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Der Flughafenschreiber

Buch von Meinhard von Gerkan

Text: von Gerkan, Meinhard, Hamburg

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Der Flughafenschreiber

Buch von Meinhard von Gerkan

Text: von Gerkan, Meinhard, Hamburg

Das mit Spannung erwartete Buch von Meinhard von Gerkan zum Hauptstadtflughafen BER ist erschienen. Der Tenor des Architekten: Schuld an der Misere sind die anderen, vor allem die Verantwortlichen der Flughafengesellschaft. Muss man das alles lesen? Wir haben es getan und bieten hier den Service eines schnellen Überblicks an. Zu diesem Zweck haben wir eine Auswahl an Zitaten vorsortiert – mehr können wir leider auch nicht tun.
Vermallung des Fliegens | „Warum soll ich von Hamburg nach Shanghai zwei Flaschen überteuerten Whisky wie ein Penner in der Plastiktüte mitschleppen oder, nach Hamburg zurückgekehrt, noch eine neue Unterhose oder ein Paar Skisocken erwerben, um diese als Mitbringsel in die Tasche zu stopfen?“ (S. 21 f.)
Rinderfilet | Beim „BER wurden ursprünglich geplante 200.000 Quadratmeter BGF mit 490 Millionen Euro veranschlagt; es mussten jedoch auf Bauherrnanweisung 340.000 Quadratmeter BGF für 830 Millionen Euro gebaut werden. Die Preise sind für beide Rechenfälle identisch, nämlich 2440 Euro pro Quadratmeter BGF. Die Menge, also das vom Bauherrn vergrößert gewünschte Volumen, hat sich jedoch um 70 Prozent (...) erhöht. Auch für ein 170 Gramm wiegendes Rinderfilet muss man 70 Prozent mehr bezahlen als für 100 Gramm.“ (S. 29)
Harry Potter | „Sind Architekten nicht oft in der scheinbar hoffnungslosen Rolle eines Harry Potter, der mit seinen Künsten aufopferungsvoll die schwarze Magie eines Lord Voldemort bekämpft? Gemessen an der Zahl der Widersacher, der aufgefahrenen Häme und dem persönlichen Opfer des einzelnen Architekten geht es Harry Potter (...) noch vergleichsweise gut.“ (S. 32)
Profit-Architektur | „Banale Baumasse für die Rendite, regionales Aperçu als Beimischung an der Oberfläche oder als ,Cocktailkirsche‘ für den Publikums- und Politikergeschmack.“ (S. 33)
Dirigent | „Selbst ein hochrangiges großes Orchester braucht einen Dirigenten, um die Klangvielfalt einzelner Solisten zu einem harmonischen Konzert zu formen. Es gibt berühmte und weniger geschätzte Dirigenten. Keiner käme jedoch auf die Idee, Juristen, Aufsichtsbeamte, Banker oder Marketingstrategen an das Dirigentenpult zu stellen. Beim BER waren vergleichbare Besetzungen gängige Führungspraxis.“ (S. 50)
Baukosten | „Natürlich kauft keiner gern eine geschönte Wahrheit, ergo die Unwahrheit. Dennoch sind die meisten Aussagen zu Baukosten in der Konzeptphase eines Projekts reine Kosmetik, besonders wenn baufremde Parteien zu gewinnen sind wie zum Beispiel Politiker, die Bürger einer Stadt oder eines Landes. In einigen Fällen geht dies bis zum Selbstbetrug.“ (S. 55)
Partnerfindung | „Die Arbeitsgemeinschaft mit JSK war kein freundschaftlicher Zusammenschluss; die Vorstellungen von Architektur gingen zu weit auseinander. Die Entscheidung für eine Arbeitsgemeinschaft mit JSK fiel aufgrund des Hinweises der Flughafengesellschaft, einer Beauftragung von entweder JSK oder gmp könne entgegenstehen, dass wegen der gemeinsamen Vorbefassung Vergaberüge des jeweiligen Unterlegenen zu befürchten sei. Eine gemeinsame Bewerbung von JSK und gmp schließe dieses Risiko aus.“ (S. 62)
Speisekarte | „In diesem unwürdigen Hase-und-Igel-Spiel wurde uns als Architekten die Rolle von Kellnern zugemutet, welche die soeben georderten Speisen auftrugen, als die Gäste – Fach-unkundige aller Couleur, vom Politiker über den Kaufmann bis zum Beamten – in der reichhaltigen Speisekarte bereits eine vermeintlich billigere oder schmackhaftere Speisefolge zusammengestellt hatten.“ (S. 64)
Schuhgröße | „Die Fluggastzahlen, vor allem die Spitzenstundenbelastungen, für jede Flughafenplanung unverzichtbare, wenn auch schwer zu berechnende Kennwerte, wurden entweder gar nicht ermittelt oder verschwiegen, obwohl jeder weiß, dass jemand mit Schuhgröße 38 selbst mit Kneifzangen und Vorschlaghammer nicht in Schuhgröße 30 zu zwängen ist.“ (S. 64)
Mercedes und BMW | „Die Entscheidung, den Gesamtauftrag ,Entrauchungsanlage‘ zu splitten und je zur Hälfte an Bosch und Siemens zu vergeben, war nicht unproblematisch, denn deren Produkte sind genauso wenig baugleich wie beispielsweise ein Mercedes und ein BMW. (...) Es erwies sich als vorhersehbarer Konflikt, dass – bildlich gesprochen – die linke Hälfte eines Mercedes nicht mit der rechten Hälfte eines BMW kompatibel war.“ (S. 90)
Versäumnis | „Den Anordnungen zu spät auch außerhalb des Projektes, also in der Öffentlichkeit, Widerstand geleistet zu haben, sehe ich mittlerweile als Versäumnis an. Uns wurde die Rolle des Erfüllungsgehilfen zugespielt. In die Rolle des Widerstandskämpfers haben wir nur allmählich hineingefunden ...“ (S. 103)
Hinterhältige und infame Art | „Für mich gibt es überhaupt keine Veranlassung, gmp irgendein Verschulden seitens des Unternehmens BER zuschreiben zu lassen. Ich kenne kein anderes Bauvorhaben unseres weltweit agierenden Büros, bei dem wir in Nibelungentreue die Anordnungen und kategorischen Anweisungen des Bauherrn exakt so erfüllt haben, wie sie von ihm gefordert wurden, auch dann, wenn sie gegen zuvor vom Bauherrn getroffene Beschlüsse verstießen, (...) auch dann, wenn sie vermuten ließen, hier werde auf eine geradezu hinterhältige und infame Art ein intransparentes Spiel gespielt mit verschiedenen politischen und fachlichen Akteuren, sogar mit lokalen Genehmigungsbehörden.“ (S. 106 f.)
Bauherr | „Ein Typus eigener Art ist der öffentliche Bauherr. Er ist zwar begrifflich eindeutig zu fassen, in der Realität des Planens und Bauens stellt er aber nur eine abstrakte Größe dar, die sich wie eine Hydra in hundert Gremien verflüchtigt oder gar verleugnet und keine persönliche Verantwortung übernimmt.“ (S. 129)
China | „Unser Büro hat lange überlegt, ob wir uns am Bau des Chinesischen Nationalmuseums beteiligen sollten, gelegen am Tian’anmen-Platz, dem Symbol des Massakers vom 4. Juni 1989 – tatsächlich kam auf dem Platz, entgegen der damaligen tendenziösen medialen Berichterstattung, niemand zu Tode.“ (S. 145)
Fakten
Architekten gmp, Hamburg; JSK, Berlin
aus Bauwelt 33.2013
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