Neue Mitte Altona in Hamburg
Gleisfeldersatz
Text: Bartels, Olaf, Hamburg
Neue Mitte Altona in Hamburg
Gleisfeldersatz
Text: Bartels, Olaf, Hamburg
Ein Wettbewerb suchte nach Vorschlägen für ein Stadtquartier, das auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs und des Fernbahnhofs in Hamburg-Altona entstehen soll. Der Erfolg der Entwicklung hängt jedoch vor allem von der Deutschen Bahn ab, die über die Verlegung des Fernbahnhofs noch nicht endgültig entschieden hat.
Es böte sich hier eine große Chance, die bisher durch den Gleisdamm getrennten Stadtteile Altona und Ottensen zu verknüpfen.
Der Fernbahnhof Hamburg-Altona ist sanierungsbedürftig. Die Deutsche Bahn will ihn künftig nur noch als S-Bahnstation betreiben und stattdessen den heutigen S-Bahnhof Diebsteich wenige Kilometer weiter nördlich zum Fernbahnhof ausbauen. Die Gründe: Der Betrieb des Sackbahnhofs in Altona ist kostenaufwendig, und Diebsteich liegt, anders als der Bahnhof Altona, direkt an der Strecke nach Norden. Wird der Bahnhof verlegt, werden in Altona insgesamt 75 Hektar für die städtebauliche Entwicklung frei – eine gewaltige Fläche, auch für Hamburg.
Für den Bereich des seit den 90er Jahren stillgelegten Güterbahnhofs hat die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gemeinsam mit den Eigentümern des Geländes: aurelis, Deutsche Bahn und Holsten-Brauerei nun ein kooperatives Verfahren veranstaltet. Die zehn eingeladenen Teams sollten Konzepte für ein gemischtes Quartier und ein denkmalgerechtes Nutzungkonzept für die alten Bahnhofsgebäude entwickeln und eine abschnittsweise Realisierung nachweisen. Für die übrigen, laut Auslobung „mit erheblichen Unwägbarkeiten belasteten“ Flächen war eine Masterplanung gewünscht. Ein Bürgerforum im Vorfeld der Auslobung hatte den Wunsch nach einem Park und Wohnungen ergeben.
Blöcke im Park
André Poitiers und arbos erfüllten in den Augen der 25-köpfigen Jury (Vorsitz: Christiane Thalgott) die Anforderungen überzeugend. Sie lobte vor allem die Struktur der Wohnblöcke, mit der der Stadtteil Altona-Nord erweitert werden soll, und die um den alten Güterbahnhof, der, saniert und durch Wohnhäuser ergänzt, zum neuen Quartierszentrum avancieren soll. Ein Grünzug durchzieht das ganze Gebiet von Norden nach Süden, darin eingebettet ein Park, um die Attraktivität des Areals besonders auch für Familien zu erhöhen. Für die Bebauung entlang der Präsident-Krahn-Straße, die an die heutigen Fernbahnsteige grenzt, schlägt Portier fünf- bis sechsgeschossige Gebäude vor. Rohdecan und Translocal mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten aus Dresden (2. Preis) sehen hingegen auf dem Gleisfeld des Fernbahnhofs einen Park vor. Albert Speer (3. Preis) kann in seinem hochverdichteten und schematischen Bebauungsvorschlag (u.a. mit einem 13-geschossigen Büroturm direkt am Bahnhof Altona) nur einen schmalen Pfad durchs Grüne anbieten.
Unten Gleise, oben Stadt
Seit der dänische König 1844 die Bahnlinie von Altona nach Kiel angelegt hat, trennen ihre Gleise die ehemals eigenständigen Städte Ottensen (westlich) und Altona (östlich), die heute zum Stadtbezirk Altona gehören. Ein halbes Jahrhundert später wurde der Bahnhof von seinem Standort nahe der Elbuferkante, auf dem heute das Altonaer Rathaus steht, an seinen jetzigen Ort weiter nördlich verlegt. Die daraus entstandene Chance, die beiden Stadtbereiche miteinander zu verflechten, blieb jedoch bis heute ungenutzt. Durch den Gleisdamm kann Altona von dem Entwicklungsboom in Ottensen nicht profitieren.
Der Erfolg einer neuen Mitte im Stadtbezirk Altona steht und fällt mit der Verlegung des Fernbahnhofs und der Überwindung der S-Bahntrassenbarriere. Die Bahn sollte sich zur unterirdischen Verlegung der S-Bahngleise zum Altonaer Bahnhof entschließen und den beiden Stadtteilen Ottensen und Altona so die Chance geben, zusammenzuwachsen. Doch sie scheut, wohl auch mit Blick auf die Stuttgarter Situation, die Kosten einer unterirdischen Gleisführung. Was die Verlegung des Fernbahnhofs Altona betrifft, wird sie voraussichtlich Anfang 2011 eine Entscheidung fällen.
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