Upcycling
Wieder- und Weiterverwendung als Gestaltungsprinzip in der Architektur
Text: Hottmann, Alfred, Heidelberg
Upcycling
Wieder- und Weiterverwendung als Gestaltungsprinzip in der Architektur
Text: Hottmann, Alfred, Heidelberg
In den letzten Jahren hatten viele Bauschaffende aufgrund von Krieg und Pandemie sehr viel öfter mit Lieferschwierigkeiten und begrenzter Verfügbarkeit von Baustof-fen und Materialien zu kämpfen, als gewöhnlich. Ein Trend, der sich wohl fortsetzen wird, wenn sich an unserem Wirtschaftssystem des Verbrauchens und Wegwerfens nicht etwas ändert. So wirkt es nur logisch, dass die Nutzung von Wiederverwendetem heute mehr in den Fokus rückt. Deren unterschiedliche thematischen und zeitlichen Ausprägungen werden im Buch „Upcycling“ vorgestellt.
Das Buch ist unterteilt in zwei Themenblöcke, in denen jeweils verschiedene Autoren mittels kurzer Essays und ausgewählter Abbildungen Aspekte der Wiederverwendung aufgreifen und erläutern. Nach einleitenden Worten von AndreasHild und Daniel Stockhammer – letzterer auch der Herausgeber – folgt der erste Teil; eine Retrospektive.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt mitunter auf, dass das Wiederverwenden von Bauteilen lange gängige Baupraxis war. Die sogenannten Spolien wurden nicht selten zweckentfremdet: Zerschnittene Säulen als Bodenmosaik oder ein Altar als Fundament einer Bogenkonstruktion in Sakralbauten. Das konzeptionelle Recycling von Motiven, Symbolen und Konstruktionsprinzipien im Historismus hingegen wird anhand des Beispiels des eidgenössischen „Rütlihauses“ aus dem 19. Jahrhundert veranschaulicht.
Der zweite Teil des Buches wirft den Blick auf heutige Tendenzen im Umgang mit Sekundärbauteilen, was aktuell ein noch eher seltenes Phänomen ist. Überzeugende Projekte und Herangehensweisen werden von den Architekturbüros in situ und der Lendager Group präsentiert. Es zeigt sich, dass das Prinzip Re-Use neue Herangehensweisen im Entwerfen und in der Ausführung erfordert. Denn entweder muss schon früh im Entwurfsprozess bekannt sein, welche Sekundärbaustoffe verbaut werden, oder das Konzept muss flexibel genug sein, um Unwägbarkeiten der genauen Ausgestaltung abfangen zu können. Form follows Availability!
Die Publikation stellt ausdrücklich keinen Anspruch auf eine vollständige Abhandlung des Themas der Wiederverwendung, sondern möchte vielmehr als Startpunkt der Forschung und Lehre verstanden werden. Die absehbare Entwicklung von „ökologisch geboten“ zu „ökonomisch notwendig“ wird somit greifbar. Der Umfang ist auch deswegen reduziert, da die Texte jeweils in Deutsch und Englisch abgedruckt sind. Gleichwohl schafft es das Buch, Prinzipien der Wiederverwendung gut auf den Punkt zu bringen und gestalterisch ansprechend zu vermitteln.
0 Kommentare