Kein Dialog, sondern die nächste Klatsche
Die Architekturfakultät an der TU Berlin sieht sich durch Stellenstreichungen und Raumkürzungen bedroht. Die engagierte Fachschaft schlägt Alarm.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
Kein Dialog, sondern die nächste Klatsche
Die Architekturfakultät an der TU Berlin sieht sich durch Stellenstreichungen und Raumkürzungen bedroht. Die engagierte Fachschaft schlägt Alarm.
Text: Kraft, Caroline, Berlin
Es brodelt und rauscht immer wieder an der TU Berlin. Unter anderem macht sich seit Jahren der Gebäudebestand bemerkbar: störanfällige Haustechnik, marode Substanz, reißende Rohre. Das denkmalgeschützte Telefunken-Hochhaus reiht sich nach einem schweren Wasserschaden seit April nur als neuestes Beispiel in die Riege gesperrter Gebäude. An der TU herrscht ein Sanierungsstau von 2,4 Milliarden Euro, dessen Abbau über finanzielle Rücklagen die Universität bereits zusagte. Nun will der Berliner Senat für 2025 den Haushalt zusätzlich stark kürzen. An der TU machen sich die Sparmaßnahmen schon bemerkbar. So wurden an der Architektur-Fakultät bereits im Lauf des letzten Jahres 30 Prozent der Tutorienstellen gekürzt, Fachgebietsräume fielen weg. Bis 2030 sollen außerdem zwei Professuren in Dozenturen umgewandelt werden. Betreuung und Forschungsmöglichkeiten werden abgebaut, zusätzlich ist nach „vorübergehender Schließung“ der Umzug einer Werkstatt geplant – wohin, ist unklar. Weniger Forschung bedeutet auf lange Sicht auch weniger Fördermittel, eine Kürzung mit Ansage. Die Fachschaft (Institut für Architektur, IfA) hat ihre Sorgen, den Wunsch nach Unterstützung und einem offenen Dialog bereits im Mai an den Senat und das Präsidium der TU kommuniziert. Der offene Brief und eine Demonstration blieben ohne Reaktion, stattdessen kam, wie es ein Mitglied des studentisch organisierten IfA-Kollektivs formuliert, „die nächste Klatsche.“
Wasserkocher, Mikrowelle, Arbeitsplatz: Gute Architektur kommt aus dem Studio
Am 14. November lud das IfA-Kollektiv zur ersten Kundgebung. Ab dem Sommersemester 2025 soll ein Großteil der Studioflächen gestrichen und anderweitig vergeben werden. Bei den verbleibenden Plätzen hieße es dann: Shared-Desk, fachübergreifend. Möchte die TU die von allen gehassten New-Work-Prinzipien erproben? Natürlich ist nicht nur diese eine Fakultät von den Raumkürzungen betroffen, doch kann der Platzbedarf im Architekturstudium nicht mit dem von anderen Studiengängen verglichen werden. Ab dem ersten Semester, wir erinnern uns, schieben Architekturstudierende Nachtschichten und predigen Profs das unvermeidbare Arbeiten in den Studios, wo oftmals auch wöchentliche Korrekturen stattfinden. Dieses Wissen um unterschiedliche Bedürfnisse scheine im TU-Präsidium zu fehlen, kritisiert Luis Biesler aus dem IfA-Kollektiv, der vor den etwa hundert Studierenden im Foyer des Architekturgebäudes sprach. Eine seiner Kolleginnen bringt es auf den Punkt: „Ohne Zusammensitzen macht man keine gute Architektur.“ An der TU jedenfalls sind die Arbeitsplätze für alle, wo Modelle geklebt und Zeichenrollen bekritzelt werden, wo sich zwischen Mateflaschen und Pizzakartons vielleicht das alles verändernde Architekturkollektiv der Zukunft kennenlernt, bedroht.
Das Ruder rumreißen auf stürmischer See
Auch von der gesellschaftlichen Verantwortung im späteren Berufsleben, mit der die Uni auf ihrer Website selbst wirbt, spricht Biesler. „Die Architekturlehre müsste gefördert werden, um die Bauwende zu schaffen“, fordert der Bachelor-Student schlussendlich und appelliert an Lehrkräfte und Mitarbeitende der Uni, gemeinsam gegen die Kürzungen vorzugehen, „schließlich wird nicht nur unser Studium erschwert, sondern auch Ihre Lehre.“ Stefanie Bürkle, Professorin für Bildende Kunst und stellvertretende geschäftsführende Direktorin des Instituts, unterstreicht die Aussagen des Kollektivs. „Die TU ist ein Tanker, wenn man den um die Ecke biegen will, muss man zwei Jahre vorher anfangen zu arbeiten, damit er dann abbiegt.“ Negative Veränderungen kämen dann allerdings ganz schnell. Bürkles Lehrstuhl wird nicht nachbesetzt werden. Architektur ist an der TU einer der bewerbungsstärksten Studiengänge, trotzdem sollen die Kürzungen in gleichem Maße auf alle angewendet werden. Im Saal sind keine Lehrenden auszumachen, Bürkle schließt mit dieser Bemerkung die Versammlung.
Noch taucht die TU bei der Suche nach den besten Architekturfakultäten Deutschlands unter den Top 10 auf – damit das wieder wahr wird, muss die Fachschaft die nötige Unterstützung erhalten. Für ein angeblich kreatives, innovatives und zukunftsfähiges Berlin wäre die Umsetzung der Kürzungen ein weiteres Armutszeugnis unter aktuell vielen.
Das IfA-Kollektiv plant eine Petition, bei weiterhin ausbleibendem Dialog soll es weitere Demonstrationen geben.
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