Urban Intervention Award Berlin
Netzwerken
Text: Dransfeld, Agnes, Berlin
Urban Intervention Award Berlin
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Text: Dransfeld, Agnes, Berlin
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin hat 2010 erstmals einen europaweiten Preis für sozial engagierte und städtisch intervenierende Architektur ausgelobt. Der sogenannte Urban Intervention Award Berlin wurde am 25. November in der alten Zollgarage am ehemaligen Flughafen Tempelhof verliehen. Angesichts der nominierten Projekte stellt sich die Frage: Brauchen wir einen solchen Preis?
Der Begriff „Urban Intervention“ steht für eine Architektur, die nicht allein ästhetische und funktionale Qualitäten thematisiert, sondern verstärkt die soziale und kulturelle Interaktion befördern will, erklärt Festredner Matthias Böttger. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher möchte mit dem Preis die Berliner und die deutsche Baupreiskultur um eben dieses – gerade aktuelle – Feld der Architektur erweitern. Der Preis ist in zwei Kategorien unterteilt: „built“ für dauerhafte Architektur und „temporary“ für vorübergehende bauliche Interventionen. Die Kategorie „built“ konnte der spanische Architekt Martin Lejarraga mit seinem „Library and Reading Park“ in Torre Pacheco, Spanien, gewinnen. Eigentlich wollte die Stadtverwaltung von Torre Pacheco nur eine neue Bibliothek. Lejarraga jedoch gestaltete das ihm zu-gewiesene Grundstück als Sport- und Parklandschaft, in deren Zentrum, halb eingegraben, die Bibliothek liegt. Er sagt, sein Verständnis von Architektur sei es, den Bauherren mehr zu geben, als sie erwarten. Dass die Leute in Torre Pacheco seine Architektur mögen, freue ihn, viel wichtiger seien aber die rund 100 Bibliotheksbesucher am Tag. Früher waren es höchstens drei.
Den Preis in der Kategorie „temporary“ bekam das in Bezug auf das Budget, den Projektzeitraum wie auch auf das räumliche Volumen kleinste der eingereichten Projekte, die mobile Stadtküche der Architekten Daniel Unterberg und Isabell Weiland aus Berlin/Neukölln. Die Idee entstand aus der Überlegung, wie man Menschen dazu bringen könnte, miteinander Zeit zu verbringen und sich näher kennenzulernen, erzählt Isabell Weiland. Durch gemeinsames Kochen und Essen war die Antwort der beiden Architekten. Sie gestalteten und bauten eine Kochgelegenheit mit ausklappbarem Tisch auf einem Fahrradanhänger. Jeder mit dem Fahrrad erreichbare Ort kann so zu einer öffentlichen Küche werden.
Die eigentliche Verleihungszeremonie des Preises war sympathisch unperfekt. Kleine Unklarheiten über den Ablauf regelten Moderator Claus Käpplinger und Regula Lüscher vor dem Mikrofon, die Siegertrophäe – weißer Sockel mit den Lettern UIAB in blauer Neonschrift – hatten die Auslober selbst gestaltet. Die Buchstaben leuchten allerdings nur, wenn das aus dem Sockel hängende Stromkabel eingesteckt ist.
Nach der Preisverleihung wurde die Ausstellung mit den 26 Projekten der engeren Wahl eröffnet. Auffällig viele sind bekannt und zum Teil schon mehrfach publiziert, etwa das Bellevue in Linz (Bauwelt 34.09, 43.10), der Fischmarkt in Istanbul/Besiktas (43.10) und das Lesezeichen in Salbke (42.05, 38.09, 17–18.10). Die Auslober hatten im Vorfeld die Architekturkritiker Andreas Ruby, Hubertus Adam und Sophie Lovell gebeten, gelungene Projekte vorzuschlagen, deren Büros daraufhin zur Teilname am Wettbewerb eingeladen wurden. Sie wollten wohl durch gute und bekannte Projekte Aufmerksamkeit auf den Preis ziehen und außerdem zeigen, welche Art von Architektur sie unter dem Thema verstehen. Bei den Planern hat der Preis in jedem Fall viel Aufmerksamkeit erregt, denn es wurden insgesamt 75 Projekte eingereicht.
Auch die Preisverleihung zog viele Interessierte an. Etwa 250 Gäste tummelten sich in der alten Zollgarage und machten deutlich: Dieser Preis dient vor allem der Stärkung des Netzwerks unter den Architekten. Dazu passt auch der eigentliche Preis: eine Wochenendreise in das Land bzw. die Stadt des jeweils anderen Preisträgers. Obwohl es kein Geld zu gewinnen gab, waren auch die Nominierten fast alle gekommen, teilweise aus Spanien, der Türkei und den Niederlanden. Es scheint, als hätten die Urban-Intervention-Architekten auf eine solche Gelegenheit gewartet, um Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und zu feiern.
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