Denkmal ohne Ort
Albanien feiert 100 Jahre Unabhängigkeit
Text: Knoth, Anne, Berlin
Denkmal ohne Ort
Albanien feiert 100 Jahre Unabhängigkeit
Text: Knoth, Anne, Berlin
Es war am 28. November 1912, als in der südalbanischen Hafenstadt Vlora die Gründung des albanischen Staates ausgerufen wurde. Und weil die Unabhängigkeit Albaniens vom osmanischen Reich im November 100 Jahre her sein wird, möchte die albanische Regierung ein Denkmal errichten.
Nicht aber in Vlora, am Ort des Geschehens, dort steht bereits seit Jahrzehnten ein Felsblock mit heroischen Fahnenträgern in Siegerpose, sondern in Tirana. Außerdem soll das Denkmal explizit an den 100. Jahrestag der Unabhängigkeit und nicht an die Unabhängigkeit selbst erinnern – offenbar damit es im Land nicht als Vereinnahmung der Geschichte durch die Hauptstadt verstanden wird.
Wer die Auslobung des entsprechenden internationalen Wettbewerbs gelesen hat, dem mag aber noch eine zweite Besonderheit aufgefallen sein: Für das Denkmal gibt es noch keinen Ort. Dennoch haben 66 Künstler aus Albanien, Italien, Deutschland, Spanien, Island und Kanada Ideen eingereicht. Fünf davon hat eine 9-köpfige internationale Jury ausgewählt und in der National Gallery of Art in Tirana ausstellen lassen, wo dann auch die Bevölkerung über E-Voting abstimmen konnte.
Der Entwurf der beiden in München ansässigen Architekten Visar Obrija, gebürtiger Kosovo-Albaner, und Kai Roman Kiklas erhielt von der Jury und der Bevölkerung die meisten Punkte: eine zweiteilige, mit Baubronze verkleidete Stahlkonstruktion, die an einen in der Diagonale geteilten Quader erinnert und sich, so Obrija und Kiklas, an der Architektur eines traditionellen albanischen Wohn- und Wehrturms, eines Kullas, orientiert. Der erste Körper, mit Decke und auf die Innenseite gravierter Unabhängigkeitserklärung, soll die Unterdrückung symbolisieren. Der Zweite, mit Bodenplatte und graviertem doppelköpfigem Wappenadler, soll das Fundament der Freiheit darstellen. Der Albanische Kulturminister Aldo Bumci sagte auf der Pressekonferenz, er sehe darin ein Symbol für die Öffnung Albaniens, die Befreiung aus der Isolation und die Bewegung in die Zukunft, dessen Form sich an der traditionellen albanischen Architektur orientiere.
Doch kaum war der Siegerentwurf verkündet, traten die Kritiker auf die Bühne. Die Arbeit der Künstler sei durch die kurze Bearbeitungszeit von drei Monaten erschwert worden, mokierte die Künstlervereinigung, die Aufgabe sei in Bezug auf den Jahrestag nicht eindeutig definiert gewesen, meinten die Künstler, und der ehemalige Bürgermeister Tiranas und jetzige Oppositionsführer Edi Rama twitterte über die Unmöglichkeit, einen Denkmalwettbewerb ohne Klarheit über seinen Standort auszuloben. Schließlich wurden die Architekten auch noch mit einem Plagiatsvorwurf konfrontiert. Ihr Vorschlag
sei zu nah an der Arbeit des amerikanischen Bildhauers Richard Serra bzw. des albanischen Malers Fate Velaj.
Die Sache mit dem Standort sehen Visar Obrija und Kai Roman Kiklas unproblematisch. Inzwischen hat die Stadt ihnen drei mögliche Plätze für das Denkmal vorgeschlagen. Entschieden haben sie sich für den Park „Rinia“ gegenüber der National Gallery of Art, weil sie einen neutralen, grünen Hintergrund am besten finden.
Ob ihr Unabhängigkeitsdenkmal in Tirana entstehen wird, darüber entscheidet nun eine vielköpfige Kommission. Eine detaillierte Kostenberechnung liegt vor. Bis November sind noch fünf Monate Zeit.
Sieger Visar Obrija und Kai Roman Kiklas, München
Finalisten Thoma Thomai Dhamo, Albanien; Jörg Plickat, Bredenbek, Deutschland; Pjerin Kolnikaj, Albanien; Blerta Xhomo dhe Ilirjan Shima, Alba-
nien
Wer die Auslobung des entsprechenden internationalen Wettbewerbs gelesen hat, dem mag aber noch eine zweite Besonderheit aufgefallen sein: Für das Denkmal gibt es noch keinen Ort. Dennoch haben 66 Künstler aus Albanien, Italien, Deutschland, Spanien, Island und Kanada Ideen eingereicht. Fünf davon hat eine 9-köpfige internationale Jury ausgewählt und in der National Gallery of Art in Tirana ausstellen lassen, wo dann auch die Bevölkerung über E-Voting abstimmen konnte.
Der Entwurf der beiden in München ansässigen Architekten Visar Obrija, gebürtiger Kosovo-Albaner, und Kai Roman Kiklas erhielt von der Jury und der Bevölkerung die meisten Punkte: eine zweiteilige, mit Baubronze verkleidete Stahlkonstruktion, die an einen in der Diagonale geteilten Quader erinnert und sich, so Obrija und Kiklas, an der Architektur eines traditionellen albanischen Wohn- und Wehrturms, eines Kullas, orientiert. Der erste Körper, mit Decke und auf die Innenseite gravierter Unabhängigkeitserklärung, soll die Unterdrückung symbolisieren. Der Zweite, mit Bodenplatte und graviertem doppelköpfigem Wappenadler, soll das Fundament der Freiheit darstellen. Der Albanische Kulturminister Aldo Bumci sagte auf der Pressekonferenz, er sehe darin ein Symbol für die Öffnung Albaniens, die Befreiung aus der Isolation und die Bewegung in die Zukunft, dessen Form sich an der traditionellen albanischen Architektur orientiere.
Doch kaum war der Siegerentwurf verkündet, traten die Kritiker auf die Bühne. Die Arbeit der Künstler sei durch die kurze Bearbeitungszeit von drei Monaten erschwert worden, mokierte die Künstlervereinigung, die Aufgabe sei in Bezug auf den Jahrestag nicht eindeutig definiert gewesen, meinten die Künstler, und der ehemalige Bürgermeister Tiranas und jetzige Oppositionsführer Edi Rama twitterte über die Unmöglichkeit, einen Denkmalwettbewerb ohne Klarheit über seinen Standort auszuloben. Schließlich wurden die Architekten auch noch mit einem Plagiatsvorwurf konfrontiert. Ihr Vorschlag
sei zu nah an der Arbeit des amerikanischen Bildhauers Richard Serra bzw. des albanischen Malers Fate Velaj.
Die Sache mit dem Standort sehen Visar Obrija und Kai Roman Kiklas unproblematisch. Inzwischen hat die Stadt ihnen drei mögliche Plätze für das Denkmal vorgeschlagen. Entschieden haben sie sich für den Park „Rinia“ gegenüber der National Gallery of Art, weil sie einen neutralen, grünen Hintergrund am besten finden.
Ob ihr Unabhängigkeitsdenkmal in Tirana entstehen wird, darüber entscheidet nun eine vielköpfige Kommission. Eine detaillierte Kostenberechnung liegt vor. Bis November sind noch fünf Monate Zeit.
Sieger Visar Obrija und Kai Roman Kiklas, München
Finalisten Thoma Thomai Dhamo, Albanien; Jörg Plickat, Bredenbek, Deutschland; Pjerin Kolnikaj, Albanien; Blerta Xhomo dhe Ilirjan Shima, Alba-
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