Vorläufige Höhepunkte der Baukunst
16 Geschichten
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Vorläufige Höhepunkte der Baukunst
16 Geschichten
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
„Vom Markt ist das Gebäude so unsichtbar, dass manche es nur mit Mühe finden können.“ Diesen Satz habe ich eben im Bauwelt-Layout gelesen, an der Wand, an der die Beiträge der gerade bearbeiteten Ausgabe hängen. Es ist der Teaser des Beitrags zum Forum Groningen, könnte aber auch ein Satz aus dem neuen Buch von Gottfried Müller sein. „Vorläufige Höhepunkte der Baukunst“ sind dort beschrieben, in drei Abschnitten: Die sieben Fassaden eines Bankhauses, zwölf missratene Häuser und drei vergessene Varianten; missglückte Planungen im weitesten Sinne also. Doch anders als im Fall Forum Groningen, zu dem sich Gottfried Müller vermutlich auch eine passende Geschichte einfallen lassen könnte – à la: Wie der 1992er Superdutch-Entwurf für ein neues öffentliches Gebäude nach 26 Jahren im Zwischenlager des grenznahen niederrheinischen Großhändlers „Tom’s feinster Elektroschrott“ auf der Festplatte eines vergilbten Mac gefunden, ausgelesen und doch noch realisiert wurde –, sind in seinem neuen Buch zwar wahrhaftige, aber eben nicht wahre Architekturunfälle aufgezeichnet.
Neben den großen Drei Frank Lloyd Wright, Le Corbusier und Mies bekommt dabei vor al-lem das Baugeschehen in der deutschen Provinz sein Fett weg, da, wo manchmal die Ideen der Avantgardisten, meistens aber nur alltägliche Wünsche an der Wirklichkeit des Alltags zerschellen: sei es das Architektenhaus am Taubnesselweg 15, Baujahr 1976 („Die Speisekammer ist gelungen. Geräumig, hell und gut belüftet. Aber das ist ein wenig dürftig, bei zweihundertvierzig Quadratmeter Fläche, finden Sie nicht?“), sei es die Tankstelle mit Wohnhaus und illegalem Alkoholausschank in der Hembelsheimer Landstraße („Pfusch kann man schon machen, aber dann muss es billig sein. Pfusch und teuer, das geht nicht.“), sei es das Arbeiterwohnheim am Bahndamm („Die Eisenbahn binich gewohnt, das gehört für mich dazu. Wenn ich keine Züge höre, kann ich nicht schlafen. Einmal haben wir Urlaub gemacht im Sauerland. Jede Nacht bin ich zehnmal aufgewacht vor Schreck, weil es so still war! Still wie ein Friedhof, das Sauerland, fahren wir nie wieder hin.“). Beste Ferienlektüre für Architekten, für ehrgeizige wie pragmatische.
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