Bauwelt

Raum + Material + Detail = Städtebau

Ulrich Brinkmann wünscht sich Erfahrungsaustausch zwischen Wien und Berlin

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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Ulrich Brinkmann wünscht sich Erfahrungsaustausch zwischen Wien und Berlin


Raum + Material + Detail = Städtebau

Ulrich Brinkmann wünscht sich Erfahrungsaustausch zwischen Wien und Berlin

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Schöner als in Berlin ist es im Winter fast überall, denke ich, zu Fuß unterwegs im Entwicklungsgebiet Heidestraße. Der Wind pfeift durch die überbreite Schneise nördlich des Hauptbahnhofs, die auch ein Boulevard hätte sein können, der Regen peitscht mich gegen die glatten Klinkerfassaden auf der Straßenostseite, doch die bieten mit keinem Zentimeter Dachüberstand Schutz vor dem widrigen Wetter. Warum wurden hier keine Kolonnaden gebaut, frage ich mich, und wünsche mich nach Bologna. Also: Weihnachten weg hier, irgendwohin, wo weniger menschenfeindlich gebaut wurde. Da kommt die Einladung von Freunden, das Fest bei ihnen in Wien zu verbringen, wie vom Christkind persönlich. Die Schönheit der österreichischen Hauptstadt zu rühmen, hieße, Eulen nach Athen zu tragen: Einen Raum wie den Judenplatz oder den Graben gar gibt es in der großen Stadt an der Spree nirgends. Doch wie sieht es im Wien von heute aus? Die Freunde wohnen im Sonnwendviertel, jenem großen Entwicklungsgebiet südlich des neuen Hauptbahnhofs: ein ehemaliges Bahnareal, das sich mit der Heidestraße gut vergleichen lässt. Auffällig ist, wie viel gestalteter die Freiräume hier sind: Der Park in der Mitte ist kein stupider Korridor wie etwa der Gleisdreieckpark in der Heimat, die Fußgängerpromenade, die das Neubauviertel auf der Ostseite durchzieht, lockt mit leichten Knicks und Aufweitungen zum Flanieren, und die Gebäude an den Seiten bieten mit ihren auskragenden Obergeschossen Schutz, sollte es mal regnen. So weit, so gut. Doch auch hier fällt Schatten auf den Gesamteindruck, und den wirft die architektonische Umsetzung. Es gibt zwar ein paar ansehnliche Gebäude, dazu viel Mittelmaß, das sich wegguckt, und noch bei den Ausrutschern ist erkennbar, dass zumindest anfangs Ambition den Stift geführt haben mag. Näher betrachten aber will man das Wenigste, so lieblos wirkt das Ganze mit seinen Styroporfassaden, Kunststofffenstern, Billo-Balkonen und Katalogdetails. Für künftige Entwicklungen sollten sich die beiden Städte austauschen: auf dass Berlin sich ein wenig Schulung in Stadtraumgestalt holt und Wien sich eine Scheibe Ausführungsqualität abschneidet. Was ich damit meine, sehen Sie in zwei Wochen in Bauwelt 3.

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