Ein ganz schönes Theater
Leonardo Costadura wundert sich darüber, wo Geld fehlt und wo offenbar nicht.
Text: Costadura, Leonardo, Berlin
Ein ganz schönes Theater
Leonardo Costadura wundert sich darüber, wo Geld fehlt und wo offenbar nicht.
Text: Costadura, Leonardo, Berlin
Als Emmanuel Macron letzten Sommer den Franzosen das Ende des Überflusses ankündigte, fielen die Reaktionen gelangweilt bis sarkastisch aus; ein Großteil der Franzosen lebt nicht wie Gott in Frankreich, sondern muss für niedrige Löhne in prekären Arbeitsbedingungen hart buckeln. Auch was große staatliche Kulturprojekte anbelangt, wurde der Geldhahn bereits nach Jacques Chirac zugedreht: Letzterer hatte Anfang der 2000er für das Museum der Weltkulturen am Quai Branly die damals exorbitant erscheinende Summe von einer Viertelmilliarde Euro ausgegeben. Keiner seiner drei Nachfolger hat Vergleichbares auch nur angedacht. Diesseits des Rheins verhält es sich etwas anders: Als 2020 das Berliner Humboldtforum fertig war, schlugen rund 650 Millionen Euro zu Buche, und da war das Museum des 20. Jahrhunderts schon im Ofenrohr: 450 bis 600 Millionen Euro, so genau können wir das nicht sagen. Die Rede von der verspäteten Nation bekommt hier einen ganz neuen Sinn.
Richtig egal scheinen Zahlen ausgerechnet auch in der Stadt zu sein, in der branchenbedingt so viel damit hantiert wird, nämlich in Frankfurt. Seit Jahren schon zerbricht sich die Stadt den Kopf darüber, ob sie die Doppelanlage der Städtischen Bühnen am selben Standort für rund eine Milliarden Euro neu errichten oder für den gleichen Preis zwei Gebäude an zwei Standorten bauen soll. Die schüchterne Frage aber, ob es nicht auch günstiger ginge, kommt gar nicht erst auf. Es sei hier nur noch einmal darauf hingewiesen, dass der unlängst verstorbene Arno Lederer vorletztes Jahr den Münchnern nach zweieinhalb Jahren Bauzeit ein (außerordentlich schönes!) Volkstheater hinstellte, das gerade einmal 131 Millionen Euro kostete. In Frankfurt rechnet man also – es handelt sich ja um zwei Bühnen – mit dem fünffachen Preis: eher so die Kölner Liga, wo die Sanierung der Oper mittlerweile über eine Milliarde Euro verschlungen hat. Nach langem Schweigen hat sich das Frankfurter Kulturdezernat kürzlich in der Causa wieder zu Wort gemeldet. Es seien nun 1,3 Milliarden Euro zu veranschlagen, die bevorzugte Lösung seien zwei sich gegenüberstehende Neubauten am Willy-Brandt-Platz. Wir können schon einmal mit Kanzlers Worten festhalten: Auch hier soll nicht gekleckert, auch hier soll geklotzt werden!
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