Bauwelt

„Wendy soll die Leute für einen ökologischen Lebensstil begeistern“

Matthias Hollwich über seinen Entwurf für die diesjährige Hofgestaltung im New Yorker PS1

Text: Meyer, Friederike, Berlin

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    „Wendy“ - Der mit Nanopartikeln behandelte blaue Stoff des Sterns soll durch chemische Reaktion Schadstoffe aus der Luft binden.
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    „Wendy“ - Der mit Nanopartikeln behandelte blaue Stoff des Sterns soll durch chemische Reaktion Schadstoffe aus der Luft binden.

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1. Preis: HWKN, Matthias Hollwich, Marc Kushner, New York

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1. Preis: HWKN, Matthias Hollwich, Marc Kushner, New York


„Wendy soll die Leute für einen ökologischen Lebensstil begeistern“

Matthias Hollwich über seinen Entwurf für die diesjährige Hofgestaltung im New Yorker PS1

Text: Meyer, Friederike, Berlin

Im Hof des New Yorker Kunstzentrums PS1 wird im Sommer 2012 ein blauer Stern namens „Wendy“ stehen. Die Idee dazu stammt von HWKN Archi­tekten, die den alljährlich vom MoMA ausgelobten Wettbewerb für junge Architekten mit Sitz in den USA gewonnen haben (Bauwelt 11.11, 30.10 und 15.08).
„Wendy“ wird angeblich in der Lage sein, die Luft zu reinigen. Matthias Hollwich, der ur­sprüng­lich aus München stammt, erklärt, wie das funktionieren soll.


Herr Hollwich, die von Ihnen vorgeschlagene Hofgestaltung für die Sommerfeste im PS1 wird nicht nur, wie bisher üblich Schatten spenden, Sitzmöglichkeiten bieten und mit Wasserbecken für die Erfrischung der Partygäste sorgen. Sie soll auch Autoabgase neutralisieren. Wie funktioniert das?


Wir stellen im Hof eine Stahlkonstruktion auf, in der ein begehbarer Stern klemmt. Dieser ist aus Stoff. Die Sternform bietet die größtmögliche Oberfläche. Das ist wichtig, denn der Stoff wird mit Nanopartikeln auf der Basis von Titandioxid (TiO2) besprüht. Das TiO2 reagiert photokatalytisch, das heißt, es setzt unter Einwirkung von Sonnenlicht einen chemischen Prozess in Gang, bei dem der Sauerstoff und das Wasser der Luft gespalten werden. Die so entstehenden Teilchen oxydieren dann mit giftigen Stoffen in der Luft, zum Beispiel Stickstoff.

Sie sind offenbar die ersten Architekten, die bauen und sich dabei mit Nanopartikeln beschäftigen. Zumindest höre ich von einem solchen Konzept zum ersten Mal.

Wir wundern uns selber, dass das bisher niemand probiert hat. Bekannt geworden ist die luftreinigende Wirkung von TiO2 vor ein paar Jahren durch die Anwendung in Beton. In Malmö wird katalytischer Beton zum Beispiel beim Bau von Gehwegen verwendet. Zugleich forschen die Modedesignerin Helen Storey und der Chemiker Tony Ryan von der Universität Sheffield seit Jahren an der Anwendung von Nano­partikeln in Textilien. Letzten Herbst haben sie auf dem London Design Festival selbstreinigende Jeans vorgestellt. Mit Tony Ryan werden wir bei Wendy zusammenarbeiten und auch mit den Statikern von Knippers Helbig und den Stuttgarter Klima-Inge­nieu­ren von Transsolar. Die deutsche Expertise ist für ein solches Projekt einfach gut. 

Wendy soll die Abgase von 260 Autos eliminieren, heißt es in der MoMA-Presseerklärung. Worauf bezieht sich die Zahl und wie haben Sie sie ermittelt?

Die Zahl bezieht sich auf die durchschnittlichen Abgase, die ein Auto während der Standzeit von Wendy im PS 21 ausstößt. Tony Ryan hat das geschätzt, in­dem er die Sonneneinstrahlung, die Zahl der Nano­partikel und die Fläche an Stoff in Beziehung gesetzt hat. Aber: Wir bauen hier ja einen Prototyp. Wenn Tony Ryan diese Woche nach New York kommt, werden wir auch über die Art der Messung sprechen.

Warum ist der Stern blau?

Die Architektur ist ja sehr expressiv. Wir wollten, dass der Stern beim Blick von unten, vom Hof aus, mit dem Himmel verschmilzt und nicht noch mehr Aufmerksamkeit anzieht.

Woher kommt der Name „Wendy“?

Die Meteorologen geben jedem Sturm einen Namen, die NASA-Forscher benennen ihre Experimente immer nach Frauen. Wir sehen Wendy als architektonisches Experiment, das aktiv für die Verbesserung der Umwelt eintritt, aber nicht mit erhobenem Zeigefinger. Wendy soll die Leute für Architektur und für einen ökologischen Lebensstil begeistern. Wir versuchen in unserem Büro immer Formen zu entwickeln, die emotionalisieren und Botschaften vermitteln. Auf der Biennale in Venedig 2008, wo unsere Stadtvision „MEtreePOLIS“ im Deutschen Pavillon ausgestellt war, haben wir das als „econic“ bezeichnet. 

Das Budget, das das MoMA zur Verfügung stellt, wird offiziell nicht kommuniziert. Viel sagen aber, das es nicht sehr hoch ist. Prototypen, bei denen neue Technologien ausprobiert werden, sind jedoch meist sehr teuer. Wie wollen Sie das finanzieren?

Firmen dürfen uns Material und anderes sponsern. Wir haben schon einige Angebote bekommen und sind natürlich offen für weitere. Vielleicht ja von den Lesern der Bauwelt?

vollständiges Ergebnis:
Realisierungswettbewerb
Sieger HWKN, Matthias Hollwich, Marc Kushner, New York | Finalisten AEDS, Ammar Eloueini Digit-all Studio, Paris / New Orleans | Cameron Wu, Cambridge | IK Studio, Mariana Ibañez, Simon Kim, Cambridge | UrbanLab, Martin Felsen, Sarah Dunn, Chicago
Fakten
Architekten HWKN, Matthias Hollwich, Marc Kushner, New York; AEDS, Ammar Eloueini Digit-all Studio, Paris / New Orleans; Cameron Wu, Cambridge; IK Studio, Mariana Ibañez, Simon Kim, Cambridge; UrbanLab, Martin Felsen, Sarah Dunn, Chicago
aus Bauwelt 11.2012
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