Campus Completed
Am neuen Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hat das Land Hessen in den letzten Jahren 800 Millionen Euro verbaut. Jetzt wurde ein Wettbewerb für den vorerst letzten Baustein entschieden: der Neubau für die Sprach- und Kulturwissenschaften samt Kunstpädagogik
Text: Kohler, Philipp, Frankfurt am Main
Campus Completed
Am neuen Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt am Main hat das Land Hessen in den letzten Jahren 800 Millionen Euro verbaut. Jetzt wurde ein Wettbewerb für den vorerst letzten Baustein entschieden: der Neubau für die Sprach- und Kulturwissenschaften samt Kunstpädagogik
Text: Kohler, Philipp, Frankfurt am Main
Der Umzug der Frankfurter Goethe-Universität auf den neuen Campus im Westend schreitet voran. Während der alte Standort in Bockenheim mit seinen schlichten Funktionsbauten für die Universität der Nachkriegszeit steht, repräsentiert der neue Campus eine mittlerweile auf Exzellenz getrimmte, mit Autonomie und großem Selbstbewusstsein ausgestattete Stiftungsuniversität. Dieses Selbstverständnis drückt sich unter anderem darin aus, dass die Präsidentin der Universität Birgitta Wolff die Neubauten als „Tempel für den Geist“ bezeichnet. Die Solitäre reihen sich an Achsen in einer üppig dimensionierten Parkanlage hinter dem IG-Farben-Gebäude von Hans Poelzig auf. Dessen Neoklassizismus stand den Neubauten Pate, was durch klare Gestaltungsleitlinien festgelegt ist (Bauwelt 27–28.2009, 10.2014). Dem darin formulierten Wunsch nach einem Campus aus einem Guss muss sich auch der geplante Neubau für die Sprach- und Kulturwissenschaften beugen, dessen Wettbewerb nun entschieden wurde. Mit seiner Fertigstellung soll die Entwicklung des Campus in viereinhalb Jahren abgeschlossen sein, denn für die im Masterplan angedachte Zentralbibliothek gibt es derzeit keine konkreten Pläne.
Zum Wettbewerb hatten sich 97 Büros beworben, 25 wurden für die Bearbeitung ausgewählt. Im Neubau sollen auf 12.000 m2 die Büros der Sprach- und Kulturwissenschaften, die Bereichsbibliothek, eine Cafeteria, Serviceeinrichtungen und eine Tiefgarage unterkommen. Die eigentliche Lehre wird im bereits bestehenden Seminargebäude und im Hörsaalzentrum stattfinden. Vor Schwierigkeiten stellte die Teilnehmer der Städtebau: Das Baufeld grenzt mit seiner Breitseite an das mitten auf dem Campus gelegene Einfamilienhausgebiet. Doch der Neubau soll sich zum Campus orientieren und die städtebauliche Kante im Osten, an der Hansaallee, betonen. Zudem war die Integration des Baus für die Kunstpädagogik, der zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt werden soll, zu berücksichtigen.
Obwohl die Präsidentin der Universität bei der Vorstellung des Wettbewerbsergebnisses davon sprach, keine weiteren Trutzburgen mehr auf dem Campus zu wollen, hat sich das im Ergebnis nicht niedergeschlagen. BLK2 Böge Lindner K2 Architekten (1. Preis) teilen das Gesamtvolumen in drei in der Höhe differenzierte Baukörper und bilden vor dem westlichen Haupteingang einen schmalen Platz. Das Gebäude für die Kunstpädagogik ist in einem vierten Bauteil im Südosten geplant und in die Erschließung eingebunden. Hinter dem Hauptvolumen angedacht, bleibt dort bis zu seiner Fertigstellung kein großes Loch. Die Fassade strukturieren die Architekten durch zwei übereinander gelegte, netzartige, durch Steinformate unterschiedene Strukturen aus Travertin. Das nimmt dem Entwurf die Strenge und gibt ihm die gewünschte Eigenständigkeit, wirkt aber an den Gebäudeecken unfertig. Vom Haupteingang gelangt man ins Foyer, das die einzelnen Funktionen erschließt, deren Anordnung ermöglicht die jeweils separate Nutzung.
Ganz anders der Entwurf von Staab Architekten (2. Preis): Auf einem zweigeschossigen Sockel, der unter anderem die Bibliothek aufnimmt, sind die Baukörper, in der Tiefe gestaffelt, angeordnet. Die Kunstpädagogik ist in die Erschließung eingebunden. Das Preisgericht diskutierte das Sägezahnmotiv entlang der Hansaallee kontrovers. Ebenso die gebänderten Fassaden, die an ein in Naturstein übersetztes Bürogebäude aus den 70er Jahren erinnern. Das dunkle Grau hebe das Gebäude zwar reizvoll von der Umgebung ab, wirke aber in Verbindung mit den Sonnenschutzlamellen monoton und düster. Ein Innenhof wird als Außenbereich der Cafeteria genutzt, was die Lärmemissionen reduziert. Spannende Raumfolgen werten die Erschließung zum Erlebnisraum auf.
Ingenhoven Architects (Anerkennung) zeigen mit einer begrünten Natursteinfassade bzw. mit einer von einem Netz aus Baubronze umhüllten Bibliothek, was im Rahmen der Gestaltungs- leitlinien möglich ist. Der Entwurf weise aber funktionale Schwächen auf, so die Jury.
Ein vergleichender Blick auf die nahe gelegene TU Darmstadt zeigt, dass es auch anders ginge: Dort wurde die nunmehr zehnjährige Bauautonomie genutzt, um spannende Architektur zu bauen, weniger um Tempel zu errichten.
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