Der Titel ist so mehrdeutig wie das ganze Projekt: Jens Hoffmanns fotografisches Ausloten der Gestaltungstiefe von Bushaltestellen in Mecklenburg-Vorpommern zeigt selbstverständlich Orte, wo Menschen auf den Bus warten und aus einem solchen aussteigen. Aber natürlich sind diese Orte immer auch Gelegenheiten, die größeren Zusammenhänge, Sinnfragen gar, zu berühren. In einer vielerorts von Bevölkerungsrückgang, Arbeitslosigkeit und Perspektivsuche gepräg­ten Region wie dem deutschen Nordosten werfen sie unweigerlich die Frage auf, wer überhaupt hierher kommt und unter welchen Bedingungen, vor allem aber: unter welchen Umständen die Menschen tatsächlich Ankommen im Leben. Die Antwort bleibt der Fotoband schuldig, das liegt in der Natur der Sache. Aber die Fragen wirft er auf, und mitunter schimmern in den Bildern auch Antworten auf, die in den letzten 30 Jahren Politiker, Stadtplaner, Unternehmer zu geben gehofft haben. Denn es sind nicht durchweg Bilder von Verlassenheit, Einsamkeit und Verfall, die Hoffmann seit 2017 für diese Serie zusammengetragen hat; in einem guten Teil der Aufnahmen schlägt das Neue in aller Härte und Unerbittlichkeit durch, gelegentlich gar so etwas wie die Erfüllung des Versprechens auf ein Leben, wie es in prosperierenden Regionen Deutschlands üblich ist.

Nicht zuletzt, und das macht die Serie für Architekten so interessant, ist Hoffmann ein wah­rer Katalog des Bautypus Bushaltestelle gelungen, der den vermeintlichen Standard eines se­riell produzierten Wartehäuschens bei weitem übersteigt: dank der Vielfalt der Beispiele auch aus der Historie, der verwendeten Materialien, der Ausstattung. Sogar ein Werk der prominenten Architektur findet sich darunter, ein spaci­ger Schalenbau von Ulrich Müther auf Rügen. In einer Zeit noch immer andauernder Corona-Beschränkungen kann das Buch den Leser durchaus versöhnen mit dem Warten auf den Bus zur nächsten Station der Lebensreise.