Manifest am Wanken
Josepha Landes fühlt sich verschaukelt von Künstlern, die an der Freiheit der Kunst rütteln und findet, dass die Welt auf einige Balanceakte gut verzichten könnte.
Text: Landes, Josepha, Berlin
Manifest am Wanken
Josepha Landes fühlt sich verschaukelt von Künstlern, die an der Freiheit der Kunst rütteln und findet, dass die Welt auf einige Balanceakte gut verzichten könnte.
Text: Landes, Josepha, Berlin
Die Oscar-Preisträger Wolfgang und Christoph Lauenstein bezichtigen Milla & Partner des Abkupferns. Das von der Berliner Agentur entworfene Einheitsdenkmal in Form einer beweglichen Plattform (Der Grundstein dafür soll ganz vielleicht bald vis-à-vis des Humboldt Forums gelegt werden) sei die Kopie einer Idee aus dem Kurzfilm „Balance“, für den die Brüder 1990 in Hollywood ausgezeichnet worden sind.
Plagiieren und kopieren sind Reizworte. Zitier-Fehler, die einigen Politikern in ihren Doktorarbeiten passiert sind, verleihen dem Thema Brisanz und die verbreitete Meinung ist: Nachmachen ist nicht akzeptabel! Es folgt daraus die direkte Ableitung, jemand schmücke sich mit fremden Federn. Doch, wo das wissenschaftliche Arbeiten klare Vorgaben macht, was wo wie zu zitieren ist – fremde Federn also ziemlich deutlich werden –, ist doch die Kunst frei. Künstler dürfen den Pfau rauskehren.
Der Film Manifesto von 2015 vereint diverse Forderungen nach Freiheit für die Kunst. Zu sehen war er auf Filmfestivals und in Museen rundum den Globus in Form einer Video-Installation (Gegen Bezahlung gibt es ihn auch im freien Netz). Cate Blanchett schlüpft darin pluri-potent in dreizehn Charaktere, die Absichtserklärungen vom Kommunistischen Manifest, über Dadaistisches Brockenwerk bis zu Verfassungen der Fluxus-Bewegung und Minimal Art Ausdruck verleihen. Unter diesen Pamphleten befinden sich auch Jim Jarmuschs Golden Rules for Filmmaking, die hiermit den Lauensteins ans Herz gelegt seien. Regel eins: There are no rules. Regel zwei: Don’t let the fuckers get ya. Für besonders angebracht in ihrem Fall erachte ich Regel fünf: Nothing is original. Steal from anywhere (…). – Dabei beruft sich Jarmusch auf Jean-Luc Godard: „It’s not where you take things from – it’s where you take them to.“
Zugegeben, darüber, ob die Einheitswippe die Idee, die sie aufgreift, irgendwo hinbringt, lässt sich streiten. Diese Idee jedoch, dass eine Wippe, da sie wippt, als Sinnbild für Balance herhalten kann, ist ohnehin nicht besonders einfallsreich.
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