The Hepworth Wakefield und Turner Contemporary
Text: Gust, Kerstin, Berlin
The Hepworth Wakefield und Turner Contemporary
Text: Gust, Kerstin, Berlin
Abseits der Metropolen wurden jüngst zwei neue Ausstellungsgebäude für zeitgenössische Kunst nach den Plänen von David Chipperfield Architects eröffnet: eine Synopse.
Das Museum „The Hepworth Wakefield“ und die Galerie „Turner Contemporary“ wurden vom selben Architekturbüro geplant und fast zeitgleich eröffnet, eine Gegenüberstellung liegt also nah. Als Typus unterscheiden sich Galerie und Museum sowohl durch ihre Raumprogramme als auch durch ihre Entwicklungsgeschichte. Angeregt durch die Erfahrung mit zeitlich begrenzten Präsentationen, die man im 19. Jahrhundert im Zuge der Weltausstellungen gesammelt hatte, entstand im 20. Jahrhundert der Typus der Leihausstellung. Die Präsentation thematischer Ausstellungen beschränkte sich nicht länger auf die eigenen Sammlungsbestände und verließ den musealen Kontext. In der konsequenten Fortsetzung dieses Gedankens entwickelte die Guggenheim Foundation ab den 80er Jahren einen eigenen institutionellen Typus – das Franchise-Museum. Mit den Sammlungsbeständen eines Museums wurden unterschiedliche Ausstellungsstandorte bespielt, die sich zwar nach wie vor Museum nannten, die Charakteristika eines Museums jedoch nur noch teilweise erfüllten.
In Margate gewann David Chipperfield 2006 den Wettbewerb für die Galerie, nachdem ein spektakuläres Projekt der Norweger Snøhetta 2001 wegen der zu kostspieligen Konstruktion fallen gelassen worden war. Ein verlorenes Jahrzehnt, könnte man meinen, denn seither ist die Stadt Margate noch stärker in die wirtschaftliche Krise geraten. Auch in Wakefield, wo Chipperfield 2003 den Wettbewerb gewann, hat das Museum bislang noch keine Entwicklung im ehemaligen Hafenquartier angestoßen, auch hier herrscht großflächiger Leerstand. Es kommen Zweifel auf, ob der oft zitierte Bilbao-Effekt tatsächlich jeder Stadt die Rettung bringen kann.
Mit dem Museum „The Hepworth Wakefield“ in West Yorkshire und der Galerie „Turner Contemporary“ an der Küste von Kent sind zwei wegweisende Ausstellungsgebäude für zeitgenössische Kunst entstanden, die sorgfältig aus dem Kontext ihrer Umgebung heraus entwickelt sind. Mit den beiden Gebäuden werden öffentliche Orte geschaffen, die authentische Zeichen für den Transformationsprozess des jeweiligen Stadtquartiers setzen sollen. Zu allererst sind es jedoch Bauten von großer Klarheit und Schönheit, mit denen Leben und Werk von Hepworth und Turner verknüpft sind.
The Hepworth Wakefield
Eine umfangreiche Schenkung der Familie Hepworth an die Wakefield Art Gallery in Yorkshire war der Anlass für den Bau des mit 5200 Quadratmetern größten Sammlungsmuseums, das in den letzten 50 Jahren in Großbritannien entstanden ist. Es ist der Bildhauerin Barbara Hepworth (1903–1975) gewidmet, die in Wakefield geboren wurde und dort aufgewachsen ist. Das Museum steht auf einer Landzunge am Ufer des Flusses Calder, mitten im historischen Hafenareal, und ist Teil eines innerstädtischen Entwicklungsgebiets, dessen Masterplan von den Architekten Faulkner Browns entwickelt wurde. Das Museum ist der Kopfbau und markiert den Eingang in das neue städtische Quartier, das von alten Lagerhäusern und Mühlengebäuden entlang des Flussufers gesäumt ist. Ursprünglich war das Gebiet ein Produktionsstandort der Bekleidungsindustrie und der Getreideverarbeitung, der für die Bevölkerung nicht zugänglich war. Eine neue Fußgängerbrücke der In-
genieure Ramboll UK erschließt nun das Quartier, verbindet es mit der Innenstadt und führt direkt zum Haupteingang des Museums.
Der kantige und kompakte zweigeschossige Bau besteht aus zehn unterschiedlich großen prismatischen Volumen. In zahlreichen Modellstudien entwickelten die Architekten die einzelnen Gebäudeteile als eigenständige Baukörper, die mit Vor- und Rücksprüngen in der Fassade und unterschiedlichen Höhen und Neigungswinkeln der Dächer eine lebendige Landschaft formen, die das Museum von allen Seiten erlebbar macht. Die scharf konturierten Gebäudekanten und die Anordnung des Baukörpers im Fluss sind ein Rückgriff auf die charakteristische Gestaltung der umliegenden historischen Industriegebäude. Die Fassaden und Dachflächen des Museums sind in einer einheitlichen Betonqualität ausgeführt, so dass sich die monolithische Wirkung des Gebäudes verstärkt. Die bis zum Boden reichenden Fenster eröffnen Blicke auf die raue Flusslandschaft und die umliegenden Gebäude. Zugleich kann man durch sie schon von Ferne die Skulpturen im Inneren erahnen.
Turner Contemporary
Auch die Kunstgalerie Turner Contemporary spielt eine Schlüsselrolle bei der Revitalisierung eines Stadtquartiers – der Altstadt von Margate. Vom Bahnhof und vom Strand aus weithin sichtbar, formt die Silhouette des Gebäudes einen Blickpunkt am Horizont. Nach langen Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs wird damit ein Wandel markiert, denn die einst pulsierenden Seebäder entlang der Nordküste von Kent mussten einen starken Rückgang der Besucher und sinkende Investitionen hinnehmen. Margate war besonders stark betroffen. Mit der Rückbesinnung auf die 300-jährige Geschichte des Seebades und sein kulturelles Erbe wurde ein entscheidender Schritt für die städtische Entwicklung getan.
Sechs gleichförmige, gegeneinander verschobene, kristalline Volumen formen das zweigeschossige, 3100 Quadratmeter gro-ße Galeriegebäude, das entlang der Seeseite angeordnet und an zwei Seiten vom Wasser begrenzt ist. Die skulpturale Präsenz des Gebäudes unterstreicht die Besonderheit dieses Ortes, der buchstäblich zwischen Land und Wasser gelegen ist. An dem Standort befand sich einst das Gästehaus, in dem Joseph Mallord William Turner (1775–1851) bei seinen Aufenthalten in Margate übernachtete. Das Droit House, ein ehemaliges Zollhaus, flankiert das Gebäude im Westen, im Osten liegt eine Station für Rettungsboote, die bei Flut direkt von der Kaianlage vor der Galerie in See stechen. Ein hoher Betonsockel schützt das Gebäude vor dem Wasser. Die weiße Gebäudehülle aus opakem, geätztem Glas ist so ausgebildet, dass sie der hohen Luftfeuchtigkeit, dem starkem Wind und der mit Wucht auftreffenden Gischt standhält. Die markanten Schrägdächer fügen sich in die Dachlandschaft der historischen Altstadt ein und leiten zu deren kleinteiliger Bebauung über. Schwellenängste sollen gar nicht erst aufkommen: Durch die großformatigen Fensterflächen auf der Südseite des Gebäudes kann man ungehindert in die Galerie sehen. Die Besucher betrachten Kunst immer auch mit einem Blick auf die See und den Horizont, die Stadt und die Hafenanlage.
Das Museum als Learning Center
The Hepworth Wakefield ist ein gelungenes Beispiel für den Wandel des zeitgenössischen Museums. Mit speziell entwickelten Programmen und Formaten wenden diese sich an Besucher aller Altersgruppen, um durch Wissensvermittlung Nähe zur Kunst zu schaffen und Distanz zum Werk abzubauen. Mit dem Learning Center, gut ausgestatteten Räumen für unterschiedliche Gruppengrößen, sind Lern- und Arbeitsorte im Museum entstanden, die sich dieser Vermittlungsarbeit widmen. In Wakefield ist das Learning Center zentral im Erdgeschoss untergebracht, in dem sich auch der Shop, die Cafeteria und ein Auditorium sowie die Büros, das Lager für die Sammlungsbestände, ein Archiv und eine geschlossene Ladezone für die Kunstanlieferung befindet. Das Obergeschoss ist der Kunst vorbehalten.
Bei der Turner Contemporary wird die klare Trennung zwischen der Ausstellungsebene und dem öffentlichen Bereich aufgehoben. Im Erdgeschoss befindet sich die weitläufige Eingangshalle mit Museumsshop, die Cafeteria und ein Veranstaltungsraum mit einem Balkon zur Seeseite – alle drei können unabhängig von den Ausstellungsräumen im Obergeschoss betrieben werden. Ein zweigeschossiger Galerieraum, eine Art Schaufenster mit Meerblick, bringt die Kunst in den Eingangsbereich und verbindet den öffentlichen Bereich mit der Ausstellungsebene. Dort befindet sich auch das Learning Center, so dass ein Dialog zwischen Kunst und Kunstvermittlung möglich wird.
Das Licht als Leinwand für die Kunst
Im Hepworth Wakefield sind die Raumsequenzen der Ausstellungsebene als fließender und vielgestaltiger Rundgang konzipiert, der die zehn Galerieräume untereinander verbindet. Im Inneren der Ausstellungsräume ist die ungewöhnliche Morphologie des Gebäudes ablesbar. Die Decken nehmen die Neigung der Dächer auf, Wände treffen in verschiedenen Winkeln aufeinander, die Räume sind unterschiedlich groß. Natürliches Licht und die individuelle Beleuchtung der Ausstellungsräume, die konservatorischen Anforderungen genügt, waren ein besonderes Anliegen der Planung. Gemeinsam mit Spezialisten von Arup wurde ein Oberlicht-System entwickelt. Am höchsten Punkt der Ausstellungsräume laufen Lichtschlitze, durch die Tageslicht einfällt, über die gesamte Breite der Decke. Die verschiedenen Neigungswinkel der Decken wurden auf optimalen Lichteinfall hin berechnet. Das ausgefeilte Spiel mit wechselnden Lichtatmosphären macht die besondere Qualität der Ausstellungsräume aus, die, zurückhaltend und neutral, der Kunst einen Rahmen geben.
Bei der Turner Contemporary erweckt die Klarheit und Leichtigkeit der introvertierten Galerieräume eher den Eindruck von Künstlerateliers. Auch sie sind zu einem Rundgang zusammengefasst. Das gesamte Obergeschoss ist klimatisiert und entspricht hohen konservatorischen Standards, da mit den Turner-Gemälden auch alte Kunst gezeigt wird. Die Brandungsgeräusche der See und der Wind sind im Inneren nicht zu hören, die Räume führen direkt zur Kunst. Die Fenster auf der Nordseite werden durch nach Süden orientierte Membran-Oberlichter ergänzt. Das einfallende Licht erzeugt eine warme Atmosphäre, die selbst dann noch spürbar ist, wenn die Räu-me abgedunkelt sind. Für William Turner zählten „der Himmel über Thanet (Anm.: der nördlichste Zipfel Kents) zu den lieblichsten in ganz Europa“. Der zweigeschossige Galerieraum im Obergeschoss wird zu einem Balkon mit Blick auf den Himmel und die See. Eine überhöhte Brüstung im Inneren überblendet die Kaianlagen vor der Galerie, so dass die Besucher nur die Horizontlinie und die Bewegung der Wellen sehen. Es dauert einen Augenblick bis man versteht, dass mit der Turner Contemporary nicht nur das Werk Turners in ei-nen neuen Kontext gestellt wird, sondern das Gebäude selbst das einzigartige Licht und die Seelandschaft, die den Maler inspirierten, neu inszeniert und interpretiert.
In Margate gewann David Chipperfield 2006 den Wettbewerb für die Galerie, nachdem ein spektakuläres Projekt der Norweger Snøhetta 2001 wegen der zu kostspieligen Konstruktion fallen gelassen worden war. Ein verlorenes Jahrzehnt, könnte man meinen, denn seither ist die Stadt Margate noch stärker in die wirtschaftliche Krise geraten. Auch in Wakefield, wo Chipperfield 2003 den Wettbewerb gewann, hat das Museum bislang noch keine Entwicklung im ehemaligen Hafenquartier angestoßen, auch hier herrscht großflächiger Leerstand. Es kommen Zweifel auf, ob der oft zitierte Bilbao-Effekt tatsächlich jeder Stadt die Rettung bringen kann.
Mit dem Museum „The Hepworth Wakefield“ in West Yorkshire und der Galerie „Turner Contemporary“ an der Küste von Kent sind zwei wegweisende Ausstellungsgebäude für zeitgenössische Kunst entstanden, die sorgfältig aus dem Kontext ihrer Umgebung heraus entwickelt sind. Mit den beiden Gebäuden werden öffentliche Orte geschaffen, die authentische Zeichen für den Transformationsprozess des jeweiligen Stadtquartiers setzen sollen. Zu allererst sind es jedoch Bauten von großer Klarheit und Schönheit, mit denen Leben und Werk von Hepworth und Turner verknüpft sind.
The Hepworth Wakefield
Eine umfangreiche Schenkung der Familie Hepworth an die Wakefield Art Gallery in Yorkshire war der Anlass für den Bau des mit 5200 Quadratmetern größten Sammlungsmuseums, das in den letzten 50 Jahren in Großbritannien entstanden ist. Es ist der Bildhauerin Barbara Hepworth (1903–1975) gewidmet, die in Wakefield geboren wurde und dort aufgewachsen ist. Das Museum steht auf einer Landzunge am Ufer des Flusses Calder, mitten im historischen Hafenareal, und ist Teil eines innerstädtischen Entwicklungsgebiets, dessen Masterplan von den Architekten Faulkner Browns entwickelt wurde. Das Museum ist der Kopfbau und markiert den Eingang in das neue städtische Quartier, das von alten Lagerhäusern und Mühlengebäuden entlang des Flussufers gesäumt ist. Ursprünglich war das Gebiet ein Produktionsstandort der Bekleidungsindustrie und der Getreideverarbeitung, der für die Bevölkerung nicht zugänglich war. Eine neue Fußgängerbrücke der In-
genieure Ramboll UK erschließt nun das Quartier, verbindet es mit der Innenstadt und führt direkt zum Haupteingang des Museums.
Der kantige und kompakte zweigeschossige Bau besteht aus zehn unterschiedlich großen prismatischen Volumen. In zahlreichen Modellstudien entwickelten die Architekten die einzelnen Gebäudeteile als eigenständige Baukörper, die mit Vor- und Rücksprüngen in der Fassade und unterschiedlichen Höhen und Neigungswinkeln der Dächer eine lebendige Landschaft formen, die das Museum von allen Seiten erlebbar macht. Die scharf konturierten Gebäudekanten und die Anordnung des Baukörpers im Fluss sind ein Rückgriff auf die charakteristische Gestaltung der umliegenden historischen Industriegebäude. Die Fassaden und Dachflächen des Museums sind in einer einheitlichen Betonqualität ausgeführt, so dass sich die monolithische Wirkung des Gebäudes verstärkt. Die bis zum Boden reichenden Fenster eröffnen Blicke auf die raue Flusslandschaft und die umliegenden Gebäude. Zugleich kann man durch sie schon von Ferne die Skulpturen im Inneren erahnen.
Turner Contemporary
Auch die Kunstgalerie Turner Contemporary spielt eine Schlüsselrolle bei der Revitalisierung eines Stadtquartiers – der Altstadt von Margate. Vom Bahnhof und vom Strand aus weithin sichtbar, formt die Silhouette des Gebäudes einen Blickpunkt am Horizont. Nach langen Jahren des wirtschaftlichen Niedergangs wird damit ein Wandel markiert, denn die einst pulsierenden Seebäder entlang der Nordküste von Kent mussten einen starken Rückgang der Besucher und sinkende Investitionen hinnehmen. Margate war besonders stark betroffen. Mit der Rückbesinnung auf die 300-jährige Geschichte des Seebades und sein kulturelles Erbe wurde ein entscheidender Schritt für die städtische Entwicklung getan.
Sechs gleichförmige, gegeneinander verschobene, kristalline Volumen formen das zweigeschossige, 3100 Quadratmeter gro-ße Galeriegebäude, das entlang der Seeseite angeordnet und an zwei Seiten vom Wasser begrenzt ist. Die skulpturale Präsenz des Gebäudes unterstreicht die Besonderheit dieses Ortes, der buchstäblich zwischen Land und Wasser gelegen ist. An dem Standort befand sich einst das Gästehaus, in dem Joseph Mallord William Turner (1775–1851) bei seinen Aufenthalten in Margate übernachtete. Das Droit House, ein ehemaliges Zollhaus, flankiert das Gebäude im Westen, im Osten liegt eine Station für Rettungsboote, die bei Flut direkt von der Kaianlage vor der Galerie in See stechen. Ein hoher Betonsockel schützt das Gebäude vor dem Wasser. Die weiße Gebäudehülle aus opakem, geätztem Glas ist so ausgebildet, dass sie der hohen Luftfeuchtigkeit, dem starkem Wind und der mit Wucht auftreffenden Gischt standhält. Die markanten Schrägdächer fügen sich in die Dachlandschaft der historischen Altstadt ein und leiten zu deren kleinteiliger Bebauung über. Schwellenängste sollen gar nicht erst aufkommen: Durch die großformatigen Fensterflächen auf der Südseite des Gebäudes kann man ungehindert in die Galerie sehen. Die Besucher betrachten Kunst immer auch mit einem Blick auf die See und den Horizont, die Stadt und die Hafenanlage.
Das Museum als Learning Center
The Hepworth Wakefield ist ein gelungenes Beispiel für den Wandel des zeitgenössischen Museums. Mit speziell entwickelten Programmen und Formaten wenden diese sich an Besucher aller Altersgruppen, um durch Wissensvermittlung Nähe zur Kunst zu schaffen und Distanz zum Werk abzubauen. Mit dem Learning Center, gut ausgestatteten Räumen für unterschiedliche Gruppengrößen, sind Lern- und Arbeitsorte im Museum entstanden, die sich dieser Vermittlungsarbeit widmen. In Wakefield ist das Learning Center zentral im Erdgeschoss untergebracht, in dem sich auch der Shop, die Cafeteria und ein Auditorium sowie die Büros, das Lager für die Sammlungsbestände, ein Archiv und eine geschlossene Ladezone für die Kunstanlieferung befindet. Das Obergeschoss ist der Kunst vorbehalten.
Bei der Turner Contemporary wird die klare Trennung zwischen der Ausstellungsebene und dem öffentlichen Bereich aufgehoben. Im Erdgeschoss befindet sich die weitläufige Eingangshalle mit Museumsshop, die Cafeteria und ein Veranstaltungsraum mit einem Balkon zur Seeseite – alle drei können unabhängig von den Ausstellungsräumen im Obergeschoss betrieben werden. Ein zweigeschossiger Galerieraum, eine Art Schaufenster mit Meerblick, bringt die Kunst in den Eingangsbereich und verbindet den öffentlichen Bereich mit der Ausstellungsebene. Dort befindet sich auch das Learning Center, so dass ein Dialog zwischen Kunst und Kunstvermittlung möglich wird.
Das Licht als Leinwand für die Kunst
Im Hepworth Wakefield sind die Raumsequenzen der Ausstellungsebene als fließender und vielgestaltiger Rundgang konzipiert, der die zehn Galerieräume untereinander verbindet. Im Inneren der Ausstellungsräume ist die ungewöhnliche Morphologie des Gebäudes ablesbar. Die Decken nehmen die Neigung der Dächer auf, Wände treffen in verschiedenen Winkeln aufeinander, die Räume sind unterschiedlich groß. Natürliches Licht und die individuelle Beleuchtung der Ausstellungsräume, die konservatorischen Anforderungen genügt, waren ein besonderes Anliegen der Planung. Gemeinsam mit Spezialisten von Arup wurde ein Oberlicht-System entwickelt. Am höchsten Punkt der Ausstellungsräume laufen Lichtschlitze, durch die Tageslicht einfällt, über die gesamte Breite der Decke. Die verschiedenen Neigungswinkel der Decken wurden auf optimalen Lichteinfall hin berechnet. Das ausgefeilte Spiel mit wechselnden Lichtatmosphären macht die besondere Qualität der Ausstellungsräume aus, die, zurückhaltend und neutral, der Kunst einen Rahmen geben.
Bei der Turner Contemporary erweckt die Klarheit und Leichtigkeit der introvertierten Galerieräume eher den Eindruck von Künstlerateliers. Auch sie sind zu einem Rundgang zusammengefasst. Das gesamte Obergeschoss ist klimatisiert und entspricht hohen konservatorischen Standards, da mit den Turner-Gemälden auch alte Kunst gezeigt wird. Die Brandungsgeräusche der See und der Wind sind im Inneren nicht zu hören, die Räume führen direkt zur Kunst. Die Fenster auf der Nordseite werden durch nach Süden orientierte Membran-Oberlichter ergänzt. Das einfallende Licht erzeugt eine warme Atmosphäre, die selbst dann noch spürbar ist, wenn die Räu-me abgedunkelt sind. Für William Turner zählten „der Himmel über Thanet (Anm.: der nördlichste Zipfel Kents) zu den lieblichsten in ganz Europa“. Der zweigeschossige Galerieraum im Obergeschoss wird zu einem Balkon mit Blick auf den Himmel und die See. Eine überhöhte Brüstung im Inneren überblendet die Kaianlagen vor der Galerie, so dass die Besucher nur die Horizontlinie und die Bewegung der Wellen sehen. Es dauert einen Augenblick bis man versteht, dass mit der Turner Contemporary nicht nur das Werk Turners in ei-nen neuen Kontext gestellt wird, sondern das Gebäude selbst das einzigartige Licht und die Seelandschaft, die den Maler inspirierten, neu inszeniert und interpretiert.
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