Raumkapsel wird Werkzeug
Text: Landes, Josepha, Dresden
Raumkapsel wird Werkzeug
Text: Landes, Josepha, Dresden
Im Begleitprogramm der Manifesta 9 in Belgien war die Verbandkammer von Magnus Nilsson und Ralf Pflugfelder im letzten Jahr als zusammenhängendes Raumobjekt ausgestellt. Mittlerweile „verselbstständigen“ sich ihre Bestandteile und werden zu Nutzobjekten in den Arbeitsräumen des Kunstzentrums FLACC in Genk.
Aus einem Raummöbel sind Möbel geworden. Die „Verbandkammer“ vom Architekturbüro Nilsson Pflugfelder aus Berlin war von Juni bis September 2012 im Rahmen der Manifesta 9, der europäischen Biennale für zeitgenössische Kunst, im belgischen Genk zu sehen und zu erleben. Seit Ende des Kunstereignisses verwandelt sich das Projekt. Sein zweites Leben ist gekennzeichnet durch eine Umkehr der Beziehung zwischen Raum und Objekt: Während der Ausstellung verharrte die Verbandkammer, in Farbe und Form einem Kohlebrocken nachempfunden, zwischen den Stützen eines niedrigen, ungünstig weiten Raumes. Eine kompakte Kapsel, schien sie ein nur kurz gelandetes UFO.
Von der ihr innewohnenden Kraft zum Bersten gebracht, beginnt sie ein neues, dienendes Leben. Ihre sechs schon im Entwurf vorgesehenen Teile kleiden seit Oktober drei Räume im Obergeschoss des Casino Modern, eine Etage über der Manifesta-Ausstellungsfläche. Das Casino, ein ehemaliges Gesellschaftshaus für höhere Angestellte des Minenwesens, ist heute Sitz des Flandrischen Kunstzentrums FLACC.
Da die Manifesta in einer stillgelegten Kohlemine von Genk nahe dem Kulturhaus stattfand, überlegte das vierköpfige FLACC-Team, wie sich die Einrichtung im Begleitprogramm präsentieren könnte. Der Manifesta 8-Beitrag von Magnus Nilsson und Ralf Pflugfelder, 2010 als nOffice mit Markus Miessen firmierend, war allen noch gut in Erinnerung. Das ließ die Idee aufkommen, Nilsson Pflugfelder würden eine ansprechende Form finden, um dem Festivalpublikum die Arbeitsweise von FLACC zu erklären. Themen der Verbandkammer war von Anfang an das Archivieren und das Dokumentieren. Und sie war von Anfang an auch FLACC. Da das FLACC sehr eng mit der Region verknüpft ist, war die Verbandkammer eben auch Genk: nicht mehr Kohlestandort, noch Ford-Standord und im Rückblick einer der Austragungsorte einer Manifesta, die sich prophetisch-sarkastisch mit der post-industriellen Moderne befasste – zu einer Zeit, da die Autoindustrie vor Ort noch sichere 10.000 Arbeitsplätze bot. Erst im Oktober 2012 wurde bekannt, dass das Fordwerk Genk geschlossen werden wrüde.
Mehr als die Summe der einzelnen Teile
Mit einem Holzrahmenwerk aus elf und einer Beplankung aus zehn Typen puzzelten Nilsson Pflugfelder ein Miniatur-FLACC. Der von der flandrischen Regierung finanzierte „Workplace for Visual Artists“ bietet bildenden Künstlern Raum, Arbeitsmaterial, fachliche Unterstützung und Unterkunft, um ihre Projekte umzusetzen. Elemente der Einrichtung, die den Künstlern hier beim Arbeiten helfen, sind mit jeweils einem der sechs Segmente abgebildet: Team, Büro, Arbeitsplatz, Archiv, Erholung, Diskussion. Die Verbandkammer der Manifesta verdichtete diese Funktionen für Ausstellungszwecke in einem Objekt. Die Architekten bedienten sich der Kohle dabei nicht nur als Formgeber. Sie zogen auch Parallelen zwischen deren Entstehung und der Funktion eines Archivs. Wie Kohle entsteht auch ein Archiv durch Kompression – von Informationen.
Archiv wird Produktionsstätte
In der explodierten Verbandkammer sind die Informationen gelockert und in Bewegung geraten – die Sammlungen der Vergangenheit werden für die künstlerische Produktion nutzbar. Die Verbandteile stehen als Regale im Raum oder sind als solche an die Wände des Büros der FLACC-Mitarbeiter und eines Ateliers geschraubt. Die Wände eines anderen Arbeitsraums überziehen sie komplett, schaffen Nischen und Höhlen im Raum und lassen lediglich dessen Mitte frei.
Noch sind die Teile zu jung, als dass sie wie selbstverständlich genutzt würden. Auch offenbaren konstruktive Details einige Schwierigkeit bei der Umsetzung der abstrakten Idee; Fixierschrauben etwa oder Verbindungshölzer, wo Teile ohne Rahmenstoß einander stützen. Aber bereits der Zwischenzustand zeigt: Das Rahmenwerk steht. Die Füllelemente können in dieser Struktur den sich ändernden Anforderungen genügen und um neue Teile ergänzt werden. FLACC hat die Freiheit, die Verbandkammer für deren zweites Leben nach Belieben zu „hacken“. Das Archiv ist ein Rahmenwerk für Ideen, die einander inspirieren.
Von der ihr innewohnenden Kraft zum Bersten gebracht, beginnt sie ein neues, dienendes Leben. Ihre sechs schon im Entwurf vorgesehenen Teile kleiden seit Oktober drei Räume im Obergeschoss des Casino Modern, eine Etage über der Manifesta-Ausstellungsfläche. Das Casino, ein ehemaliges Gesellschaftshaus für höhere Angestellte des Minenwesens, ist heute Sitz des Flandrischen Kunstzentrums FLACC.
Da die Manifesta in einer stillgelegten Kohlemine von Genk nahe dem Kulturhaus stattfand, überlegte das vierköpfige FLACC-Team, wie sich die Einrichtung im Begleitprogramm präsentieren könnte. Der Manifesta 8-Beitrag von Magnus Nilsson und Ralf Pflugfelder, 2010 als nOffice mit Markus Miessen firmierend, war allen noch gut in Erinnerung. Das ließ die Idee aufkommen, Nilsson Pflugfelder würden eine ansprechende Form finden, um dem Festivalpublikum die Arbeitsweise von FLACC zu erklären. Themen der Verbandkammer war von Anfang an das Archivieren und das Dokumentieren. Und sie war von Anfang an auch FLACC. Da das FLACC sehr eng mit der Region verknüpft ist, war die Verbandkammer eben auch Genk: nicht mehr Kohlestandort, noch Ford-Standord und im Rückblick einer der Austragungsorte einer Manifesta, die sich prophetisch-sarkastisch mit der post-industriellen Moderne befasste – zu einer Zeit, da die Autoindustrie vor Ort noch sichere 10.000 Arbeitsplätze bot. Erst im Oktober 2012 wurde bekannt, dass das Fordwerk Genk geschlossen werden wrüde.
Mehr als die Summe der einzelnen Teile
Mit einem Holzrahmenwerk aus elf und einer Beplankung aus zehn Typen puzzelten Nilsson Pflugfelder ein Miniatur-FLACC. Der von der flandrischen Regierung finanzierte „Workplace for Visual Artists“ bietet bildenden Künstlern Raum, Arbeitsmaterial, fachliche Unterstützung und Unterkunft, um ihre Projekte umzusetzen. Elemente der Einrichtung, die den Künstlern hier beim Arbeiten helfen, sind mit jeweils einem der sechs Segmente abgebildet: Team, Büro, Arbeitsplatz, Archiv, Erholung, Diskussion. Die Verbandkammer der Manifesta verdichtete diese Funktionen für Ausstellungszwecke in einem Objekt. Die Architekten bedienten sich der Kohle dabei nicht nur als Formgeber. Sie zogen auch Parallelen zwischen deren Entstehung und der Funktion eines Archivs. Wie Kohle entsteht auch ein Archiv durch Kompression – von Informationen.
Archiv wird Produktionsstätte
In der explodierten Verbandkammer sind die Informationen gelockert und in Bewegung geraten – die Sammlungen der Vergangenheit werden für die künstlerische Produktion nutzbar. Die Verbandteile stehen als Regale im Raum oder sind als solche an die Wände des Büros der FLACC-Mitarbeiter und eines Ateliers geschraubt. Die Wände eines anderen Arbeitsraums überziehen sie komplett, schaffen Nischen und Höhlen im Raum und lassen lediglich dessen Mitte frei.
Noch sind die Teile zu jung, als dass sie wie selbstverständlich genutzt würden. Auch offenbaren konstruktive Details einige Schwierigkeit bei der Umsetzung der abstrakten Idee; Fixierschrauben etwa oder Verbindungshölzer, wo Teile ohne Rahmenstoß einander stützen. Aber bereits der Zwischenzustand zeigt: Das Rahmenwerk steht. Die Füllelemente können in dieser Struktur den sich ändernden Anforderungen genügen und um neue Teile ergänzt werden. FLACC hat die Freiheit, die Verbandkammer für deren zweites Leben nach Belieben zu „hacken“. Das Archiv ist ein Rahmenwerk für Ideen, die einander inspirieren.
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