Bauwelt

Stadt, Land, Bus

Text: Costadura, Leonardo, Berlin; Landes, Josepha, Berlin

Stadt, Land, Bus

Text: Costadura, Leonardo, Berlin; Landes, Josepha, Berlin

Wer nach Veszprém in Ungarn, nach Timişoara in Rumänien oder nach Elefsina in Griechenland, also in die drei Europäischen Kulturhauptstädte 2023 reisen will, dem sei nicht der Zug empfohlen. Die Schiene hat dort ganz wie in Deutschland die Rolle des gemobbten Klassenkameraden unter den Verkehrsmitteln: In Veszprém wurde der Bahnhof schon im 19. Jahrhundert weit vor die Tore der Stadt verbannt, die Zugverbindung nach Elefsina wurde 2001 stillgelegt, und wer per Nachtzug nach Timişoara reisen will, wird von Grenzbeamten aus dem Schlaf gerissen – Schengengrenzen sei Dank.
Gelangt man also motorisiert ans Ziel, findet man drei recht unterschiedliche Städte vor. Im beschaulichen Veszprém wurde der Stadtkern auf Hochglanz saniert. Timişoara ist die westlichste Großstadt Rumäniens und blickt auf eine glanzvolle Geschichte zurück, über die sich jedoch ein Firnis des Verfalls gelegt hat – die Stadt will den Neustart. Elefsina schließlich spielte der Strukturwandel übel mit; die Stadt sucht in der postindustriellen Zeit bei ihren antiken Wurzeln nach Halt.
Welche Haltung man in Anbetracht großer Umwälzungen einnehmen soll, welche Zukunft mithin die Vergangenheit hat, ist nicht nur hier, sondern auch in den anderen beiden Städten eine zentrale Frage – eine Frage der Kultur.

Oder Fuß

„In der Stadt“ geht es drunter und drüber, während „auf dem Land“ alles seinen geregelten Bahnen folgt? Mitnichten. Wohl ist es so, dass sich im metropoli­tanen Raum seltener eine ernst gemeinte Beziehung zum Gartenzwerg finden lässt, jedoch: Auch da, wo die Gehsteige früher hochgeklappt werden, wenn nicht gar gerade dort, ist die gegenwärtig viel gerühmte funktionale Mischnutzung an der Tagesordnung. Teils gewiss aus räumlichen, finanziellen und per­sonellen Zwängen, mitunter jedoch auch als ganz bewusst gesetzter Impuls. Projekte dieser Art heißen heute mit Vorliebe „Kulturtreff“, doch es gibt sie seit jeher – in Form von Kegelbahn/Kneipe, Kirche/Musikschule, Bushaltestelle/Schnatterecke oder ähnlichem. Im zweiten Thementeil dieses Hefts steht neben der Mischnutzung „das Rurale“ im Blickpunkt. Denn so wenig eindeutig wie „die Stadt“ städtisch, ist „das Land“ ländlich. Auch Rurales fordert jeweils eine spezifische Mischnutzung – es geht anders an der römischen Peripherie zu als in einem Dorf in der Oberpfalz, und bei ihrem Besuch eines über 600 Jahre alten Bauernhofs (ländlich!) in Flandern schließlich begegnete unsere Kollegin doch noch einer Art „Gartenzwerg“: Kein Mensch konnte glauben, dass sie zu Fuß unterwegs war – so auf dem Land.

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