Bauwelt

Malerei soll Architektur werden

Frank Stella in Wolfsburg

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

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Entwurf für eine Kunsthalle in Dresden, 1991
Rheinisches Bildarchiv Köln

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Entwurf für eine Kunsthalle in Dresden, 1991

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Frank Stella, Bonin Night Heron I, 1976, Acryl auf Aluminium
VG Bild-Kunst, Bonn 2012

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Frank Stella, Bonin Night Heron I, 1976, Acryl auf Aluminium

VG Bild-Kunst, Bonn 2012


Malerei soll Architektur werden

Frank Stella in Wolfsburg

Text: Brosowsky, Bettina Maria, Braunschweig

Dem US-amerikanischen Maler Frank Stella, der in diesem Jahr seinen 75. Geburtstag feiert, widmet das Kunstmuseum Wolfsburg derzeit eine große Retrospektive. Ein Exkurs geht auch auf die Beschäftigung Stellas mit Architekturen ein.
Unter bildenden Künstler gehört es zum guten Ton, multidisziplinär zu arbeiten. Ein Maler betätigt sich gern skulptural, wagt den Aufbruch in den Raum, vielleicht sogar in die funktionserfüllende Fachrichtung der Architektur. Die Hochrenaissance in Italien gebar die prototypischen Universalgenies Leonardo, Raffael und Michelangelo Buonarroti. Und auch im russischen Konstruktivismus wurden grafische Prinzipien von Propagandaplakaten, Fotografien oder Bühnenbildern auf Bauten und urbane Ensembles übertragen. Die Messlatte fürs interdisziplinäre Tun liegt also hoch.

Im Jahr 1991 überraschte Frank Stella das gerade wiedervereinte Deutschland mit dem Entwurf einer Kunsthalle in Dresden. Auftraggeber der Studie war der Unternehmer und Sammler Rolf Hoffmann aus Köln, Standort der ehemalige Herzogin-Garten mit Resten einer Orangerie, eine zwei Hektar große Brache direkt neben dem barocken Zwinger. Nach längerer, heftig geführter Diskussion verschwand Stellas Entwurf, von Kritikern gern als „Napfkuchen“-Bau geschmäht, in der Versenkung – so wie bislang alle architektonischen Ambitionen Stellas.

Man mag zu diesen Formexperimenten stehen wie man will, sie zeugen von einer bewundernswerten Ausdauer und Leidenschaft, sowie dem ernsthaften Bemühen um Realisierbarkeit. Bereits für sein allererstes Architekturstatement im Jahr 1988, eine filigrane Brücke über die Seine in Paris nahe der Nationalbibliothek, versicherte sich Stella der konstruktiven Durcharbeitung von Peter Rice aus dem Büro Ove Arup. Rice brachte dann ab 1990 auch die erste Auftragsarbeit Stellas, eine Ausstellungsgalerie für Alessandro Mendinis Museumsbau in Groningen, in konstruierbare Formen. Asymmetrische, an Pop-Art erinnernde „Blätter“ der Baukontur zerlegte Rice im Grundriss in eine Abfolge von Kreissegmenten, die Tragstruktur des ondulierten Daches wurde zu einem vegetabil anmutenden Aderwerk aus Holzbindern. Nur wenig später machte Frank Gehry dieses Formenvokabular populär, es kam sogar zu einer kurzen Zusammenarbeit zwischen beiden für ein großes Projekt Gehrys in Cleveland, Stella entwarf einen Eingangspavillon. Hier entwickelte er, nach dem „Blatt“ und der „gekurvten Wand“ nun ein drittes Formprinzip: gedrehte und verwirbelte Bänder. Die Inspiration lieferte eine billige Strandkappe aus Rio, deren offene Bandstruktur sich für alle Kopfgrößen eignet. In außenraumtaugliche Klimahüllen ließen sich diese Bandwirbel nun aber bei bestem Willen nicht mehr umsetzen, und auch Stella schien seine Strategie zu ändern. Die Bänder wurden dynamisches Thema in seinen großen installativen Arbeiten, beispielsweise „The Broken Jug. A Comedy (D#3)“ aus gebogenem Bootsbau-Sperrholz von 2007. In jenem Jahr widmete das Metropolitan Museum of Art in New York Stellas Architekturarbeiten erstmals eine Personale. Und hier fand Frank Stella zu einem Hybriden zwischen Skulptur und Architektur. Auf der Dachterrasse errichtete er seinen „Chinese Pavillon“, den knochenzellartigen Hohlkörper aus Polycarbonat, von immerhin zehn Meter Länge. Seit 1992 beschäftigte sich Stella mit der Umsetzung flüchtiger Formen wie Rauchwolken in stereometrisch konstruierte Raumgebilde. In diesem Pavillon gelingt ihm am eindringlichsten seine Absicht umzusetzten, sich in einer räumlich emotionalen Explosion von der flächigen Malerei zu emanzipieren, ohne dass er sich (wider Willen) an den physikalischen und funktionalen Konditionen der Architektur verheben muss. Ein Bronzemodell hiervon ist nun in Wolfsburg neben seinen Museumsentwürfen zu sehen.  

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