Bauwelt

Klassischer Vorhang

Geschäftshausfassade an der Hainspitze in Leipzig

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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1. Rang: Ortner + Ortner Baukunst

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Klassischer Vorhang

Geschäftshausfassade an der Hainspitze in Leipzig

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Auf dem als Hainspitze bekannten Grundstück in der Leipziger Innenstadt ist ein Geschäftshaus geplant. Neun Büros waren zum Wettbewerb geladen. Dabei ging es nur um die Fassade. Wieder einmal.
Den Bau von Geschäftshäusern mit einem Gutachterverfahren für die Fassadengestaltung zu begleiten, von dieser Praxis hört man inzwischen immer häufiger in deutschen Innenstädten. Viele Investoren meiden die vermeintlich aufwendigen und kostenintensiven Wettbewerbe, geht es doch ihrer Meinung nach in erster Linie um einen Baukörper mit maximaler Flächenausnutzung. Doch die Städte, die Wett­bewerbe zwar fordern, aber nicht erzwingen können und oft froh sind, dass Investoren Interesse zeigen, sorgen sich um ihr Erscheinungsbild. Und so einigen sich beide Seiten häufig auf einen Kompromiss: Fassadenwettbewerb mit eingeladenen Teilnehmern.
In Leipzig ist dies eine viel geübte Praxis. Seit Engelbert Lüdke Daldrups Stadtbauratzeit (1995–2005) hat es für die Innenstadt eine ganze Reihe von Fassadenwettbewerben gegeben. So zum Beispiel für das Wohn- und Geschäftshaus Petershof (Behzadi + Partner, Leipzig), für das derzeit auf Eis liegende easy Hotel in der Nikolaistraße (1. Preis Töpfer Bertuleit, Berlin), das Hotel- und Geschäftshaus an der Grimmaischen / Ecke Ritterstraße (1. Preis RKW, Düsseldorf) oder auch das 2011 eröffnete und leider erschreckend banale Service Center der Telekom an der Ostseite des Hauptbahnhofs (CLP Planungsgesellschaft aus Koblenz).
Auch bei dem Geschäftshaus, das ein Konsortium namens Centrum-Gruppe am nordwestlichen Ende der Innenstadt bauen will, gab es nun einen Fassadenwettbewerb – mit einem vielversprechenden Ergebnis. Auf dem Grundstück, das aufgrund seiner Form „Hainspitze“ genannt wird, steht derzeit ein Flachbau aus der Nachkriegszeit, der nun abgerissen wird. Die Hainstraße ist eine der wenigen Straßen in der Innenstadt, die mit ihrer geschlossenen Bebauung das Bild der alten Straßenzüge Leipzigs vermittelt. Hier muss sich das neue Haus einfügen, und es muss auf das Gegenüber reagieren: den Einkaufs- und Wohnkomplex „Höfe am Brühl“ (Bauwelt 45.07, 09.07) mit der wieder angebrachten DDR-Kaufhausfassade aus Aluminium, der im Herbst eröffnen soll.
Für die acht eingeladenen Teilnehmer galt es also, über vier Geschosse fast 190 Meter Fassade zu entwerfen, die mit dem Inneren korrespondiert, und auf die Eingänge, die Anlieferung und das Kon­struktionsraster von 8 x 8 Meter entlang der Großen Fleischergasse (mit lastabtragenden Stützen) und 8,25 x 8,25 m entlang der Hainstraße (stützenfrei, vorgehängt) reagiert. Zugleich sollte sie flexibel für sich ändernde Geschäftszuschnitte sein, Werbeflächen integrieren und natürlich repräsentieren.
Die Empfehlungskommission (Vorsitz: Christoph Achammer) entschied sich für Ortner + Ortner Baukunst und damit für einen fast schon zeitlos wirkenden Vorschlag. Zumindest im Vergleich mit den drei drittplazierten Entwürfen von RKW, Kister Scheithauer Gross und Eike Becker, deren Fassadenbilder eindeutig dem Anfang der 2010er Jahre zuzuordnen sind. Ortner + Ortner Baukunst teilen die Vertikale analog der Nachbarbauten klassisch in Sockel und Attika, bleiben aber abstrakt monolithisch. Dabei bilden sie in beiden Straßen die alten Parzellengrößen ab. Die teils gegenläufig schrägen Steinlaibungen stehen für die Idee eines gefalteten Vorhangs, die ebenfalls schrägen Gläser sollen Sonnenlicht in Richtung der Platzfassade reflektieren. In der Jurybegründung heißt es: „Das Projekt reagiert auf die städtebauliche Herausforderung eines Kopfbauwerks in disziplinierter Klarheit und erfüllt die Anforderung einer flexiblen Handelsimmobilie im weiterführenden Straßenverlauf mit gekonntem Repertoire.“
vollständiges Ergebnis:
Gutachterverfahren zur Gestaltung der Außenfassaden
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                    
1. Rang (20.000 Euro) Ortner + Ortner Baukunst, Berlin | ein 3. Rang RKW Architektur + Städtebau, Düsseldorf | ein 3. Rang KSG Kister Scheithauer Gross, Leipzig | ein 3. Rang Eike Becker, Berlin | Weitere Teilnehmer Vahjen + Partner, Braunschweig | msp archi­tekten, Dortmund | wolterek fitzner architekten, Leipzig | kadawittfeldarchitektur, Aachen
Fakten
Architekten Ortner + Ortner Baukusnt, Berlin; RKW Architektur + Städtebau, Düsseldorf; KSG Kister Scheithauer Gross, Leipzig; Becker, Eike, Berlin
aus Bauwelt 10.2012
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