Bauwelt

Der Idealist, der Verführer, der Architekt

Rudy-Ricciotti-Ausstellung in Paris

Text: Kabisch, Wolfgang, Paris

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Rudy Ricciotti im Cité de l’Architecture et du Patrimoine
Gaston Bergeret/Cité de l’Architecture et du Patrimoine

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Rudy Ricciotti im Cité de l’Architecture et du Patrimoine

Gaston Bergeret/Cité de l’Architecture et du Patrimoine


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Die Mitte des Ausstellungssaals nehmen Gussformen und Konstruktionsteile in Originalgröße ein
Gaston Bergeret/Cité de l’Architecture et du Patrimoine

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Die Mitte des Ausstellungssaals nehmen Gussformen und Konstruktionsteile in Originalgröße ein

Gaston Bergeret/Cité de l’Architecture et du Patrimoine


Der Idealist, der Verführer, der Architekt

Rudy-Ricciotti-Ausstellung in Paris

Text: Kabisch, Wolfgang, Paris

„Ricciotti, Architekt“, die Ausstellung mit präg­nant kurzem Titel in der Pariser Cité de l’Architecture et du Patrimoine versucht der spezifischen Gedanken- und Erlebniswelt des 1952 in Algerien geborenen und in Südfrankreich lebenden Architekten Rudy Ricciotti mit einer Dreiteilung gerecht zu werden.
Es ist schon ein Kreuz mit diesen monographischen Architekturausstellungen. Entweder sie führen uns auf hochästhetischen Fotos hochinteressante Gebäudefassaden vor, mit vom Architekten ausgewählten Details. Oder wir bekommen eine endlose Zahl von Skizzen, Plänen und Modellen zu sehen. Oder auch beides zusammen. Selten ist es dagegen möglich, Einblicke in das Universum der Gestalter unserer gebauten Umwelt zu erhalten, das die Basis ihrer Entwürfe darstellt.
Zunächst fallen die Fotos und Pläne auf, die als Großprojektionen über Wände des langen Ausstellungssaales gleiten. Sie zeigen 30 Entwürfe und Realisierungen des Büro Ricciotti, das seinen Sitz in Bandol, in der Nähe von Marseille, hat. Darunter ist auch das Stadion von Vitrolles (1990), ein Monolith aus Beton und das frühe, unübersehbare Zeichen eines radikalen Manieristen. Heute ist es zu einer Ruine verkommen. Wie ein Mahnmal überragt das Stadion das Rhônedelta. Es folgen Bilder von Riccottis Villen, überwiegend im Umfeld seines Lebenszentrums errichtet – ohne das Mittelmeer ist Rudy Ricciotti nicht zu verstehen. Seine frühen Entwürfe sind immer eine bis ins Extreme getriebene Auseinandersetzung mit der mediterranen Landschaft. Er hat bisher kaum im Ausland gebaut, der Nikolaisaal in Potsdam (Bauwelt 35.2000) ist eine von zwei Ausnahmen.
Mit dem Zentrum für Choreographie in Aix-en-Provence, dem Museum Cocteau in Menton, dem MuCEM in Marseille (Bauwelt 15.2013) oder dem fast fertiggestellten Stadion Jean-Bouin in Paris beweist sich Ricciotti als ein Meister filigraner Betonkonstruktionen. Er reizt die Materialeigenschaften seines „beton fibré“ gemeinsam mit den Zulieferfirmen bis an die Grenzen aus.
Dies beschreibt der zweite Teil der Ausstellung. Konstruktionsteile, Gussformen, Materialbeispiele – alle in Originalgröße – nehmen die Mitte des Ausstellungssaals ein. Für das Pariser Rugbystadion ließ Ricciotti 3200 verschiedene Modellteile aus Holz anfertigen, um die Gussformen für den Beton herstellen zu können. In dem aufwendigen Bauprozess sieht der Architekt auch ein Beschäftigungsprogramm für einheimische Fachbetriebe, finanziert durch die öffentliche Hand. Das Genehmigungsverfahren dafür sei ein Albtraum.
Ricciotti, der Idealist, der Pragmatiker, der Romantiker, der Politiker, der Verführer: Davon erzählt Laetitia Masson in ihrem in der Ausstellung gezeigten Film „L’orchidoclaste, Rudy Ricciotti vu par Laettia Masson“ (Frankreich, 2013). Er ist kein einfaches Portrait, sondern eine persönliche Auseinandersetzung, eine Konfrontation mit dem Menschen Ricciotti. Masson gelingt es nicht, tief in sein Universum einzudringen – wie sie abschließend bekennen muss. Die Filmemacherin ist seiner Faszination erlegen, der seiner Person und der seiner Arbeiten. Damit geht es ihr wie den Besuchern der Ausstellung.
Fakten
Architekten Ricciotti, Rudy, Bandol
aus Bauwelt 20.2013
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