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Mit wheelmap.org rollstuhlgerechte Orte finden

Text: Knoth, Anne, Berlin

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Wheelmap-Ausschnitt in Frankfurt am Main
www.wheelmap.org

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Mit wheelmap.org rollstuhlgerechte Orte finden

Text: Knoth, Anne, Berlin

32 Stufen vor Läden und Hauseingängen zähle ich auf dem Weg von der Redaktion zum S-Bahnhof Savignyplatz. Und dann noch mal 42, um auf den Bahnsteig zu gelangen. Über Stufen habe ich mir bisher nie Gedanken gemacht.
1,6 Mio. Menschen in Deutschland, die im Rollstuhl sitzen, Gehbehinderte oder Familien mit Kinderwagen denken ständig darüber nach. Ich bin auf dem Weg nach Kreuzberg, um Raul Krauthausen zu treffen, den Initiator von http://www.wheelmap.org Wheelmap ist eine Internetkarte für rollstuhlgerechte Orte, bei der jeder mitmachen kann: öffentliche Orte beurteilen, neue anlegen, Bewertungen kommentieren. Über 200.000 Orte sind bereits auf ihre Rollstuhltauglichkeit hin bewertet worden, 80 Prozent davon sind in Deutschland.
Öffnet man die Internetseite, fällt der Blick zuerst auf einen Stadtplan von Berlin, der unter einer Decke von Icons in den Farben Grün, Gelb, Rot und Grau begraben ist. Über der Karte gibt es ein Eingabefeld, dort kann man nach Städten, Straßen usw. suchen. Die in der Karte markierten Orte können nach Kategorien (Essen & Trinken, Behörden, Verkehr, etc.) aus- bzw. eingeblendet werden und – das ist hier das Besondere – nach Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer. Die Rollstuhltauglichkeit wird durch ein Ampelsystem gekennzeichnet. Grün: rollstuhlgerecht – Eingang stufenlos, alle Räume stufenlos, Rollstuhl-WC vorhanden; gelb: teilweise rollstuhlgerecht – Eingang hat maximal eine Stufe (7cm hoch), die wichtigsten Räume sind stufenlos, WC egal; rot: nicht rollstuhlgerecht – Eingang hat höhere oder mehrere Stufen, die Räume sind nicht erreichbar; grau: Unbekannt – Hilf mit, und markiere diese Orte! Für Unterwegs gibt es die Wheelmap-App. Anders als am Computer wird hier eine Liste markierter Orte am aktuellen Standort gezeigt. Wie bei der Web-Version kann man die Auswahl eingrenzen.
Als ich in der Bahn sitze, probiere ich die App aus. Ich lasse mir alle Orte in der Nähe anzeigen und setze den Haken bei grün: vollständig rollstuhlgerecht“. Die Liste schrumpft von eben noch 55 Einträgen auf ganze vier. Ich versuche es mit „gelb: teilweise rollstuhlgerecht“, vielleicht sind das mehr? Nein: zwei Einträge. Sechs von 55 Orten sind rollstuhlgerecht oder teilweise rollstuhlgerecht. Als ich am U-Bahnhof Schönleinstraße aussteige: kein Fahrstuhl in Sicht, in meiner Karte ist der Bahnhof rot markiert. Das ist kein Einzelfall in Berlin. Laut Senatsverwaltung, Bereich Soziales, wurden in den letzten zwanzig Jahren 89 von 173 U-Bahnhöfen (51,45 Prozent) und 112 von 132 S-Bahnhöfen (84,85 Prozent) mit Aufzugs- oder Rampenanlagen ausgestattet.
Ich treffe Raul Krauthausen und seinen Kolle­gen Andi Weiland in einem Café mit einem barriere­freien Eingang. Grün, denke ich, als ich eintrete. (Später erfahre ich, das es doch nur gelb ist: Das WC ist nicht rollstuhlgerecht.) Krauthausen und Weiland arbeiten beim „Sozialhelden e.V.“, einer Gruppe, die sich seit 2004 mit Aktionen wie „Pfandtastisch helfen!“ oder eben der Wheelmap engagiert. Die Idee zur Website sei aus einer Alltagssituation heraus entstanden, erzählen sie. Raul Krauthausen, selbst Rollstuhlfahrer, habe sich mit einem Freund in einem Café treffen wollen – einmal in einem anderen als dem üblichen, von dem er weiß, dass es rollstuhlgerecht ist. Aber wie eines finden? Eine interaktive Karte würde helfen. Gedacht, getan.
Die „Sozialhelden“ wollen die Wheelmap weiterentwickeln: Die Bedienung soll noch einfacher werden, es soll neue Software für weitere Endgeräte und Umbauvorschläge für Betreiber öffentlicher Orte geben. „Wir möchten das Thema barrierefreies Bauen nicht politisch aufladen“, sagt Krauthausen, „aber wir wollen mit vorhandenen Technologien eine Lösung anbieten und diese mit Spaß vermarkten, um Rollstuhlfahrern zu helfen, ihren Tag unabhängiger und vielfältiger zu gestalten.“
Als ich das Café verlasse, frage ich mich: Was sagt es eigentlich über die Arbeit von Architekten und Stadtplanern aus, dass es so etwas wie die Wheelmap überhaupt braucht?

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