Allheilmittel Wachstum?
Londons Antwort auf die Ausschreitungen im August 2011
Text: Polinna, Cordelia, Berlin
Allheilmittel Wachstum?
Londons Antwort auf die Ausschreitungen im August 2011
Text: Polinna, Cordelia, Berlin
Vielleicht ist es unter englischem Humor zu verbuchen, aber schon mehrfach in der Geschichte haben es die Bürger der britischen Hauptstadt geschafft, fatale Ereignisse in große Chancen umzudeuten. So hieß es nach den Bombenanschlägen der IRA in den Londoner Docklands im Jahr 1996, dass diese „unabsichtlich ein paar interessante Baugebiete geschaffen“ hätten.
Die Londoner Ausschreitungen im August 2011 wurden von Bürgermeister Boris Johnson in ähnlich befremdlicher Weise umgedeutet: „This is a once-in-a-generation opportunity to build on the momentum of rebuilding and repair work and turn it into a permanent regeneration of two long-neglected areas of the capital.“ Die Wiederherstellung des Zerstörten als einmalige Gelegenheit zur Erneuerung fast vergessener Stadtquartiere? Fast möchte man den jugendlichen Hasardeuren für ihren – angesichts der geplünderten Elektronik- und Sportartikelgeschäfte ja nicht ganz selbstlosen – Einsatz danken, würde dies nicht so zynisch anmuten. Denn nach den „Riots“ wurden zumindest einige neue Förderprogramme aufgelegt.
Den Ausschreitungen vorausgegangen war eine beispiellose Kürzungswelle unter der konservativen Regierung von David Cameron, die benachteiligte Stadtquartiere und Bevölkerungsgruppen besonders hart traf. Im Juli 2010 war das von der Labour Regierung im Jahr 2005 gestartete Schulbauprogramm „Building Schools for the Future“, das so ambitionierte Projekte wie die von Zaha Hadid entworfene Evely Grace Academy in Brixton hervorgebracht hat, ersatzlos gestrichen worden. Gekürzt wurde das Programm „Sure Start“, das u.a. frühkindliche Bildung fördert und Familien in benachteiligten Quartieren unterstützt. Heftig umstritten war die drastische Erhöhung von Studiengebühren, die Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau wurden radikal reduziert und die dringend notwendige Erneuerung von Großsiedlungen der Nachkriegsmoderne wurde aufgeschoben. Viele andere Stadterneuerungsvorhaben wurden gestoppt oder sollen nun über Förderprogramme laufen, bei denen die Gelder später zurückgezahlt werden müssen – in vielen Fällen ein unrealistisches Szenario für betroffene Familien.
Nach den Ausschreitungen sahen sich die Behörden, allen voran der Londoner Bürgermeister, gezwungen, nicht nur mit Polizeigewalt und
juristischen Mitteln, sondern auch mit planerischen Maßnahmen zu reagieren. Schließlich verfolgt die heutige Regierung das Mantra der „Big Society“, demzufolge ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden soll, das Politikern und Verwaltung Macht und Aufgaben abnimmt, diese dezentralisiert und sie auf Bewohner, ehrenamtliche Helfer und private Unternehmen überträgt. Dies ist nicht nur eine Reaktion
auf die immer lauter werdenden Rufe nach mehr Bürgerbeteiligung, sondern auch eine pragmatische Lösung bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten in den Budgets der öffentlichen Hand.
Einige Stadtviertel, etwa Dalston, beherzten diesen Ansatz schon bei den Ausschreitungen – ihre Bewohner traten in Ermangelung einsatzbereiter Polizeikräfte den marodierenden Jugendlichen selbst entgegen. Die wenige Tage nach den Unruhen von Bürgern gestarteten Aufräumaktionen dürften eher den Kern der Vorstellungen von Big Society getroffen haben. Solch „localism“ gewinnt an Bedeutung: Viele der planerischen Reaktionen auf die Riots sollen den Fokus auf einzelne Stadtquartiere und ihre unterschiedlichen Potenziale richten, vor allem um dort wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Flankiert werden die staatlichen Maßnahmen zudem durch ein positiv zu wertendes zivilgesellschaftliches Engagement, etwa den High Street Fund, der über Spenden und die Koordination ehrenamtlicher Arbeit vor allem Kleinstunternehmer in den betroffenen Gebieten unterstützt, die sonst ihrer Existenzgrundlage beraubt wären.
Experten des Bürgermeisters hatten die High Streets Londons bereits vor den dort stattfindenden Unruhen als herausragende Orte für die nachhaltige Entwicklung einer polyzentralen Stadtregion identifiziert. Deswegen konnten erste Ideen für die projektbezogene Stärkung lokaler Zentren über den bereits geplanten, mit 50 Millionen Britischen Pfund bestückten Outer London Fund kurzfristig umgesetzt werden. Noch vor dem Jahreswechsel realisierte Maßnahmen trugen dazu bei, dass sich unabhängige Gewerbetreibende zu Händlergemeinschaften zusammenschlossen, die Potenziale einzelner Gebiete durch kleine gestalterische Eingriffe gestärkt wurden und über Aktionen wie Straßenfeste, Happenings oder besondere Beleuchtung eine positive Stimmung in den High Streets aufgebaut werden konnte.
Mega Malls und Fußballstadien
Für die zwei am stärksten von den Ausschreitungen betroffenen Gebiete, Tottenham und Croydon, wurden vom Bürgermeister und den lokalen Ämtern sogenannte Task Forces gegründet, die Masterpläne zur Erneuerung der Gebiete entwickeln und umsetzen sollen. Diese waren schon seit einigen Jahren vorbereitet worden, es hatten bislang aber die Gelder gefehlt. Geleitet werden die Teams vom Developer Sir Stuart Lipton (Tottenham), einem Urgestein des Londoner Immobilienmarktes, und von Julian Metcalfe (Croydon), Gründer der gehobenen Fast-Food-Ketten Pret A Manger und Itsu. Angesichts der Vielzahl an sozialen Problemen, mit denen die Eingreiftruppen umgehen müssen, überrascht diese Wahl. Offenbar soll vor allem der Unternehmergeist der beiden Geschäftsmänner auf die Gewerbetreibenden in den Gebieten abfärben: In beiden Gebieten sollen Großprojekte für die Rehabilitation
sorgen.
Croydon will sich als Shopping-Adresse neu definieren und durch den Bau einer Mega Mall zum wichtigsten Einkaufsgebiet im englischen Südosten außerhalb der Londoner Stadtmitte avancieren. Tottenham hingegen glaubt an die positive Energie des runden Leders und will das nahe der High Road liegende marode Fußballstadion der „Tottenham Hotspurs“ komplett erneuern. Die öffentlichen Räume im Umfeld von Bahnhof und Stadion sollen attraktiver und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr verbessert werden. Ein großer Supermarkt neben dem Stadion soll Arbeitsplätze schaffen, außerdem sind 285 Wohnungen (zu Marktpreisen) geplant. Ob dadurch die Atmosphäre entsteht, die sich die Planer wünschen, denen hier im Norden Londons ein neues Kreativquartier vorschwebt, ist fraglich. Dazu könnten eher Projekte wie das Gründerzentrum 639 Tottenham High Road beitragen, das in ein historisches, während der Riots zerstörtes Gebäude an der Hauptstraße einziehen soll (siehe kleine Fotos oben). Weitere Projekte an der High Street sollen das Potenzial dieses gut erschlossenen,
lebendigen linearen Zentrums entwickeln. Tottenham liegt im Wachstumskorridor zwischen King’s Cross und dem Flughafen Stansted. Mit einem verbesserten Image scheint eine positive ökonomische Entwicklung nicht ausgeschlossen.
Der mit 70 Millionen Britischen Pfund ausgestattete Mayor’s Regeneration Fund finanziert Maßnahmen in acht weiteren betroffenen Bezirken. Ein Großteil des Geldes musste von Banken geliehen werden, nur 20 Millionen kamen von der Regierung. Im Fokus der Förderung stehen auch hier Maßnahmen, die den Einzelhandel stärken und ökonomisches Wachstum ankurbeln sollen, etwa die Umgestaltung öffentlicher Plätze und Straßenräume, die Erneuerung von Ladenfronten, die attraktivere Gestaltung von Zugängen zu den Stationen des öffentlichen Nahverkehrs oder die Unterstützung von Start-up-Firmen. Zudem wird den personell oft schlecht ausgestatteten Stadtbezirken dabei geholfen, gute Konzepte zu entwerfen. Im Zentrum Hackneys soll mit Fördergeldern in Höhe von 5,3 Millionen Britischen Pfund ein Fashion Outlet Center mit 200 Arbeitsplätzen entstehen.
Dass weitere Shopping-Möglichkeiten eine geeignete Maßnahme sein sollen, um Plünderungen künftig zu verhindern, mutet bizarr an, haben doch Analysen gezeigt, dass die überhandnehmende Konsumkultur ein Grund für die Ausschreitungen war. Wichtiger wäre es, das in vielen betroffenen Stadtteilen durchaus noch vorhandene produzierende Gewerbe ins Auge zu fassen und neue Konzepte zu entwickeln, wie die lokalen Kleinbetriebe gestärkt werden können, etwa über eine Zusammenarbeit mit der Kreativbranche.
Der konservativen Logik folgend, dürfen im Rahmen der Erneuerungsprogramme nur investive Maßnahmen gefördert werden, sozial-integrative Projekte hingegen, etwa mehr Geld für Stellen in Jugendeinrichtungen, sind von der Förderung ausgenommen. Angesichts der krassen Sparpolitik und des derzeitigen politischen Klimas darf bezweifelt werden, dass Schul-, Bildungs- und Wohnungsbauprogramme bald wieder neu aufgelegt werden. Bedauerlich ist zudem, dass die aus den Gerichtsverfahren vorliegenden Erkenntnisse, woher die an den Ausschreitungen beteiligten Jugendlichen kamen, nicht genutzt werden, um Programme speziell für diese Gebiete aufzulegen. Schließlich stehen hinter dem Umgang mit den Ausschreitungen viel größere Fragen, etwa was mit den Stadtteilen passiert, in denen das viel beschworene ökonomische Wachstum nicht so leicht in Gang zu setzen ist. Auf den Punkt gebracht hat diese Frage der Labour Abgeordnete Tottenhams, David Lammy: „We cannot live in a society in which banks are too big to fail but whole communities are allowed to sink without trace.“ Gemeinsam ist allen Maßnahmen, dass sie in erster Linie die Symptome der Ausschreitungen bekämpfen – kein Wunder, wurde doch weltweit mit großem Interesse beobachtet, wie London ein Jahr vor den Olympischen Spielen mit dieser unerwarteten Herausforderung umgeht.
Den Ausschreitungen vorausgegangen war eine beispiellose Kürzungswelle unter der konservativen Regierung von David Cameron, die benachteiligte Stadtquartiere und Bevölkerungsgruppen besonders hart traf. Im Juli 2010 war das von der Labour Regierung im Jahr 2005 gestartete Schulbauprogramm „Building Schools for the Future“, das so ambitionierte Projekte wie die von Zaha Hadid entworfene Evely Grace Academy in Brixton hervorgebracht hat, ersatzlos gestrichen worden. Gekürzt wurde das Programm „Sure Start“, das u.a. frühkindliche Bildung fördert und Familien in benachteiligten Quartieren unterstützt. Heftig umstritten war die drastische Erhöhung von Studiengebühren, die Zuschüsse für den sozialen Wohnungsbau wurden radikal reduziert und die dringend notwendige Erneuerung von Großsiedlungen der Nachkriegsmoderne wurde aufgeschoben. Viele andere Stadterneuerungsvorhaben wurden gestoppt oder sollen nun über Förderprogramme laufen, bei denen die Gelder später zurückgezahlt werden müssen – in vielen Fällen ein unrealistisches Szenario für betroffene Familien.
Nach den Ausschreitungen sahen sich die Behörden, allen voran der Londoner Bürgermeister, gezwungen, nicht nur mit Polizeigewalt und
juristischen Mitteln, sondern auch mit planerischen Maßnahmen zu reagieren. Schließlich verfolgt die heutige Regierung das Mantra der „Big Society“, demzufolge ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden soll, das Politikern und Verwaltung Macht und Aufgaben abnimmt, diese dezentralisiert und sie auf Bewohner, ehrenamtliche Helfer und private Unternehmen überträgt. Dies ist nicht nur eine Reaktion
auf die immer lauter werdenden Rufe nach mehr Bürgerbeteiligung, sondern auch eine pragmatische Lösung bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten in den Budgets der öffentlichen Hand.
Einige Stadtviertel, etwa Dalston, beherzten diesen Ansatz schon bei den Ausschreitungen – ihre Bewohner traten in Ermangelung einsatzbereiter Polizeikräfte den marodierenden Jugendlichen selbst entgegen. Die wenige Tage nach den Unruhen von Bürgern gestarteten Aufräumaktionen dürften eher den Kern der Vorstellungen von Big Society getroffen haben. Solch „localism“ gewinnt an Bedeutung: Viele der planerischen Reaktionen auf die Riots sollen den Fokus auf einzelne Stadtquartiere und ihre unterschiedlichen Potenziale richten, vor allem um dort wirtschaftliches Wachstum und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Flankiert werden die staatlichen Maßnahmen zudem durch ein positiv zu wertendes zivilgesellschaftliches Engagement, etwa den High Street Fund, der über Spenden und die Koordination ehrenamtlicher Arbeit vor allem Kleinstunternehmer in den betroffenen Gebieten unterstützt, die sonst ihrer Existenzgrundlage beraubt wären.
Experten des Bürgermeisters hatten die High Streets Londons bereits vor den dort stattfindenden Unruhen als herausragende Orte für die nachhaltige Entwicklung einer polyzentralen Stadtregion identifiziert. Deswegen konnten erste Ideen für die projektbezogene Stärkung lokaler Zentren über den bereits geplanten, mit 50 Millionen Britischen Pfund bestückten Outer London Fund kurzfristig umgesetzt werden. Noch vor dem Jahreswechsel realisierte Maßnahmen trugen dazu bei, dass sich unabhängige Gewerbetreibende zu Händlergemeinschaften zusammenschlossen, die Potenziale einzelner Gebiete durch kleine gestalterische Eingriffe gestärkt wurden und über Aktionen wie Straßenfeste, Happenings oder besondere Beleuchtung eine positive Stimmung in den High Streets aufgebaut werden konnte.
Mega Malls und Fußballstadien
Für die zwei am stärksten von den Ausschreitungen betroffenen Gebiete, Tottenham und Croydon, wurden vom Bürgermeister und den lokalen Ämtern sogenannte Task Forces gegründet, die Masterpläne zur Erneuerung der Gebiete entwickeln und umsetzen sollen. Diese waren schon seit einigen Jahren vorbereitet worden, es hatten bislang aber die Gelder gefehlt. Geleitet werden die Teams vom Developer Sir Stuart Lipton (Tottenham), einem Urgestein des Londoner Immobilienmarktes, und von Julian Metcalfe (Croydon), Gründer der gehobenen Fast-Food-Ketten Pret A Manger und Itsu. Angesichts der Vielzahl an sozialen Problemen, mit denen die Eingreiftruppen umgehen müssen, überrascht diese Wahl. Offenbar soll vor allem der Unternehmergeist der beiden Geschäftsmänner auf die Gewerbetreibenden in den Gebieten abfärben: In beiden Gebieten sollen Großprojekte für die Rehabilitation
sorgen.
Croydon will sich als Shopping-Adresse neu definieren und durch den Bau einer Mega Mall zum wichtigsten Einkaufsgebiet im englischen Südosten außerhalb der Londoner Stadtmitte avancieren. Tottenham hingegen glaubt an die positive Energie des runden Leders und will das nahe der High Road liegende marode Fußballstadion der „Tottenham Hotspurs“ komplett erneuern. Die öffentlichen Räume im Umfeld von Bahnhof und Stadion sollen attraktiver und die Anbindung an den öffentlichen Verkehr verbessert werden. Ein großer Supermarkt neben dem Stadion soll Arbeitsplätze schaffen, außerdem sind 285 Wohnungen (zu Marktpreisen) geplant. Ob dadurch die Atmosphäre entsteht, die sich die Planer wünschen, denen hier im Norden Londons ein neues Kreativquartier vorschwebt, ist fraglich. Dazu könnten eher Projekte wie das Gründerzentrum 639 Tottenham High Road beitragen, das in ein historisches, während der Riots zerstörtes Gebäude an der Hauptstraße einziehen soll (siehe kleine Fotos oben). Weitere Projekte an der High Street sollen das Potenzial dieses gut erschlossenen,
lebendigen linearen Zentrums entwickeln. Tottenham liegt im Wachstumskorridor zwischen King’s Cross und dem Flughafen Stansted. Mit einem verbesserten Image scheint eine positive ökonomische Entwicklung nicht ausgeschlossen.
Der mit 70 Millionen Britischen Pfund ausgestattete Mayor’s Regeneration Fund finanziert Maßnahmen in acht weiteren betroffenen Bezirken. Ein Großteil des Geldes musste von Banken geliehen werden, nur 20 Millionen kamen von der Regierung. Im Fokus der Förderung stehen auch hier Maßnahmen, die den Einzelhandel stärken und ökonomisches Wachstum ankurbeln sollen, etwa die Umgestaltung öffentlicher Plätze und Straßenräume, die Erneuerung von Ladenfronten, die attraktivere Gestaltung von Zugängen zu den Stationen des öffentlichen Nahverkehrs oder die Unterstützung von Start-up-Firmen. Zudem wird den personell oft schlecht ausgestatteten Stadtbezirken dabei geholfen, gute Konzepte zu entwerfen. Im Zentrum Hackneys soll mit Fördergeldern in Höhe von 5,3 Millionen Britischen Pfund ein Fashion Outlet Center mit 200 Arbeitsplätzen entstehen.
Dass weitere Shopping-Möglichkeiten eine geeignete Maßnahme sein sollen, um Plünderungen künftig zu verhindern, mutet bizarr an, haben doch Analysen gezeigt, dass die überhandnehmende Konsumkultur ein Grund für die Ausschreitungen war. Wichtiger wäre es, das in vielen betroffenen Stadtteilen durchaus noch vorhandene produzierende Gewerbe ins Auge zu fassen und neue Konzepte zu entwickeln, wie die lokalen Kleinbetriebe gestärkt werden können, etwa über eine Zusammenarbeit mit der Kreativbranche.
Der konservativen Logik folgend, dürfen im Rahmen der Erneuerungsprogramme nur investive Maßnahmen gefördert werden, sozial-integrative Projekte hingegen, etwa mehr Geld für Stellen in Jugendeinrichtungen, sind von der Förderung ausgenommen. Angesichts der krassen Sparpolitik und des derzeitigen politischen Klimas darf bezweifelt werden, dass Schul-, Bildungs- und Wohnungsbauprogramme bald wieder neu aufgelegt werden. Bedauerlich ist zudem, dass die aus den Gerichtsverfahren vorliegenden Erkenntnisse, woher die an den Ausschreitungen beteiligten Jugendlichen kamen, nicht genutzt werden, um Programme speziell für diese Gebiete aufzulegen. Schließlich stehen hinter dem Umgang mit den Ausschreitungen viel größere Fragen, etwa was mit den Stadtteilen passiert, in denen das viel beschworene ökonomische Wachstum nicht so leicht in Gang zu setzen ist. Auf den Punkt gebracht hat diese Frage der Labour Abgeordnete Tottenhams, David Lammy: „We cannot live in a society in which banks are too big to fail but whole communities are allowed to sink without trace.“ Gemeinsam ist allen Maßnahmen, dass sie in erster Linie die Symptome der Ausschreitungen bekämpfen – kein Wunder, wurde doch weltweit mit großem Interesse beobachtet, wie London ein Jahr vor den Olympischen Spielen mit dieser unerwarteten Herausforderung umgeht.
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