Treptower Turmturbulenz
Hotel und Wohnen am Berliner Spreeufer
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Treptower Turmturbulenz
Hotel und Wohnen am Berliner Spreeufer
Text: Meyer, Friederike, Berlin
Am Spreeufer im Berliner Bezirk Treptow sollen drei Hochhäuser für Hotel und Wohnen entstehen. Jury und Investor loben den Siegerentwurf, die Anwohner sind sauer. Beide haben berechtigte Gründe.
Öffentlichkeit ist das Thema der Presseerklärung zum Wettbewerbsergebnis für die Planung am Spreeufer in Berlin-Treptow. Vom einem 3000 m² großen Bürgerpark ist da die Rede, von der Spreeuferwegverbreiterung von 6 auf 10,5 m „unter Inanspruchnahme des Grundstücks“ und von einem öffentlich zugängigen Restaurant ganz oben im Hotel. Dabei geht es vor allem um drei neue Türme, die der Berliner Immobilienentwickler Agromex ans Spreeufer stellen will, auf das 7000 m² große Grundstück, das er 2011 von der Adler Real Estate AG gekauft hat.
Clever getextet und argumentiert
Die Türme provozieren Protest. Nicht nur bei den Anwohnern, sondern auch bei anderen Gegnern von „Mediaspree“, dem Entwicklungsprojekt für die östlichen Berliner Spreeufer, das der Senat gemeinsam mit Investoren vor einigen Jahren angeschoben hatte. Im Jahr 2008 war es zum Eklat gekommen. Die Bewohner des benachbarten Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, der einen Teil der östlichen Spreeufer einnimmt, nicht aber das hier behandelte Grundstück, hatten sich in einem erfolgreichen Bürgerentscheid gegen Hochhäuser und für einen 50 Meter breiten öffentlichen Uferweg ausgesprochen, so die Mediaspreepläne zum Erliegen gebracht und damit ihrem Ärger darüber Ausdruck verliehen, dass ihre Meinung in die Planung nicht einbezogen wurde. Die Vorstellung der drei Türme der Agromex macht deutlich, dass Senat und Investoren seitdem nur in Bezug auf die Kommunikation umgedacht haben. Alles hätte viel schlimmer kommen können, argumentieren sie und verweisen auf den aktuell gültigen Bebauungsplan aus den frühen 90er Jahren, der auf ihrem Grundstück eine Überbauung mit 37.000 m² Geschossfläche erlaubt. Mit sechs Türmen auf massiven Sockeln, die den Spreeblick abriegeln, hatte ein städtebaulicher Wettbewerbsentwurf von Gerhard Spangenberg damals die Grundlage geboten. Zwei der Türme, die oft kritisierten Twin Towers, sind 1997 entstanden.
Fast 20 Jahre später, steht dieser B-Plan auf dem Prüfstand. Mit einem 2-phasigen eingeladenen Wettbewerb fragte die Agromex GmbH & Co. KG nicht nur nach Entwürfen für „hochwertige Flächen für Hotel und Wohnen“, 800 m² Ladenfläche und 400 PKW- so- wie 300 Fahrradstellplätze, sondern auch nach der Ausnutzbarkeit des Grundstücks. Dabei, so die Auslobung, sollte eine „rein flächenmaximierende Betrachtungsweise nicht vorherrschend sein“.
Geschickt entworfen und visualisiert
Obwohl Höhe und Zahl der Türme laut Auslobung nicht begrenzt waren, haben sich viele der 15 Teilnehmer für die Minimierung der Grundfläche und damit für drei statt der möglichen vier Hochhäuser entschieden. Die Jury (Vorsitz: Ulrike Lauber) wählte die Arbeit von Pysall Architekten zum Sieger. Auf den ersten Blick meint man zu sehen warum: Im Rendering wirken die Türme, als wären sie mit 80 Prozent in das Bestandsfoto kopiert worden – vielleicht, um die Anwohner zu beruhigen? Erst der Blick auf Pläne und Modellfotos zeigt, dass der Entwurf von Pysall Architekten in Bezug auf Öffentlichkeit am besten vermittelbar ist: Das Hotel orientiert sich zu den Twin Towers (55 Meter hoch) hin, die Wohntürme mit 99 bzw. 110 Metern rücken in Richtung der Treptowers. So entsteht am Wasser ein kleiner Platz, der die Grünfläche dahinter besser mit der Spree verbindet. Sie liegt auf der geforderten Ladenfläche und fällt in Richtung Spree leicht ab. Die Grundrisse bauen auf Sichtbeziehungen: Die vergleichsweise geringe Grundfläche der Türme ermöglicht, dass jede Wohnung sich mindestens in zwei Himmelsrichtungen orientiert und ein außenliegendes Bad hat. Zwei von drei Fahrstühlen verlaufen zudem an der verglasten Außenwand und bringen so Licht in die Flure. Die aus der Reihe tanzenden Balkone und Wintergärten sah die Jury jedoch als problematisch an. Die Fassaden der Wohntürme ließen Detailfragen offen und bedürften einer intensiveren Betrachtung.
Bürgerbeteiligung sieht anders ausEinen Tag lang waren die Pläne bisher öffentlich zu sehen. Auf Vorschlag von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher beschloss die Jury, dass der überarbeitete Entwurf im Baukollegium diskutiert werden soll, „um eine hohe Akzeptanz auch in der weiteren Bearbeitung zu sichern“. Dem Baukollegium gehören fünf unabhängige Experten an. Gegen Hochhäuser an der Spree hatten sich 2008 im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg über 30.000 Menschen ausgesprochen.
vollständiges Ergebnis:
2-phasiger Realisierungswettbewerb
1. Preis Pysall Architekten, Berlin | 2. Preis Barkow Leibinger Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin | 3. Preis Hascher Jehle Planungsgesellschaft, Berlin
Clever getextet und argumentiert
Die Türme provozieren Protest. Nicht nur bei den Anwohnern, sondern auch bei anderen Gegnern von „Mediaspree“, dem Entwicklungsprojekt für die östlichen Berliner Spreeufer, das der Senat gemeinsam mit Investoren vor einigen Jahren angeschoben hatte. Im Jahr 2008 war es zum Eklat gekommen. Die Bewohner des benachbarten Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, der einen Teil der östlichen Spreeufer einnimmt, nicht aber das hier behandelte Grundstück, hatten sich in einem erfolgreichen Bürgerentscheid gegen Hochhäuser und für einen 50 Meter breiten öffentlichen Uferweg ausgesprochen, so die Mediaspreepläne zum Erliegen gebracht und damit ihrem Ärger darüber Ausdruck verliehen, dass ihre Meinung in die Planung nicht einbezogen wurde. Die Vorstellung der drei Türme der Agromex macht deutlich, dass Senat und Investoren seitdem nur in Bezug auf die Kommunikation umgedacht haben. Alles hätte viel schlimmer kommen können, argumentieren sie und verweisen auf den aktuell gültigen Bebauungsplan aus den frühen 90er Jahren, der auf ihrem Grundstück eine Überbauung mit 37.000 m² Geschossfläche erlaubt. Mit sechs Türmen auf massiven Sockeln, die den Spreeblick abriegeln, hatte ein städtebaulicher Wettbewerbsentwurf von Gerhard Spangenberg damals die Grundlage geboten. Zwei der Türme, die oft kritisierten Twin Towers, sind 1997 entstanden.
Fast 20 Jahre später, steht dieser B-Plan auf dem Prüfstand. Mit einem 2-phasigen eingeladenen Wettbewerb fragte die Agromex GmbH & Co. KG nicht nur nach Entwürfen für „hochwertige Flächen für Hotel und Wohnen“, 800 m² Ladenfläche und 400 PKW- so- wie 300 Fahrradstellplätze, sondern auch nach der Ausnutzbarkeit des Grundstücks. Dabei, so die Auslobung, sollte eine „rein flächenmaximierende Betrachtungsweise nicht vorherrschend sein“.
Geschickt entworfen und visualisiert
Obwohl Höhe und Zahl der Türme laut Auslobung nicht begrenzt waren, haben sich viele der 15 Teilnehmer für die Minimierung der Grundfläche und damit für drei statt der möglichen vier Hochhäuser entschieden. Die Jury (Vorsitz: Ulrike Lauber) wählte die Arbeit von Pysall Architekten zum Sieger. Auf den ersten Blick meint man zu sehen warum: Im Rendering wirken die Türme, als wären sie mit 80 Prozent in das Bestandsfoto kopiert worden – vielleicht, um die Anwohner zu beruhigen? Erst der Blick auf Pläne und Modellfotos zeigt, dass der Entwurf von Pysall Architekten in Bezug auf Öffentlichkeit am besten vermittelbar ist: Das Hotel orientiert sich zu den Twin Towers (55 Meter hoch) hin, die Wohntürme mit 99 bzw. 110 Metern rücken in Richtung der Treptowers. So entsteht am Wasser ein kleiner Platz, der die Grünfläche dahinter besser mit der Spree verbindet. Sie liegt auf der geforderten Ladenfläche und fällt in Richtung Spree leicht ab. Die Grundrisse bauen auf Sichtbeziehungen: Die vergleichsweise geringe Grundfläche der Türme ermöglicht, dass jede Wohnung sich mindestens in zwei Himmelsrichtungen orientiert und ein außenliegendes Bad hat. Zwei von drei Fahrstühlen verlaufen zudem an der verglasten Außenwand und bringen so Licht in die Flure. Die aus der Reihe tanzenden Balkone und Wintergärten sah die Jury jedoch als problematisch an. Die Fassaden der Wohntürme ließen Detailfragen offen und bedürften einer intensiveren Betrachtung.
Bürgerbeteiligung sieht anders ausEinen Tag lang waren die Pläne bisher öffentlich zu sehen. Auf Vorschlag von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher beschloss die Jury, dass der überarbeitete Entwurf im Baukollegium diskutiert werden soll, „um eine hohe Akzeptanz auch in der weiteren Bearbeitung zu sichern“. Dem Baukollegium gehören fünf unabhängige Experten an. Gegen Hochhäuser an der Spree hatten sich 2008 im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg über 30.000 Menschen ausgesprochen.
vollständiges Ergebnis:
2-phasiger Realisierungswettbewerb
1. Preis Pysall Architekten, Berlin | 2. Preis Barkow Leibinger Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin | 3. Preis Hascher Jehle Planungsgesellschaft, Berlin
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