das Museum wird von den Steuerzahlern der Stadt Köln unterhalten, und somit gehört es ihnen. Man muss ihnen immer wieder klar machen, dass sie dafür bezahlen und dass es gute Gründe gibt, dass sie dafür bezahlen. Kasper König, 2000–2012 Direktor des Museums
So sehr man sich hier auch um Erklärungen bemühte – es knirschte dort, wo das Museum an die Domplatte stieß, gewaltig. Während man sich oben nur ein wenig aneinander rieb, entstand auf der Straßen- und Altstadtebene darunter eine ungestaltete Unterwelt. Deren trauriges Zen­trum bildete der Dionysoshof, der Vorplatz des frühchristlichen Baptisteriums. Von Schaller am Rand der Domplatte platziert, verschwand er durch die Überdeckelung der Straße im Dunklen.
Wir haben immer gesagt, ihr müsst das so machen wie beim Louvre, wo man in der U-Bahnstation schon die Museumsatmos­phäre spürt – aber es wird ja nicht immer alles gemacht, was man so vorschlägt. Godfrid Haberer
Ideen hat es gegeben, auch damals schon, nicht nur zur Neuordnung und Reduzierung des Verkehrs, auch für eine Erweiterung des Museums in Richtung des Bahnhofs, durch die hinter dem Domchor ein Platz gefasst worden wäre. Doch dann entschied die Stadt sich für den Neubau des Wallraf-Richartz Museums am Gürzenich, den O.M. Ungers realisierte (Bauwelt 8.2001). Noch im selben Jahr wurden sechs Büros eingeladen, die im Internationalen Workshop „Dionysoshof/Baptisterium“ Lösungen für die Aufwertung des Bereichs zwischen Museum Ludwig, Domchor und Hauptbahnhof entwickeln sollten. Nach einer ersten Runde wurden Allmann Satt­-ler Wappner und OMA/Rem Koolhaas mit einer Überarbeitung beauftragt, danach der Entwurf des Münchner Büros für die Bearbeitung empfohlen. Busmann und Haberer waren an diesem Verfahren nicht beteiligt.
Wir haben 1975 die Straße Am Domhof nicht respektiert, sondern sind mit dem ganzen Gebäude drüber gesprungen. Darin haben wir die einzige Lösung gesehen, weil uns der Fluss der Fußgänger auf der Domebene am wichtigsten war; sie sollten ohne Treppen die Terrassen zum Rhein hinab gehen können. Den unwirt­lichen Tunnel musste man halt in Kauf nehmen. Was ich in dem Workshop-Verfah­-ren gemacht habe, war dann, die Vierspurigkeit in Frage zu stellen. Ich habe so argumentiert, dass die Altstadt am Bahnhofsplatz anfängt und man in der ganzen Altstadt keine vierspurigen Straßen braucht. Dadurch hat jetzt auch die untere Ebene eine Qualität bekommen. Peter Busmann
Fakten
Architekten BHBVT, Berlin
Adresse Heinrich-Böll-Platz, 50667 Köln


aus Bauwelt 15.2017
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