CCAM
Die chinesische Hauptstadt des Comics erhält ein Museum
Text: Wei, Cai, Peking
CCAM
Die chinesische Hauptstadt des Comics erhält ein Museum
Text: Wei, Cai, Peking
In Hangzhou ist das chinesische Comic- und Animationsmuseum (CCAM) geplant. Fünf international tätige Büros hatte man um Entwürfe gebeten. Die Jury entschied sich für eine Form, die an Boviste erinnert.
Viele Chinesen betrachten Hangzhou als das „Paradies auf Erden“. Wegen ihres Flairs, mit den Trauerweiden am Wasser und den alten Pagoden, die über Jahrhunderte immer wieder Künstler und Intellektuelle angezogen haben. Inzwischen ist die 6-Millionen-Einwohner-Stadt aber auch als Zentrum der Comic-Kultur bekannt. Jedes Jahr kommen viele Tau-
send Besucher zum internationalen Comic-Festival. Es ist der Treffpunkt für die so genannten Post 80s, eine Generation junger Chinesen, die zur größten Konsumentengruppe des Landes gehören, die geboren wurden, als die wirtschaftliche und politische Öffnung ihrer Heimat längst im Gange war. Lange Zeit hat der Staat Comics als subversiv bezeichnet,
heute sind sie offizieller Teil von Chinas Jugendkultur. Jede Schule und Universität hat mindestens einen Comicladen in der Nähe. Comics werden aber nicht nur gelesen, ihre Fans zeichnen auch selbst. Für viele ist dies die einzige künstlerische Betätigung, weil es an den Schulen kaum Kunstunterricht gibt.
Um den Comicfans und Festivalbesuchern endlich auch einen angemessenen Ort zu geben, ist in Hangzhou jetzt ein Comic- und Animationsmuseum geplant. Doch passt das eigentlich zusammen, Comic und Museum? Müsste das geplante Haus nicht viel eher als Kulturzentrum bezeichnet werden? In der Comicwelt geht es vor allem ums Mitmachen und Mitspielen. Deshalb gleicht das Raumprogramm für den Wettbewerb eher dem für ein Erlebniszentrum, wo man Comics sehen, hören und spielen, ja sogar Filme und Games entwickeln kann. Neben Kinosälen, Ausstellungsräumen und einer Bibliothek sind deshalb auch Interaktionszonen angedacht. Zum Wettbewerb waren fünf Büros eingeladen: MVRDV, EMBT, Atelier BOW WOW und die Entwurfsabteilungen der Tongji Universität und der Tsinghua Universität aus Shanghai. In zwei Runden stellten sie der Jury ihre Ideen vor. Diese entschied zugunsten des Vorschlags von MVRDV – eine Ansammlung von weißen, eiförmigen Körpern, die an Sprechblasen in Comics erinnern sollen – aber doch auch Assoziationen zur Pilzfamilie der Boviste weckt.
In der ersten Runde kamen Zweifel auf, ob das ganze Raumprogramm in den kleinen weißen Blasen untergebracht werden könnte, was jedoch nicht zu ermitteln war, weil eine Vorprüfung, wie sie in Deutschland zu Wettbewerbsverfahren gehört, in China nicht selbstverständlich ist. So erklärt sich, dass das Volumen des Entwurfs von MVRDV nach der Überarbeitung gewaltig gewachsen ist. Zugleich hatte sich nach der ersten Runde das Gerüchte verbreitet, dass die Vertreter der Stadt beim Entwurf von MVRDV mehr Farbe wünschten, so wie es der Entwurf von EMBT anbietet. MVRDV haben die Oberfläche der Blasen daraufhin mit einem Muster versehen, das an eine chinesische Vase erinnern soll und als Projektionsfläche für Texte genutzt werden kann.
Einer derart lauten Architektur fehlt in Hangzhou jeglicher Bezug. Vielleicht wurde der Standort für das CCAM deshalb in ein Industriegebiet am Stadtrand verlegt, wo laut Masterplan eine „idyllische Landschaft“ rund um den Westlake entsteht. Vielleicht betonte die Ausschreibung deshalb mehrfach, dass das Museum diese „Idylle“ nicht zerstören soll. Und vielleicht wollten MVRDV deshalb auch das Museum ursprünglich aufs Wasser setzen und mit einer Fähre erschließen, was jedoch an den Feuerwehrvorschriften scheiterte. Dennoch: Die über tausend Jahre alte Stadt muss sich, wie viele Städte in China, der Entwicklung anpassen. Das 40-Schnellzugminuten entfernte Shanghai hat Hangzhou längst in eine moderne Metropole verwandelt. Wenn Louis Vuitton und Chanel am Westlake Platz finden, warum nicht auch ein Comicmuseum?
send Besucher zum internationalen Comic-Festival. Es ist der Treffpunkt für die so genannten Post 80s, eine Generation junger Chinesen, die zur größten Konsumentengruppe des Landes gehören, die geboren wurden, als die wirtschaftliche und politische Öffnung ihrer Heimat längst im Gange war. Lange Zeit hat der Staat Comics als subversiv bezeichnet,
heute sind sie offizieller Teil von Chinas Jugendkultur. Jede Schule und Universität hat mindestens einen Comicladen in der Nähe. Comics werden aber nicht nur gelesen, ihre Fans zeichnen auch selbst. Für viele ist dies die einzige künstlerische Betätigung, weil es an den Schulen kaum Kunstunterricht gibt.
Um den Comicfans und Festivalbesuchern endlich auch einen angemessenen Ort zu geben, ist in Hangzhou jetzt ein Comic- und Animationsmuseum geplant. Doch passt das eigentlich zusammen, Comic und Museum? Müsste das geplante Haus nicht viel eher als Kulturzentrum bezeichnet werden? In der Comicwelt geht es vor allem ums Mitmachen und Mitspielen. Deshalb gleicht das Raumprogramm für den Wettbewerb eher dem für ein Erlebniszentrum, wo man Comics sehen, hören und spielen, ja sogar Filme und Games entwickeln kann. Neben Kinosälen, Ausstellungsräumen und einer Bibliothek sind deshalb auch Interaktionszonen angedacht. Zum Wettbewerb waren fünf Büros eingeladen: MVRDV, EMBT, Atelier BOW WOW und die Entwurfsabteilungen der Tongji Universität und der Tsinghua Universität aus Shanghai. In zwei Runden stellten sie der Jury ihre Ideen vor. Diese entschied zugunsten des Vorschlags von MVRDV – eine Ansammlung von weißen, eiförmigen Körpern, die an Sprechblasen in Comics erinnern sollen – aber doch auch Assoziationen zur Pilzfamilie der Boviste weckt.
In der ersten Runde kamen Zweifel auf, ob das ganze Raumprogramm in den kleinen weißen Blasen untergebracht werden könnte, was jedoch nicht zu ermitteln war, weil eine Vorprüfung, wie sie in Deutschland zu Wettbewerbsverfahren gehört, in China nicht selbstverständlich ist. So erklärt sich, dass das Volumen des Entwurfs von MVRDV nach der Überarbeitung gewaltig gewachsen ist. Zugleich hatte sich nach der ersten Runde das Gerüchte verbreitet, dass die Vertreter der Stadt beim Entwurf von MVRDV mehr Farbe wünschten, so wie es der Entwurf von EMBT anbietet. MVRDV haben die Oberfläche der Blasen daraufhin mit einem Muster versehen, das an eine chinesische Vase erinnern soll und als Projektionsfläche für Texte genutzt werden kann.
Einer derart lauten Architektur fehlt in Hangzhou jeglicher Bezug. Vielleicht wurde der Standort für das CCAM deshalb in ein Industriegebiet am Stadtrand verlegt, wo laut Masterplan eine „idyllische Landschaft“ rund um den Westlake entsteht. Vielleicht betonte die Ausschreibung deshalb mehrfach, dass das Museum diese „Idylle“ nicht zerstören soll. Und vielleicht wollten MVRDV deshalb auch das Museum ursprünglich aufs Wasser setzen und mit einer Fähre erschließen, was jedoch an den Feuerwehrvorschriften scheiterte. Dennoch: Die über tausend Jahre alte Stadt muss sich, wie viele Städte in China, der Entwicklung anpassen. Das 40-Schnellzugminuten entfernte Shanghai hat Hangzhou längst in eine moderne Metropole verwandelt. Wenn Louis Vuitton und Chanel am Westlake Platz finden, warum nicht auch ein Comicmuseum?
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