Architektur- und Kunstprojekt mit Dresdner Jugendlichen
Die „Zukunft“ im Hechtviertel
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Architektur- und Kunstprojekt mit Dresdner Jugendlichen
Die „Zukunft“ im Hechtviertel
Text: Scheffler, Tanja, Dresden
Es ist die zweite Station des vom Kunsthaus Dresden initiierten Projekts „White Cube – Black Box“. Jugendliche aus verschiedenen Schulen konzipieren gemeinsam eine öffentliche Kunstausstellung und setzen diese mit Unterstützung von Architekten, Grafikern und Künstlern um.
Das Dresdner Hechtviertel hat sich in den letzten Jahren vom sozialen Brennpunkt zu einem „angesagten“ Quartier gemausert. Direkt nach der Wende waren große Teile der Bebauung dort derart ruinös, dass die Gegend gefragt war als authentische Kulisse für Filme, die in den ersten Nachkriegsjahren spielten. Die links-alternative Szene sowie Studenten und Künstler, die aus der zügig sanierten benachbarten Neustadt abwanderten, entdeckten bald das enorme Potenzial des Gebiets. Vor allem der südliche Teil des Viertels, wo es Kneipen, Cafés und Galerien gibt, ist inzwischen zu einer beliebten Wohngegend für gut verdienende junge Familien geworden. Viele der Gründerzeitbauten sind aufwendig saniert worden. Der nördliche Bereich ist dagegen weiterhin eine wilde Mischung aus Häusern, Garagenhöfen und Kleingärten, die noch darauf warten, aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Mittendrin, auf dem Schulhof der 30. Mittelschule in der Hechtstraße, steht jetzt ein stacheliges auffälliges Gebilde – ein temporärer Kunstpavillon.
Es ist die zweite Station des vom Kunsthaus Dresden initiierten Projekts „White Cube – Black Box“. Jugendliche aus verschiedenen Schulen konzipieren gemeinsam eine öffentliche Kunstausstellung – von der Thema-Suche über die Gestaltung der Exponate und Räumlichkeiten bis hin zur Vernissage – und setzen diese mit Unterstützung von Architekten, Grafikern und Künstlern um. Nach der „Luxus“-Ausstellung in der Altstadt entschieden sich die Jugend-lichen diesmal für das Thema „Zukunft 2050“, eine Zeit, die ihnen zwar fern, aber noch erlebbar schien.
Gemeinsam mit den Dresdner Architekten Roland Züger von Studio TZ+ und Robert Thiele haben die Jugendlichen einen aus drei Standard-Containern bestehenden Ausstellungsbau entworfen. Mit seiner opaken Fassadenverkleidung aus mit Luftpolsterfolie überzogenen Tetraedern wirkt er wie ein exakt zwischen Schule und Baumgruppen gelandetes Raumschiff. Über eine Rampe gelangt man ins Foyer, wo ein großes „Future Airport“-Wandbild als Ausgangspunkt für weitere, von den Schülern unter Anleitung der Künstlerin Karoline Schmidt angefertigte Zeichnungen dient. Diese werden in Lesekapseln, die von der Decke abgehängt sind, als spannende Zeitreise-Geschichten in Comic-Form präsentiert.
Doch auch die anderen Exponate, die sich mit Utopien oder der Frage des Bewahrens wichtiger Dinge aus der Gegenwart für die Zukunft beschäftigen, überzeugen. Vor allem das unter Leitung des Künstlers Tobias Köbsch entstandene, an eine apokalyptische Eiszeit-Vision erinnernde „Jugendzimmer“ ist nicht nur ein Hingucker, sondern beweist auch den intellektuellen Tiefgang, mit dem die Jugendlichen hier am Werke waren. Die Installation entpuppt sich als ein für die heutige Zeit „typisches“ Schreibtisch-Arrangement, das zur Konservierung dick mit Wachs überzogen wurde. Hier gibt es viele Details zu entdecken, die es im Zuge von Klimaerwärmung, Kampf um die begrenzten Ressourcen und rasant fortschreitender Technikentwicklung wahrscheinlich schon bald nicht mehr geben wird und die die Jugendlichen als Zeitdokument in ihre Installation integriert haben: eine Einweg-Wasserflasche, Laptop, Handy, MP3-Player und eine Weltkarte. Außer einer – quasi in der Bewegung erstarrten – Adidas-Trainingsjacke regen vor allem die leger drapierten Schlittschuhe, die auf den ersten Blick so gut zu dem „vereisten“ Kunstwerk passen, zum Nachdenken über die Zukunft an.
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