Bauwelt

Über welche Zusammenhänge denken Sie beim Zeichnen nach?

Die Architektin Europa Frohwein liebt auch im städtebaulichen Kontext Mauern und Umfassungen. Neu gestaltete Umfassungen brauchen subtile Rücksicht auf das Bestehende. Andrerseits sollten sie so selbstverständlich wie möglich sein. Der Bezug zu tragbarer, alltagstauglicher Mode, die dem Körper Freiraum lässt, ist unübersehbar – Frohwein hat, genauso wie ihr Interview-Partner, ein Faible für blaue Arbeitskleidung.

Text: Geipel, Kaye, Berlin

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    Erdgeschosszonen, Balkone und Übergänge stehen in direkter räumlicher Beziehung zu den Bewohnern, die sie nutzen – sie spiegeln deren Tätigkeit.
    Visualisierung: Europa Frohwein/bureau-europa

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    Erdgeschosszonen, Balkone und Übergänge stehen in direkter räumlicher Beziehung zu den Bewohnern, die sie nutzen – sie spiegeln deren Tätigkeit.

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    Hier beim prämierten Europan-17-Beitrag für München.
    Visualisierung: Europa Frohwein/bureau-europa

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    Hier beim prämierten Europan-17-Beitrag für München.

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    Blauschattierungen gehörten zum favorisierten Repertoire der Architektin.
    Foto: Europa Frohwein/bureau-europa

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    Blauschattierungen gehörten zum favorisierten Repertoire der Architektin.

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Über welche Zusammenhänge denken Sie beim Zeichnen nach?

Die Architektin Europa Frohwein liebt auch im städtebaulichen Kontext Mauern und Umfassungen. Neu gestaltete Umfassungen brauchen subtile Rücksicht auf das Bestehende. Andrerseits sollten sie so selbstverständlich wie möglich sein. Der Bezug zu tragbarer, alltagstauglicher Mode, die dem Körper Freiraum lässt, ist unübersehbar – Frohwein hat, genauso wie ihr Interview-Partner, ein Faible für blaue Arbeitskleidung.

Text: Geipel, Kaye, Berlin

Was sagt Ihnen mehr zu: „Ich entwerfe zeitgenössisch“ oder „Ich entwerfe gesellschaftsbezogen“?Das bedingt sich. Wobei ich weder das eine noch das andere als rein ästhetische Herangehensweise begreife.
Hat die Art, wie Sie entwerfen, Ihre Art sich zu kleiden beeinflusst?
Ja. Ich trage gern alte Blaumänner. Die sind stabil, unverwüstlich, bequem, zu allem tragbar, zumindest heute, und werden mit Patina noch schöner. Außerdem ist da diese ganz eigene Schönheit die etwas, das nützlich und brauchbar ist, ausstrahlt.
Hat Ihr Blick auf die Mode auch etwas mit Ihrer Herkunft zu tun?
Nö. Wobei, wenn ich drüber nachdenke, gibt es seltsame Parallelen... etwa beim Umgang mit Overalls.
Gibt es ein gemeinsames Prinzip, das Ihren Blick auf die Mode und Ihr Herangehen an die Architektur verbindet?
Das prozesshafte Denken ist in jedem Fall eine Verbindung. Worin die Mode – vor allem im Bereich der anspruchsvolleren Fashionshows – der Architektur einen Schritt voraus ist: beim Thema des Weiblichen. Das vermisse ich in der Architektur und noch entscheidender im Städtebau.
Welches Ihrer Projekte passt am besten zu Ihrem Kleiderschrank und den beiden Themen Work-in-progress und Weiblichkeit?
Ich versuche immer, ein Maximum an Flexibilität und Bearbeitbarkeit für eine unvorhersehbare Zukunft offen zu lassen. Zuletzt beim Entwurf für den Europan-17 Standort in München (Heft 4. 2024). Da haben wir versucht, das Verhältnis zwischen Straßenraum, Stadt, Öffentlichkeit, Verkehrsteilnehmern und Bauwerk neu zu verhandeln – eine Art Demokratisierung der Räume und ihrer NutzerInnen. Der Großteil unserer Infrastruktur heute sind in der Nachkriegsmoderne entstanden. Bis heute sind sie auf den arbeitenden weißen Mann, auf die Gesellschaft des amerikanischen Konsumkapitalismus ausgelegt, die ‚PaleWhiteMaleCity‘.
Und wie ist es mit dem prozesshaften Denken?
Ich würde gerne noch mehr mit Bestand arbeiten und untersuchen, wie sich Flexibilität in bestehenden Strukturen mit wenig Umbau und ohne bewegliche Bauteile, dafür mit beweglichem Denken realisieren lässt. Auch da gibt es vielleicht eine gewisse Parallele zur Kleidung.
In meinem Kleiderschrank finden sich neben den Blaumännern auch eine Nähmaschine und einen Haufen Zeugs, das erstmal bearbeitet und umgedacht, umgenutzt oder umgekrempelt werden will. Es geht ums Ausprobieren. Nichts ist perfekt. Der größte Unterschied zur Architektur liegt in der Verspieltheit, die im Verwandeln von Kleidungsstücken sehr viel schneller und leichter geht und dem Entwurfsprozess in-härent ist. Fehler sind Teil einer Lockerheit, die beim Bauen weniger leicht zu erreichen ist. Trotzdem versuche ich das Spiel immer in den Entwurf und die Lehre zu integrieren.
Welche Rolle spielt Ihr Äußeres im Arbeitsalltag als Architektin?
Früher habe ich mich bemüht, einem Rollenbild mit Rollkragen gerecht zu werden. Als junge Frau ist es schwierig im Beruf ernstgenommen zu werden, vor allem wenn es um Geld geht. Das wollte ich mit einem entsprechenden Auftritt kompensieren. Heute muss ich darüber lachen. Ich ziehe an, was bequem und praktisch ist und wie ich mir gefalle.
Über welche Zusammenhänge denken Sie beim Zeichnen nach?
Gesellschaftliche, administrative, wirtschaftliche, geschichtliche, bauliche, soziale und ablauftechnische Zusammenhänge und deren Wirkweisen auf unsere Umwelt… Das ist mein Job.
Gibt es ein Gebäude, eine Architektur, die Sie für die Verknotung dieser unterschiedlichen Wirkweisen besonders bewundern?
Alle vorhandenen Stadtstrukturen machen solche Zusammenhänge sichtbar, man muss sie nur sehen wollen. Am schönsten ist es, wenn sich diese Wirkweisen in einem einzelnen Gebäude wie Sedimente, Spolien und Überlagerungen zeigen, weiterwachsen können und so eine sich stetig wandelnde und weiterentwickelnde Geschichte erzählen.
Auch Kleider erzählen solche verknüpften Zusammenhänge. Achten Sie bei anderen Menschen zuerst auf Aussehen und Kleidung oder auf die Art, wie sie sich verhalten?
Zuerst auf die Kleidung – das ist schon eine sehr prägnante erste Perspektive, die die Kleidung ikonographisch bietet. Leider kann sie täuschen. Wichtiger ist mir deshalb Bewegung, Körperhaltung, Blick und Stimme, Geruch.
Vermitteln Sie subtile Botschaften durch Ihre modische Auswahl und falls ja welche?
Ob jemand körperliche Nähe zulassen will oder sich lieber abgrenzt, wird für mich auch durch die Kleidung vermittelt. Persönlich wird es mir schnell warm, dann werfe ich vorher gezogene Prinzipien zugunsten von luftiger Kleidung über Bord.
Achten Sie bei Kleidung wie bei Gebäuden auf Patina?
Auf Patina achten? Dann ist es keine Patina, sondern Shabby Chic.
Sie sind bei Freunden zu Gast – welches Detail einer fremden Garderobe stimmt Sie nachdenklich?Keine Ahnung... viele Regenschirme erwecken einen protestantischen Prepper Eindruck…
solche Kleinigkeiten.
Schätzen Sie architektonische/städtische Räume aufgrund ihrer Weite oder ihrer Umfassung?
Umfassung natürlich.
Ein Beispiel von einer Reise?
Neapel
Und ein von ihnen entworfenes Beispiel für solche Umfassung, realisiert oder gezeichnet?
Die sind alle noch nicht umfassend genug.
Welcher Raum tut Ihnen immer gut?
Der, den ich gestalten kann.

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