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Sturm aufs Pompidou!

Benedikt Crone plant einen Coup dʼArchitecture.

Text: Crone, Benedikt, Berlin

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Sturm aufs Pompidou!

Benedikt Crone plant einen Coup dʼArchitecture.

Text: Crone, Benedikt, Berlin

Sigmund Freud sagt, es werde uns unheimlich, wenn Totgeglaubtes wiederkehrt. Als im Januar gelb-grüne Bolsonaro-Fans das Regierungsviertel in Brasília stürmten und auf dem Kongressgebäude von Oscar Niemeyer turnten, fühlte sich das tatsächlich unheimlich an. Dabei hatte die Besetzung des Kapitols bereits gezeigt, dass ein Staat nicht ins Wanken gerät, nur weil als Bison verkleidete Fitnesstrainer durch Verwaltungsräume trampeln. Einen Sturm wie den auf die Bastille 1789 auf die Beine zu stellen ist auch gar nicht so leicht. Niemeyers Flachbau mit Schüssel bietet sich für eine Okkupation natürlich an. Die weite Fläche davor lässt dagegen viel Raum, in dem sich der Mob wie auf einem Festivalgelände verliert. Das Vacuum-Problem hätten auch die Mutigen, die sich auf dem Roten Platz in Moskau oder dem Tianʼanmen Platz in Peking an eine Demo wagen. Möchte man was reißen, lohnt daher ein genauer Blick auf die Architektur des Objekts der Begierde.
Ein Run durchs Pariser Pompidou zum Beispiel könnte imposante Bilder liefern, wenn sich hunderte Gelbwesten durch die Röhren schlängeln. In der Hamburger Elbphilharmonie würde die Menge dagegen womöglich auf der Rolltreppe steckenbleiben. Berlin hätte mit dem Schloss wieder ein dankbares Haus zum Stürmen, da ja auch das Liebknecht-Portal rekonstruiert wurde. Allerdings besteht noch die ältere Version des Balkons am Staatsratsgebäude, es könnten also zwei Revolutionen gleichzeitig stattfinden, was dann nur wieder für Verwirrung sorgt.
Da ein Putsch in Deutschland zuletzt von ergrauten Fürsten und mobbeligen Rentnersoldaten geplant wurde, könnte vielleicht sogar die Strategie des Bundestags aufgehen, sich mit einem zehn Meter breiten „Aha“-Graben vor dem Reichstagsgebäude auf Abstand zur Plebs zu halten. Der Graben hat seinen Namen daher, dass er erst aus der Nähe zu erkennen ist („Aha, da ist ja ein Graben!“). Unbeholfene Putschisten, so die Idee, würden dort hineinstürzen und wie auf den Rücken gedrehte Käfer zappelnd am Boden liegen. Wer das Spektakel als Zaungast verfolgen will, muss sich mindestens bis 2025 gedulden. Frühestens dann beginnen die Bagger mit dem Ausheben.

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