Bauwelt

Moderne Architektur als Markenbotschafter

Ausstellung über Zlín im Haus der Architekten in Dresden

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

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    Bat’a-Kaufhaus in ­Liberec/Reichenberg von Vladimír Karfík (1931)

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    Bat’a-Kaufhaus in ­Liberec/Reichenberg von Vladimír Karfík (1931)

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    Ostteil von Zlín in den 50er Jahren, hinten ­Appartementhäuser von Miroslav Drofa (1947)

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    Ostteil von Zlín in den 50er Jahren, hinten ­Appartementhäuser von Miroslav Drofa (1947)

Moderne Architektur als Markenbotschafter

Ausstellung über Zlín im Haus der Architekten in Dresden

Text: Scheffler, Tanja, Dresden

Im Rahmen der Tschechisch-Deutschen Kulturtage zeigt die Architektenkammer Sachsen in Zusammenarbeit mit der Bezirksgalerie für Bildende Kunst in Zlín eine Ausstellung über die Bat’a-Stadt Zlín in Südmähren.
Der aus einer alten Schusterdynastie stammende Tomaš Bat’a (1876–1932) hatte in den USA die neuesten technischen Entwicklungen studiert und ließ nach seiner Rückkehr am Firmensitz in Zlín neue Industrieanlagen bauen. Diese wurden aus vorgefertigten Stahlbetonelementen im Rastermaß von 6,15 x 6,15 Metern konstruiert; sie ließen sich auch für Bürogebäude, Warenhäuser oder öffentliche Einrichtungen verwenden und wahlweise mit Ziegelmauerwerk oder Glasflächen ausfachen. Das einfache Konzept wurde im Laufe der Zeit zum Markenzeichen des Konzerns.

Wachsender Absatz, wachsende Stadt

Nach Einführung der arbeitsteiligen Fließbandproduktion in den späten 20er Jahren stellten die 12.000 Mitarbeiter im Zlíner Werk täglich 75.000 Paar Schuhe her. Die Neubauten der sich ausbreitenden Stadt orientierten sich zum größten Teil an der Ästhetik der Fabriken. Die Firma rekrutierte eine ganze Reihe talentierter junger Architekten. František Lydie Gahura, Schüler von Jan Kotěra (dem tschechischen Wegbereiter der Moderne), etwa baute das Rathaus von Zlín und wurde städtebaulicher Masterplaner. Vladimír Karfík, der zuvor für Le Corbusier, Holabird & Root und Frank Lloyd Wright gearbeitet hatte, baute Kaufhäuser in internationalen Top-Lagen und wurde später leitender Entwurfsarchitekt.
Das Unternehmen verlor nach dem Ersten Weltkrieg seine Absatzmärkte in den anderen Ländern der früheren Donaumonarchie. Bat’a setzte daher auf die Internationalisierung des Vertriebs und der Produktion, die nach und nach auf allerlei Gummi-Produkte, Fahrzeugreifen, Bodenbeläge, Spielzeug, Socken und Strumpfhosen ausgeweitet wurde. Es entstanden Forschungsinstitute für die Werkstoffentwicklung und Ingenieurswissenschaften, ein Filmstudio stellte Schulungs- und Werbefilme her. Im Zuge der massiven Expansion wurden weltweit Bat’a-Fabrikstädte nach dem Vorbild Zlíns gebaut.
Le Corbusier zeigte sich 1935 von der funktionalistischen Modellstadt begeistert: „Zlín ist ein strahlendes Phänomen!“ Seine Bewunderung hielt ihn allerdings nicht davon ab, einen neuen Masterplan zu skizzieren, der vorsah, Teile der Stadt abzureißen und eine lange Reihe von Wohntürmen auf die angrenzende Hügelkette zu setzen. Der Plan wurde nie realisiert, Bat’a brachte seine Arbeiter nach der Devise „kollektiv arbeiten, individuell wohnen“ weiterhin in Ein- und Mehrfamilienhäusern unter.

Corporate Architecture

Beim Schuhverkauf war die moderne Architektur Teil einer ausgeklügelten Marketingstrategie. In unzählige historisch gewachsene Innenstädte – so in Prag, Amsterdam, Liberec und Marienbad – implantierte man spektakuläre weiße Betonskelettbauten mit langen Fensterbändern und kühnem Firmenschriftzug. Die Warenhäuser hatten meist minimalistische Interieurs mit großen Glasfronten, verspiegelten Wänden und langen Reihen von Stahlrohr-Freischwingern. Die Billig-Schuhe wurden dezent in halbhohen schwarzen Regalen präsentiert, in weißen Kartons, auf die das jeweilige Modell aufgedruckt war.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden alle tschechoslowakischen Großunternehmen enteignet. Tomaš Bat’a Jr. baute mit den im Westen verbliebenen Firmenteilen ein neues Schuh-Imperium auf. Die Zlíner Werke hatten für die kommunistischen Funktionäre eine besondere, eine geradezu symbolische Bedeutung. So wurde Zlín 1948 nach dem damaligen Regierungschef, Klement Gottwald, in Gottwaldov umbenannt (die Stadt behielt diesen Namen bis 1990). Der verstaatlichte Konzern wurde in mehrere kleinere Unternehmen aufgeteilt. In der Bauabteilung ­arbeiteten jedoch weiterhin viele Architekten der Bat’a-Ära, die in den ersten Nachkriegsjahren weitere Wohn-, Fabrik- und öffentliche Gebäude im alten Geist der Firma errichteten. Später wurde die Stadt Vorreiter der Plattenbauweise. 1953 entstand dort das erste ausschließlich ­aus Fertigteilen zusammengesetzte Wohnhaus der Tschechoslowakei.

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