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Neuer Standort, neuer Turm

Die Friedensglocke in Frankfurt/Oder

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

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Foto: Ulrich Brinkmann

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Neuer Standort, neuer Turm

Die Friedensglocke in Frankfurt/Oder

Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin

Donnerstag, 1. September, punkt 12 Uhr mittags. In der polnischen Grenzstadt Slubice heulen die Sirenen. Als sie verstummen, greift auf dem Frankfurter Oderufer Glockenbauer Horst Bittner zum Seil und beginnt, die Friedensglocke zu läuten.
Dieses „Call and Response“-Spiel von Sirenen und Glocke über den Fluss hinweg ist nichts Ungewöhnliches für die Bürger der beiden Städte – seit 1953 wird auf diese Weise des Überfalls der Wehrmacht auf Polen im Spätsommer 1939 gedacht. Neu aber ist der Ort, an dem die knapp drei Tonnen schwere Glocke in diesem Jahr erklingt, und neu ist auch ihre Aufhängung: Da der angestammte Standort in der Sichtachse der Bischofsstraße bebaut werden soll, entstand ein neuer Glockenturm direkt am Oderufer, sichtbar auch von der polnischen Seite.
Den 2002 dafür durchgeführten Architekturwettbewerb hatte das Berliner Büro Gruber & Popp gewonnen (Bauwelt 33.2002). Dass es neun Jahre brauchte, um den Glockenturm zu realisieren, lag an der zwischenzeitlich unsicheren Finanzierung. Die Idee einer quer zum Fließen der Oder schwingenden Glocke, die wie in einem Bilderrahmen hängt, hat sich über die Jahre erhalten, nicht aber die ursprüngliche Konstruktion eines mit mehreren Glasschichten ausgefachten Stahlrahmens – das durch verschiedene Bruchunfälle verdächtig gewordene Material hätte zu viele Auflagen erfüllen müssen, um konstruktiv eingesetzt werden zu können. Ausgeführt wurde der Turm daher in spiegelndem Edelstahl, den der Schlosser von Jeff Koons ohne sichtbare Schweißnähte zu fertigen wusste. Die Schau des US-amerikanischen Künstlers in der Berliner Neuen Nationalgalerie hatte die Architekten 2008 zu dieser Lösung anregte. Die schlanke Dimensionierung des Edelstahlrahmens ist der gekröpften Aufhängung der Glocke zu verdanken, welche die aus der Schwingung resultierenden Kräfte mindert. Die größte Besonderheit aber ist unsichtbar: Der Turm ruht auf einem Betontisch mit einer Platte von vier mal vier Metern Größe und einem Meter Dicke, die auf 30 Meter hohen Tischbeinen tief im Erdreich steht.
Fakten
Architekten Gruber & Popp, Berlin
aus Bauwelt 36.2011
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