Bauwelt

Nicht nur Weiß auf Weiß

Kasimir-Malewitsch-Retrospektive in der Bundeskunst­halle in Bonn

Text: Winterhager, Uta, Bonn

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    Kasimir Malewitsch "Suprematistisches Gemälde"
    1915
 Öl auf Leinwand 
Stedelijk Museum Amsterdam

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    Kasimir Malewitsch "Suprematistisches Gemälde"

    1915
 Öl auf Leinwand 
Stedelijk Museum Amsterdam

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Ausstellungsansicht mit den Architektona
© Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

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Ausstellungsansicht mit den Architektona

© Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland


Nicht nur Weiß auf Weiß

Kasimir-Malewitsch-Retrospektive in der Bundeskunst­halle in Bonn

Text: Winterhager, Uta, Bonn

„Das Quadrat ist nicht das Bild. So wie der Schalter und der Stecker auch nicht der Strom sind“, schreibt Kasimir Malewitsch 1927. Da hat er schon alles ausprobiert: Impressionismus, Symbolismus, Fauvismus, Kubismus, Futurismus, alle Stilrichtungen der Moderne hat er zugelassen und sich darin versucht.
Aufsehen hat der Russe Malewitsch (1879–1935) auch im Westen mit seiner suprematistischen Malerei erregt, bei der er zur Darstellung des Geistigen auf die Abbildung des Sichtbaren verzichtete – Höhepunkt 1915: ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund.
Die zurzeit in der Bundeskunsthalle gezeigte Retrospektive war schon im Stedelijk Museum in Amsterdam zu sehen und wird weiter in die Tate Modern nach London reisen. Doch jedes Museum kuratiert seine Schau selbst und kann, wie Kuratorin Agnieszka Lulinska in Bonn, eigene Schwerpunkte setzen. Viele internationale Leihgeber wurden für die Ausstellung gewonnen; zum ersten Mal zusammen­geführt sind Teile der Sammlungen von Nikolai Chardschijew und George Costakis – zwei mutige Pioniere, die die russischen Avantgarde schon sammelten, als die abstrakte Kunst in der Sowjetunion noch verboten war.
Das Selbstporträt in zwei Dimensionen (1915), das einen solch hohen Abstraktionsgrad aufweist, dass es auch kopfüber hängen kann, eröffnet die Ausstellung. Es schwebt, einem Manifest gleich, säulengerahmt in einer der kreisrunden Nischen des Peichel-Baus. Der anschließende Rundgang durch dreizehn Räume und zweieinhalb Jahrzehnte künst­lerischen Schaffens (von 1908 bis 1933) zeigt Ma­lewitschs Werk in chronologischer Folge – und endet dort, wo er einst begonnen hat, bei der figürlichen Darstellung, dem Porträt. Über 300 Gemälde, Zeichnungen, Kostümentwürfe, Architekturmodelle und Alltagsgegenstände laden ein, Malewitsch auf dem Weg von der Figuration zur Abstraktion zu folgen, der ihn um 1917 in eine schöpferische Sackgasse führte. Nach seinen Weiß-auf-Weiß-Kompositionen konnte nichts mehr kommen, so dass er nach einem Jahrzehnt, in dem er lehrte und nicht malte, noch einmal bei der figürlichen Malerei begann.
Malewitschs Arbeiten aller Phasen sind punktuell die seiner Zeitgenossen, darunter El Lissitzky und Olga Rosanowa, gegenübergestellt, die er als Theoretiker wie auch als Künstler beeinflusst hat. Überraschend, aber durchaus schlüssig sind die deutlichen Bezüge in der Anordnung der geometrischen Formen und der Farbsymbolik der suprematistischen Kompositionen zu den drei altrussischen Ikonen, die von den Staatlichen Russischen Museen St. Petersburg geliehen wurden. Die Ausstellungsarchitektur des Niederländers Marcel Schmalgemeijer unterstützt die unaufdringliche Ausstellungsdidaktik. Starkfarbige, dunkle Wände und weißer Hintergrund im Wechsel erden die figürlichen Darstellungen oder scheinen sich hinter den abstrakten aufzulösen.
In Raum 8 sind Skizzen und Gipsmodelle von Malewitschs Architektona zu sehem, räumliche Kon­struktionen wie Hochhauskomplexe, die ohne Maßstab und Funktion erdacht wurden. Denn als Konsequenz der suprematistischen Malerei suchte Kasimir Malewitsch auch in der suprematistischen Architektur allein die reine Form ohne praktischen Zweck. Manche seiner Architektona nannte er Planiten, sie sollten künftigen Erdbewohnern als Behausung dienen. Wenn auch technisch unmöglich, inspirierten sie zahllose Architekten und Künstler, als Malewitsch selbst längst wieder porträtierte.

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