Bauwelt

Gut bedacht

Kulturhistorisches Zentrum Westmünsterland in Vreden

Text: Winterhager, Uta, Bonn

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1.Preis: Bez + Kock
Rendering: Architekten

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1.Preis: Bez + Kock
Zeichnung: Architekten

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Zeichnung: Architekten


Gut bedacht

Kulturhistorisches Zentrum Westmünsterland in Vreden

Text: Winterhager, Uta, Bonn

Die Kleinstadt Vreden im Westmünsterland soll ein Kulturhistorisches Zentrum bekommen. Für die Wettbewerbsteilnehmer bestand die Aufgabe darin, ei­nen über Jahrzehnte gewachsenen Museumskomplex zu überplanen und um Orte für kulturelle Bildung zu erweitern.
Mit der Regionale 2016 ist das nordrheinwestfälische Strukturprogramm in die achte Runde gegangen. Konzentrierten sich Vorgängerinitiativen etwa auf die Region um Köln und Bonn (Bauwelt 38.11) oder auf Südwestfalen (47.12), geht es in diesem Fall um das Westmünsterland. Bis zum Jahr 2016 will die Region „strukturwirksame Projekte und modellhafte Lösungen für die Zukunft des ländlich geprägten Raumes entwickeln und umsetzen“, so steht es auf der Webseite. An 41 Projektideen wird derzeit gearbeitet (siehe auch Bauwelt 16.13), obwohl nicht jede einen privilegierten Zugriff auf die Förderprogramme von NRW wird erhalten können. Das geplante Kulturhistorische Zentrum Westmünsterland in Vreden allerdings dürfte gute Chancen haben. Zumindest wenn man nach dem Wettbewerb urteilt, dessen Siegerentwurf eine gute Wahl war. 
Die Aufgabe für die 20 ausgewählten Teilnehmer des Wettbewerbs, den der Kreis Borken mit der Stadt Vreden und der Regionale 2016 Agentur ausgelobt hatte, war keine gewöhnliche. Als Standort für die institutionelle Neugründung hat man das sanierungsbedürftige Hamaland-Museum in Vreden auserkoren, das mit dem Landeskundlichen Institut in einem über Jahrzehnte gewachsenen Gebäudekomplex sitzt. Diesen Ort, bestehend aus vier zum Teil denkmalgeschützten Bauten (Haus Franke, Armenhaus, Anbau von 1977, Anbau von 1988 sowie ein ehemaliges Jugendheim, das abgerissen werden soll), sollten die Teilnehmer überplanen und für zwei weitere Einrichtungen, das Kreisarchiv Borken und das Archiv der Stadt Vreden, erweitern.
Auch das Programm ist ein neuartiges Konstrukt: Mit dem Kulturhistorischen Zentrum – nicht ganz Museum, nicht ganz Archiv, weder reine Forschungs- noch Ausbildungsstätte – ist eine Anlaufstelle für Schulen und Interessierte geplant, wo die Heimatgeschichte vermittelt und damit „kulturelle Bildung im ländlichen Raum verankert“ wird.
Ende März vergab die Jury (Vorsitz: Bernd Borg­hoff) den 1. Preis an Bez + Kock. Die Architekten greifen die in Vreden typische unregelmäßige giebelständige Bebauung auf und bleiben so im Maßstab der Umgebung, ohne sich darin zu verlieren. Stattdessen bilden sie mit einer umlaufenden Fassade aus Gussglassteinen und hell geschlämmten Recyclingziegeln eine skulpturale Einheit aus Alt und Neu. Mit einem dreigeschossigen Komplex besetzen sie das gesamte Grundstück, ein Säulengang grenzt an den Stadtgraben. Am Gebäudekopf sammelt ein kleiner Vorplatz die Besucher und lenkt sie in das Foyer, wo sich die Sonderausstellungsfläche, Café und Shop befinden. Der Rundgang durch die Dauerausstellung beginnt im Obergeschoss. Auf dem Rückweg werden die beiden so weit wie möglich in ihren Originalzustand zurückgeführten Altbauten Haus Franke und das Armenhaus Teil des Rundgangs. Die weniger frequentierten Bildungsbereiche des Zentrums und die Verwaltung befinden sich im südwestlichen Teil des Gebäudes. Die Jury lobte die „subtile Integration des Neubaus in die Substanz“. Mit den von Bez + Kock geschickt inszenierten Wechselbeziehungen zwischen Innen und Außen, wie zum Beispiel bei den Kolonnaden, kann dies durchaus gelingen, so ihre Einschätzung.
Pool Leber Architekten (2. Preis) fassen den Bestand ebenfalls unter einer Satteldachlandschaft zusammen, dies jedoch weniger rigoros, so dass die  Altbauten im Ensemble mehr Gewicht bekommen. Das Gebäude ist um ein großzügiges Foyer organisiert, das Blick- und Wegebeziehungen in alle Richtungen erlaubt. Schwächen sah die Jury indes bei der Fassadengestaltung. Da Position und Proportion der Öffnungen nur von Blickachsen bestimmt werden, stünden sie der skulpturalen Gesamtwirkung des Entwurfes entgegen.
Die Arge Lüderwaldt Architekten und Raderschall Architekten (3. Preis) verfolgt die Idee einer Museumspassage, die das Kulturhistorische Zentrum in Verlängerung einer Brücke über den Stadtgraben erschließt. Die Altbauten im Osten werden von einer internen Erschließungsspange, die in einen archäologischen Garten mündet, zusammengefasst. Dabei bleiben die einzelnen Gebäude im Komplex innen wie außen deutlich ablesbar. Die Sonder- und Dauerausstellungen befinden sich in einem scharf geschnittenen Kubus westlich der Passage. Dieser Gebäudeteil ist dank seiner gestalterischen Qualitäten sehr präsent, die Jury stellte jedoch infrage, ob das Kulturhistorische Zentrum in dieser Zweiteilung – trotz einheitlicher Ziegelfassade – als Ganzes lesbar sei.
Auf den Wettbewerb soll nun ein Verhandlungsverfahren folgen, in das alle vier Preisträger einbezogen sind. Ende des Jahres soll feststehen, welcher Entwurf für die veranschlagten 10 Mio. Euro baubar ist und welche Förderung durch das Land im Rahmen der Regionale 2016 möglich wird. Im Anschluss wird der Kreistag entscheiden, ob das Kulturhistorische Zentrum gebaut wird.
Wettbewerb nach RAW
1. Preis  Bez + Kock Architekten Generalplaner, Stuttgart; Mitarb.: Piontek, Donn, Hofmann; Sonderfachleute: Dr. Ulrich Hermanns, Ausstellung, Medien, Transfer GmbH; Jörg Röhrich, Renderbar; Boris Degen
2. Preis
Pool Leber Architekten, München; Sonderfachleute: Lydia Specht, Frankfurt a.M.; Prof. Dr. Martin Trautz, Aachen; Lackenbauer Ingenieure, Traunstein
3. Preis
Arge Lüderwaldt Architekten und Raderschall Architekten, Köln; Mitarb.: Enke, Borghetto, Prigge
4. Preis
schulz & schulz architekten, Leipzig, mit Bock.Neuhaus-Partner Architekten-Ingenieure-Consultants, Coesfeld; Mitarb.: Sicking, Heß, Specht
Anerkennung
Heinle, Wischer und Partner, Köln, Markus Kill; Mitarb.: Matzke, Krämer
Anerkennung
schmersahl/biermann/prüßner Planungsgesellschaft, Bad Salzuflen; Mitarb.: Karnath, Kogelnik, Hanke; Sonderfachleute: Oliver Schmitz, Ing.Büro Schmitz, Detmold
Fakten
Architekten Bez + Kock Architekten Generalplaner, Stuttgart; Pool Leber Architekten, München; Lüderwaldt Architekten, Köln; Raderschall Architekten, Köln
aus Bauwelt 17-18.2013
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