Vorgemacht
Neue Zentralbibliothek im Zentrum von Helsinki
Text: Crone, Benedikt, Berlin
Vorgemacht
Neue Zentralbibliothek im Zentrum von Helsinki
Text: Crone, Benedikt, Berlin
Die eine Hauptstadt will sie, die andere bekommt sie: eine Zentralbibliothek. In Berlin läuft noch bis zum 9. August das Bewerbungsverfahren für die ZLB; in Helsinki ist der Wettbewerb bereits abgeschlossen – mit jungen finnischen Büros als Preisträgern.
„Das Zentrum der Hauptstadt Helsinki ist bis heute zerfranst und bruchstückhaft“, klagte 1988 die finnische Architektin Marja-Riita Norri anlässlich eines Wettbewerbs für das innerstädtische Gebiet Kamppi-Töölönlahti (Bauwelt 48.1988). 25 Jahre später ist Helsinki kräftig dabei, genau dieses Areal, das im Os-ten an die Gleisanlagen des Hauptbahnhofs grenzt und im Norden in einem Park entlang der Bucht Tö-ölönlathi ausläuft, in Form zu bringen. Kultur- und Bildungsbauten werden nach und nach an die Ränder gesetzt in der Hoffnung, die einstige Hafenbrache mit alten Werften, etwas Grün und Parkplatz könnte sich zum Vorzeigequartier mausern. Immerhin strömen Besucher bereits zum benachbarten Parlament, zu Alvar Aaltos Finlandia-Halle und zum neuen Konzerthaus des Architekten Marko Kivistö.
Das Zauberwort der Stunde aber heißt „Central Library“, eine Zentralbibliothek, für deren Neubau die Stadt einen offenen, zweistufigen Wettbewerb auslobte – und 540 Einsendungen aus aller Welt erhielt. Knapp 70 Millionen Euro soll der Bau bis zur Fertigstellung 2018 kosten und den erwarteten 6000 Besuchern dafür mehr bieten als Bücher und Lesetische: Kino, Geschäfte, Ausstellungs- und Multimediaräume, sogar ein TV- und Radiostudio wünscht sich Helsinki von der Hybrid-Bibliothek. Diese Funktionen unter ein Dach zu bringen und dazu ein innen wie außen ansehnliches Gebäude zu planen, gelang allen sechs Wettbewerbsteilnehmern, die es in die zweite Runde schafften – am besten aber ALA Architects (1. Preis), urteilte die Jury. Ein 2. Preis wurde nicht vergeben, dafür ging jeweils ein 3. Preis an die ebenfalls in Helsinki ansässigen Büros VERSTAS und Playa.
Dass finnische Architekten sich besonders gut auf Holz verstehen, zeigte sich schon letztes Jahr, als das Land auf der Biennale in Venedig ausgewählte Holzbauprojekte präsentierte. Dass ALA Architects überdies ein Händchen für schiefe und gewellte Holzwände haben, bewies das junge Büro mit seinem 2011 fertiggestellten Theater „Kilden“ im norwegischen Kristiansand, für das sich die Architekten ursprünglich zusammengeschlossen hatten. Auch in ihrem Entwurf für die Zentralbibliothek beult sich im Erdgeschoss eine Fassade aus 30 Millimeter dickem Lärchenholz, als würde das Gebäude seinen Bauch einziehen und der Vorplatz förmlich ins Foyer gesogen. Ein Kniff, der mit Blick auf die anderen Preisträger unter skandinavischen Architekten gerade Mode zu sein scheint. Ob Helsinki überhaupt eine neue Zentralbibliothek braucht, wird – wie in Berlin – von Kritikern bezweifelt. Immerhin gibt es neben Dutzenden Quartiersbibliotheken bereits eine Landes- und eine frisch errichtete Universitätsbibliothek. Zu stark schien indes der Wunsch, einen einstigen Unort mit einem neuen Schmuckstück aufzuhübschen.
Offener, zweistufiger Wettbewerb
1. Preis ALA Architects, Helsinki
ein 3. Preis VERSTAS, Helsinki
ein 3. Preis Playa, Helsinki
1. Preis ALA Architects, Helsinki
ein 3. Preis VERSTAS, Helsinki
ein 3. Preis Playa, Helsinki
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