Von Grau zu Gold
Text: Crone, Benedikt, Berlin; Klingbeil, Kirsten, Berlin
Von Grau zu Gold
Text: Crone, Benedikt, Berlin; Klingbeil, Kirsten, Berlin
Rachel Sussman flickt Straßen mit Gold. Die New Yorker Künstlerin verfüllt nach einer japanischen Repariermethode, dem „Kintsukuroi“, Risse im Boden mit einer glänzenden Verbindung aus Harz, Bronze und 23,5 karätigem Goldstaub – so auch bei den Waschbetonplatten im Titelbild dieser StadtBauwelt. Die Technik, in Japan für zerbrochenes Geschirr angewandt, veredelt zu Bruch Gegangenes und damit Gegenstände, die in unserem Kulturkreis infolge des Schadens meist als wertlos betrachtet werden. Kaputtes, Altes, Hässliches hat es schwer, sich zu behaupten – auch in der Architektur. Und wenn diese Eigenschaften nicht allein als Grund zur Beseitigung eines Gebäudes reichen, kommt die „Unwirtschaftlichkeit“ hinzu oder der Fund eines schädlichen Baustoffs, um den Abbruchdeal zu besiegeln.
Inzwischen scheint der Konsens zu sein, dass diese Verschwendung nicht mehr zeitgemäß ist, angesichts der beunruhigenden Meldungen zu Klimawandel und Flächenverbrauch und der Ratlosigkeit beim Blick aufs hohe Abfallaufkommen. Der Bausektor als einer der großen Kohlendioxid-Emittenten hat – positiv betrachtet – die Chance, einen Wandel einzuleiten. Einerseits indem Ideen entwickelt werden für den grauen Bestand. Andererseits indem neue Lösungen im Bauen gefunden werden, um von vornherein klimagerechte und ressourcenschonende Gebäude zu bauen. Hierfür schlagen die Architektenkammern den „Gebäudetyp E“ vor (E wie „Einfach Bauen“ oder „Experimentell“), der eine allzu „perfektionistische“ Bauordnung an den passenden Stellen lockern soll. Wir erörtern im Heft die Möglichkeiten der Initiative in einer Gesprächsrunde – werfen darüber hinaus aber auch den Blick auf die vielen weiteren Ansätze zur Pflege und Verwertung der Ressourcen unserer Städte: von Umbauprojekten über kommunale Instrumente der nachhaltigen Stadtentwicklung bis zur wortwörtlichen Verwertung des Bodens, also des Aushubs, bei Bauvorhaben.
Apropos Boden. Dass dieser einen hohen Wert hat, ist vor allem den Protagonisten der Immobilienbranche nicht entgangen. Schon früh kursierte die Vermutung, die Signa Holding habe den Galeria-Konzern auch (oder in erster Linie) mit Blick auf die vielen Filetgrundstücke erworben.
Inzwischen steht fest, dass ab diesem Sommer über 50 Galeria Karstadt Kaufhof-Filialen schließen werden. Was nun vielerorts die Frage aufwirft, was auf das sich ausdehnende Vakuum in den Innenstädten folgen könnte? Und: Wenn nicht die Warenhauskette eine Zukunft hat, dann zumindest manche Bruchstücke ihrer Häuser?
Bauwelt-Kongress am 11. und 12. Mai in Berlin
Auf unserem diesjährigen Bauwelt-Kongress am 11. und 12. Mai im Kino International in Berlin behandeln wir ebenfalls Fragen zum Umgang mit dem Bestand, zur Wiederverwendung von Bauteilen, zu einer möglichen neuen Ethik des Planens und Bauens – und einer entsprechenden Ästhetik der Architektur. Sie sind herzlich eingeladen! Infos zu unseren Referenten und Referentinnen aus Architektur und Planung, Politik und Bauwirtschaft sowie zur Anmeldung finden Sie auf: bauwelt.de/kongress
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