Bauwelt

Am Beispiel Afrika

Fragen zu Architektur und Gesellschaft in München

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

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Foto: Architekturmuseum TU München

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Am Beispiel Afrika

Fragen zu Architektur und Gesellschaft in München

Text: Hoetzel, Dagmar, Berlin

Francis Kéré ist ein Glücksfall: für sein Heimatdorf Gando im westafrikanischen Burkina Faso und für das zeitgenössische Architekturgeschehen, bei dem das Interesse sich — zumindest bei der jüngeren Gene­ration — mehr und mehr partizipatorischen, sozialen und ökologischen Aspekten zuwendet.
In der Ausstellung Afritecture, der ersten des neuen Direktors des Architekturmuseums der TU München Andres Lepik, ist der in Berlin ansässige Kéré mit zwei Projekten vertreten: eine Schule und ein Frauenzen­trum in Gando. Was „Bauen mit der Gemeinschaft“ — so der Untertitel der Schau — alles beinhalten kann, lässt sich gut an diesen Beispielen erläutern: Noch während seines Studiums in Berlin realisiert Kéré eine erste Schule in seinem Heimatdorf, mit Hilfe von Spenden, die er gesammelt hatte sowie den Kenntnissen aus seiner Ausbildung in Deutschland und dem Wissen um lokale Bautraditionen. Und mit den Menschen in seinem Dorf. Die lernt er an. Zusammen finden sie heraus, welche lokalen Materialien wie einzusetzen, herzustellen und zu verarbeiten sind und bauen Häuser, die mit einfachen architek­tonischen Mitteln dem Klima Rechnung tragen. Vor allen Dingen: Kéré kommt immer wieder zurück, kann Antworten geben auf Fragen, die auftauchen, wenn das Gebäude längst fertig ist und altert. Und er baut mehr in seinem und für sein Dorf. „Seine Leute“ entwickeln sich zu Facharbeitern, werden angefragt, auch anderswo zu arbeiten, können so ihren Lebensunterhalt verdienen. Hier ist das Wort Nachhaltigkeit mit all seinen Facetten angebracht. Kérés Bauten gehören in dieser Ausstellung zu den überzeugendsten.
26 Projekte aus Subsahara-Afrika, von Bildungsbauten über Gemeinschafts- und Gesundheitsbauten bis hin zu Maßnahmen zum „Upgrading“ von Slums oder informellen Siedlungen, haben die Kuratoren für die Schau ausgewählt. Etwa ein Drittel ist von afrikanischen Architekten geplant, der Großteil entstammt der Planung europäischer und nordamerikanischer Architekten und Studentengruppen. Die berühmten weißen Flecken auf der Landkarte Afrikas mögen zwar kartografisch verschwunden sein, aber in der Rezeption des Kontinents scheinen sie oftmals noch zu existieren und wie ehemals den Abenteurern und Kolonialisten auch heute noch Projektionsfläche für ganz eigene Vorstellungen und Interessen zu bieten. „Wie sinnvoll ist es, wenn Studenten aus Europa nur für kurze Zeit nach Afrika kommen, um Projekte zu realisieren?“, ist dann auch eine folgerichtige Frage, die in der Ausstellung gestellt wird.
Mitmachen
Nicht nur thematisch, auch in der Form der Präsen­tation wird der Wechsel in der Leitung des Museums deutlich. Sehr niedrigschwellig kommt die Ausstellung daher: Betreten nur ohne Schuhe möglich, Ausstellungsarchitektur aus Pappe, keine wertvollen Exponate hinter Glas, sondern Kopien und Drucke, mit Nadeln befestigt. Dazu reichlich Angebot für die Besucher, Kommentare abzugeben: mit Stickern wie geniale Idee, noch Fragen offen oder gerne selbst mitbauen bis zu den gelben Notizblöcken, auf denen die Besucher Antworten geben können auf die den jeweiligen Projekten zugeordneten Fragen. Dabei wird deutlich, dass die Projekte zwar in einem lokalen Kontext entstanden und verankert, aber die Fragestellungen durchaus global interessant sind. Nämlich: „Kann ein einzelnes Gebäude einen ganzen Stadtteil verbessern?“, oder „Glaubst Du, man fühlt sich in einem Gebäude wohler, wenn man selbst daran mitgebaut hat?“, oder „Sollte moderne Architektur überall nur auf die lokal verfügbaren Bauma­terialien zurückgreifen?“ Antworten freilich gibt die Ausstellung nicht. Die muss oder kann der Besucher selber finden.

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