Bauwelt

Vom Rand ins Zentrum und wieder zurück

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Friedrich, Jan, Berlin

Vom Rand ins Zentrum und wieder zurück

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin; Friedrich, Jan, Berlin

Dieses Heft beginnt auf Seite 4 mit einer Mahnung: bei der Diskussion um das zur Bekämpfung der Wohnungsnot erforderliche Neubauvolumen nicht die Frage nach den Qualitäten der neuen Wohnungen aus dem Blick zu verlieren. Es geht nicht nur um „50 Quadratmeter, zwei Zimmer, Küche, Bad, 600 Euro kalt“ – es geht auch darum, mit diesen Wohnungen die Städte weiterzubauen. Es gilt, etwas zu schaffen, das altern kann: programmatisch, konzeptionell, materiell.
Nach dem Blick auf Entwicklungen am Stadtrand in den Bauwelt-Ausgaben 12 und 24 im letzten Jahr ist es höchste Zeit, innerstädtische Wohnungsprojekte zu diskutieren – um die Wohnungsnot zu lindern, müssen auch Flächen- und Dichtereserven in zentraleren Lagen aktiviert werden. Der gesellschaftliche wie kulturelle Bezugsrahmen ist dort ungleich größer. Das Eckhaus in Zürich von Edelaar Mosayebi Inderbitzin kommentiert mit stählerner Fassade die Härte der Lage an einer Ausfallstraße, liefert aber vor allem mit drehbaren Ausbauelementen einen Beitrag zur Frage heutiger Wohnvorstellungen jenseits bloßer Quantitäten. Ähnlich kontrovers: ein Neubau in Berlin von June 14. Direkt an den West-Berliner Straßenstrich ein Wohnhaus mit Ganzglasfassade zu setzen, ist ein Statement wider das Ausblenden des urbanen Kontexts, wider den Fortzug der bürgerlichen Mitte in ruhigere Gefilde, sei es an den Stadtrand, sei es in die „Latte-Macchiato-Altbauquartiere“ der Innenstadt. Umgekehrt heißt es, einem Neubau mit Sozialwohnungen in einem vornehmen Pariser Innenstadtquartier einen architektonischen Auftritt zu gewähren, der die Bewohner nicht auf den ersten Blick schon als Eindringlinge in die bürgerliche Komfortzone identifizierbar macht. Wohnen im Stadtzentrum erfordert Toleranz und Respekt, von den Menschen wie von den Häusern: Eigenschaften, die nötig sind auch für das Bauen wider die Wohnungsnot.

Eine Halle mit Eigenschaften

Wir waren überrascht, als wir im Herbst erfuhren, die neue Eishockeyarena am Züricher Stadtrand von Caruso St John Architects stehe kurz vor ihrer Eröffnung. Ach ja, erinnerten wir uns dunkel, da war vor zehn Jahren ein Wettbewerb. Und der ist realisiert worden? Den Neubau einer Eishockeyarena hatten wir ewig nicht in der Bauwelt, tatsächlich fand sich, zumindest im digitalisierten Teil unseres Archivs, gar keiner. Dabei werden immer irgendwo neue Eisarenen gebaut. Nur scheint das eine dieser Bauaufgaben zu sein, bei der Bauherren gerne auf die Hilfe von Architekten verzichten. Das Züricher Beispiel beweist, dass auch aus einer solchen Halle viel mehr an Architektur rauszuholen ist, als auf den ersten Blick drinzustecken scheint.

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