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„Die weltweite Ausrichtung von Volkswagen sichert Wolfsburg ab“

Interview mit Roland Stöckigt und Ulrich Sörgel von der Volkswagen Immobilien GmbH

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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„Die weltweite Ausrichtung von Volkswagen sichert Wolfsburg ab“

Interview mit Roland Stöckigt und Ulrich Sörgel von der Volkswagen Immobilien GmbH

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Roland Stöckigt und Ulrich Sörgel über das Wachsen des Autokonzerns, die neue Nachfrage auf dem Wolfsburger Wohnungsmarkt und die Stadtentwicklung mit Turbolader
Herr Stöckigt, Herr Sörgel, neben der Neuland ist die Volkswagen Immobilien AG die zweite große Wohnungsbaugesellschaft in Wolfsburg. Worin unterscheidet sich Ihr Bestand?
Roland Stöckigt | Vor allem in der Beschaffenheit der Standorte. Die Neuland hat den älteren Bestand in der Stadtmitte, wir haben mehr periphere Standorte in guten Lagen.
Aus welcher Zeit stammen Ihre ältesten Wohnungen?
RS | Unsere ersten Bestände sind aus den fünfziger Jahren.
Was ist nötig, um diese Wohnungen attraktiv zu halten?
Ulrich Sörgel | Es geht in der Regel darum, dass wir substantiell sanieren und die Grundrisse verändern: aus zwei Wohnungen wird eine Wohnung, aus zwei gleich großen Wohnungen werden eine kleine und eine große.
Wie hoch ist der finanzielle Aufwand dabei?
US | Das ist genau der Punkt: Je tiefer Sie reingehen, desto dichter kommen Sie an Neubauwerte. Das macht an der ei­nen Stelle Sinn, an der anderen nicht. Zum Beispiel haben wir im Stadtteil Teichbreite ein Hochhaus abgerissen, um sieben neue Häuser zu bauen, die niedriger sind und eine Tiefgarage haben, also für einen Interessentenkreis beschaffen, den wir bislang gar nicht bedienen konnten. Jährlich investieren wir in Modernisierungen und Instandhaltung rund 25 Millionen Euro. Auch bei einer Einzelmodernisierung schauen wir, ob und wie wir die Wohnung umbauen können. So machen wir heute zum Beispiel aus 55 Quadratmeter großen Drei-Zimmer-Wohnungen großzügige Zwei-Zimmer-Wohnungen. Diese sind sehr gefragt.
RS
| Wir haben das Luxusproblem, dass wir durch die hohe Auslastung kaum noch in der Lage sind, Objekte ganzheitlich zu betrachten. Was wir daher vor der Brust haben, ist ein Neubauprogramm.
Wolfsburg zählt täglich rund 70.000 Einpendler – potentielle Einwohner, die aber offenbar bestimmte Qualitäten vermissen, um hier hinzuziehen. Inwieweit können Sie diese im Zuge des Neubauprogramms schaffen?
US | Wer sich eine schöne Altbauwohnung vorstellt, dem werden wir nicht helfen können. Dafür wollen wir in den kommenden Jahren bis zu 500 neue Wohnungen von hoher Qualität realisieren.
Altbauwohnungen haben Eigenschaften, die man zumindest ansatzweise neu schaffen kann: mit Räumen von nutzungsneutraler Größe und ein wenig mehr als 2,50 Meter Deckenhöhe. Ist das kein Thema?
US | Doch, das ist etwas, wo wir rangehen. Wir wollen Qualität bieten in einem Segment, das es heute nicht gibt.
RS
| Der Arbeitsplatzaufbau bei Volkswagen in den letzten Jahren hat sich sehr stark im akademischen Bereich abgespielt. Damit wird auch eine bestimmte Wohnungsqualität nachgefragt, und dafür existiert auch Zahlungsbereitschaft.
Wird ein Stadtvillenprojekt wie das in Teichbreite begrüßt oder gibt es da Vorbehalte in der Nachbarschaft?
US | Jede Veränderung wird erst mal skeptisch gesehen, aber meist wird das Ergebnis akzeptiert und positiv bewertet. Das große Interesse an diesem Projekt merken wir nicht nur daran, wie enorm die Nachfrage ist, sondern auch an den Stimmen, die sagen, das wertet ja unseren gesamten Stadtteil auf.
RS
| Wir haben ähnliche Erfahrungen am Rabenberg gemacht, mit einer ganz anderen Methode. Dort standen vier Wohnhäuser, acht, neun Geschosse hoch, mit beträchtlichem Leerstand, weil das Wohnen im Hochhaus nicht mehr so gewünscht ist. Zusammen mit Studenten der FH Hannover, der HAWK Hildesheim, der TU Braunschweig und der HBK Braunschweig haben wir für jedes Gebäude einen Wettbewerb für die künstlerische Gestaltung der Fassaden durchgeführt. Damit haben wir eine ganz neue Identifizierung der Bewohner mit ihrem Haus erzielt. Leerstand haben wir dort heute nicht mehr. Das hätten wir nicht geschafft, wenn wir die Häuser einfach weiß gestrichen hätten. Da spielt der Unikat-Charakter eine Rolle.
Ein Ansatz, der der Typologie der Siedlungen aus den fünfziger und sechziger Jahren allerdings entgegensteht. Wie groß sind Ihre Freiheiten bei solchen Neugestaltungen? Haben Sie Kontroversen mit dem Denkmalschutz auszuhalten?
RS | Wo Denkmalschutz gilt, ist die Adaption an heutige Wohnwünsche ein Problem. Ich glaube, da müssen wir hier in Wolfsburg noch lernen, flexibler zu sein.
Welche Standorte im Stadtgebiet erfreuen sich heute der größten Nachfrage?
US | Alle innenstadtnahen Lagen und Fallersleben.
RS
| Der Drang ins Zentrum ist aber nicht wolfsburgspezifisch, sondern allerorten festzustellen.
Wo sehen Sie Entwicklungspotenziale der Stadt?
RS | Wir müssen weiterhin Einfamilienhausbau ermöglichen, aber auch Geschosswohnungsbau in größerem Umfang realisieren, weil der dem Konzern am meisten hilft. Wir müssen die versorgen, die neu zu Volkswagen kommen, denn die bauen oder kaufen nicht sofort, sondern wollen erst mal mieten – und finden im Moment kein Angebot.
US
| Mitarbeiter, die neu in den Konzern kommen, müssen damit rechnen, noch mal ins Ausland zu gehen, denn der Konzern wächst auf allen Kontinenten. Das erfordert Flexibi-lität. Deshalb ist der Mietwohnungsneubau ganz wichtig.
RS | Um auf die Entwicklungsschwerpunkte zu kommen: Die Stadt hat in kleinerem Umfang Baufelder, wo noch Verdichtung möglich ist, und ein paar Bereiche, wo es in größerem Umfang Neubau geben wird: Nordsteimke, Steimker Berg und Reislingen-Hellwinkel.
US | Der Wohnungsmarkt in Wolfsburg hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre komplett gedreht. Bis dahin gab es durchaus Leerstände, aber mit dem Wachstum von Volkswagen ist der abgebaut worden – in einem Maße, wie es keiner absehen konnte. Jetzt muss es erst mal eine nachholende Entwicklung von innenstadtnahen Bauflächen geben.
RS | Zumal nicht nur Volkswagen gewachsen ist, sondern auch viele Zulieferer hierher gekommen sind. Wir haben inzwischen über 100.000 Arbeitsplätze in Wolfsburg bei knapp 125.000 Einwohnern. Solange ich in Wolfsburg bin, gab es immer nur Prognosen, dass die Bevölkerung drastisch abnehmen werde. Keine einzige ist eingetreten.
US | Noch vor drei Jahren hat Porsche versucht, Volkswagen zu übernehmen – das wurde hier vor dem sehr ernsten Hintergrund diskutiert, ob sich die Konzernzentrale dann vielleicht in Richtung Stuttgart verlagern könnte. Dann hätte Wolfsburg eine ganz andere Entwicklung genommen – und das sehr drastisch. Dadurch, dass umgekehrt VW Porsche integriert hat, ist hier noch mal eine ganz neue Dynamik entstanden, eine Dynamik, die sich vorher keiner in der Form vorstellen konnte. Aber diesbezüglich ist Wolfsburg sicherlich einzigartig, es gibt wahrscheinlich keine andere Stadt in Deutschland, die so elementar an einem Arbeitgeber hängt.
RS | Es mag sich paradox anhören, aber die weltweite Ausrichtung des Volkswagen-Konzerns sichert Wolfsburg ab, weil wir damit krisenfester werden. Denken wir an die amerikanische Autoindustrie: Detroit ist abgestürzt, weil die dortigen Autohersteller nur lokal aufgestellt waren und dann in die Krise geraten sind. Das wird uns hier nicht passieren.

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