Tor auf Schalke
Fan- und Besuchergebäude des FC Schalke 04
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
Tor auf Schalke
Fan- und Besuchergebäude des FC Schalke 04
Text: Brinkmann, Ulrich, Berlin
„Tor auf Schalke“ – wer Fußball lieber live im Radio, statt aufbereitet aus der Fernsehkonserve verfolgt, denkt bei diesen Worten unweigerlich an die Zwischenrufe, mit denen einst Reporter Manfred Breuckmann die Schlusskonferenz der Fußball-Bundesliga unterbrach.
Dabei gab es zwei Varianten: Die erste, gebrüllt, klang: „Toooooooooooor auf Schalke!!!!!“ und ertönte etwa gegen 17:14 Uhr, zwei bis drei Minuten vor Abpfiff, wenn den Königsblauen ein spä-ter Sieg oder wenigstens noch der Ausgleich in einem als aussichtslos erwarteten Match gelang. Dass die andere Variante, ein kurz und knapp vermeldetes „Tor auf Schalke“, nun als Titel des Wettbewerbs für ein neues Eingangs- und Besucherzentrum der Gelsenkirchner Kicker fungiert, ist eine Ansage an echte Fans: So sachlich-knapp meldete sich Breuckmann nämlich erst ab einem beruhigenden Drei-Tore-Vorsprung „seines“ Teams.
Die Ansprache hat gewirkt – jedenfalls sind die von der Jury (Vorsitz: Ulrike Lauber, Berlin/München) mit dem ersten Preis bedachten Architekten Schulz&Schulz tatsächlich bekennende Anhänger des FC Schalke 04. Was dem Wettbewerbsergebnis darüber hinaus Aufmerksamkeit bescheren dürfte, ist die Dimension der Auslobung. Denn außer einem Entwurf für besagtes Fan-Gebäude, das als Eingangsbauwerk des Vereinsgeländes ein ganz reales „Tor auf Schalke“ darstellen könnte, verlangte diese im Ideen-teil eine Neuordnung der gesamten Fußball-Topographie auf dem Berger Feld. Hier, wo sich rings um neue Arena und altes Parkstadion herum mehrere Trainingsplätze und Funktionsgebäude angesammelt haben, soll künftig auch noch ein Stadion für die Auftritte der Regionalliga-Mannschaft entstehen. Eine veritable Städtebau-Aufgabe mit erheblichem Reibungspotenzial. Denn eine Landschaft wie diese ist ein Ort kollektiver Projektionen, Erinnerungen und Sehnsüchte; ein mythosbeladener Raum. Immerhin, ein System von Erdwällen und Baumreihen aus den Tagen der Umgestaltung des Areals Anfang der 70er Jahre und die städtebaulichen Entwicklungsziele von 2007 gaben den Planern ein Gerüst von Greifbarkeiten an die Hand, mit dem sich operieren ließ.
Schulz&Schulz schlagen ein langgestrecktes Empfangsgebäude vor, das den nordwestlich der Arena geplanten Platz „Schalker Markt“ zu den Trainingsplätzen im Norden hin abgrenzt. Indem die Mitte als großer Durchgang unter der mit dem Vereinswappen geschmückten Deckenplatte offen bleibt, ist das „Tor auf Schalke“ auch architektonisch lesbar. Die von den Leipziger Architekten bekannte reduzierte Formenwahl wirkt gegenüber der monströsen Arena wohltuend – spätestens, wenn die Schalker dereinst mal wieder einen Triumph wie die ersehnte Meisterschaft feiern sollten, wird der Wert dieser Zurücknahme als Hintergrund für die begeisterten Fans deutlich werden. Zumal es Schulz&Schulz an Fan-Pathos nicht fehlen lassen: Im zweiten Bauabschnitt nämlich wird das Torgebäude erst richtig zur Geltung kommen, sobald der heute noch nach Os-ten verschwenkte Ernst-Kuzorra-Weg in gerader Linie auf den „Schalker Markt“ geführt und im dritten Abschnitt schließlich zu einer Via triumphalis ausgebaut wird, an deren Ende die neuen Vereinsgebäude angeordnet sind. Kritisch beurteilte die Jury den Umfang der für die vorgeschlagene Terrassie-rung von Trainingsplätzen und Regionalligastadion nötigen Erdarbeiten, denen weitere Überreste des Parkstadions und damit Teile der Vereinsgeschichte zum Opfer fallen müssten.
vollständiges Ergebnis:
2-phasiger Realisierungswettbewerb
1. Preis: Schulz & Schulz Architekten, Leipzig | 2. Preis: Zinterl Architekten, Graz und zt arquitectos, Lissabon | 3. Preis: trint + kreuder d.n.a., Köln
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