Bauwelt

Die Wiedergeburt von Onna spricht auch Deutsch

Das Abruzzen-Dorf nach dem Erdbeben

Text: Ciano, Angela, Rom

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Foto: Ulrich Brinkmann

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Die Wiedergeburt von Onna spricht auch Deutsch

Das Abruzzen-Dorf nach dem Erdbeben

Text: Ciano, Angela, Rom

Eine große Ausstellung am Ende des Jahres in Berlin wird für das Abruzzen-Dorf Onna zum Ereignis werden. Wo sonst als in der Hauptstadt könnte man den Deutschen besser zeigen, wie ihr Hilfsgeld nach dem Erdbeben vom 6. April 2009 ausgegeben und ein zerstörter Ort wiedergeboren wurde?
Onna in der italienischen Provinz L’Aquila ist ein Dorf mit symbolischer Bedeutung über die Tragödie des Erdbebens vor vier Jahren hinaus. Damals starben 41 Menschen, und das Dorf wurde zu 90 Prozent zerstörte. Der Ort hat eine enge Bindung zu Deutschland, die aus den Geschehnissen im Jahr 1944 resultieren, als Nazideutsche hier ein Massaker verübten. Heute ist, dank der Hilfe der Bundesrepublik auf Initiative des ehemaligen Botschafters Michael Steiner, ein Wiederaufbauprogramm in Gang gekommen. Onneser und Deutsche sind gemeinsam auf der Suche nach der geeigneten Methode, das Dorf zu sanieren, das reich ist an Bedeutungen, Traditionen, tiefen Bindungen – und an Personen, die fest entschlossen sind, ihr Dorf wiederzubekommen.
So beginnt diese wunderbare Geschichte, die heute Realität wird. Der Masterplan für den Wiederaufbau ist fertig, zeitgleich mit dem Abschluss der bürokratischen Vorbereitungen, der Beteiligungen, den Konsortien, den Projekten, all dem also, was die Sondergesetzgebung für den Wiederaufbau nach Erdbeben für das Gebiet im „Krater“ vorsieht. „Auf der Suche nach einer sicheren und konkreten Zukunft für Onna“, erklärt uns die Professorin Wittfrida Mitterer, die das Projekt seit November 2009 betreut, „muss der Masterplan die Bewahrung der Identität des Dorfes unterstützen, um die Bindung zwischen Bewohnern und Ort zu festigen, damit sein Überleben gesichert wird. Möglicherweise wird das Zentrum nie mehr den historischen Wert erlangen, den es vor dem Erdbeben hatte, aber wegen der fast vollständigen Zerstörung hat Onna in der Provinz eine Sonderrolle als Pilotprojekt. Hier können in kleinem Maßstab Lösungen für den Wiederaufbau erprobt werden, immer auch mit dem Blick auf den Wiederaufbau der Altstadt von L’Aquila. Dazu kommt die Erwartung, dass die geringere Komplexität der Maßnahme sowie der hohe Organisationsgrad der Betroffenen eine relativ schnelle Realisierung ermöglichen.“
Architekt Christian Schaller aus Köln, Erstunterzeichner des Masterplans und des Plans zum Wiederaufbau, bestätigt, dass bei jeder neuen Maßnahme die Rekonstruktion Vorrang habe. Der Masterplan hätte keine Aussicht auf Umsetzung, gäbe es nicht den entschiedenen Willen der Einwohner, ihren ursprünglichen Ort wieder aufzubauen, Onna zurück zu erobern. Gleichzeitig sollte aber auch nur das gefordert werden, was unverzichtbar für die Bewahrung des Ortsbildes und für die Erdbebensicherheit ist und modernen energetischen Standards genügt. Die Regeln sind einfach und unterschiedslos gültig für alle. Ein wichtiges Ziel ist auch, die öffentlichen Räume wieder herzustellen. Statt eines eingezäunten „Giardino pubblico“ soll eine große Piazza entstehen. Als repräsentativer zentraler Ort, der den Kirchplatz ergänzt, könnte dieser Platz als „Versammlungsraum“ dienen, für Märkte und Feste, vor allem als Begegnungspunkt für Einwohner und Gäste. An das „Monumento dei martiri“ soll ein Denkmal für die Opfer des Erdbebens angefügt werden. Die Piazza, an der auch das Postamt liegt, soll durch Gastronomie und Geschäfte belebt werden. Die Reaktivierung der alten Backstube, Aktivitäten der Hotellerie in unmittelbarer Nähe und eine neue Nutzung der Casa Alfieri bilden eine Perspektive für die Entwicklung des Ortes.
In den vier Jahren seit dem Erdbeben aber sind neben dem gegenwärtigen „Behelfs-Onna“ – aus immer gleichen Holzhäuschen, unmittelbar angrenzend an den zerstörten alten Ort erbaut – einige zur Wiederfindung von Räumen für die Dorfgemeinschaft unverzichtbare Strukturen entstanden, die es den Bürgern ermöglichen, ihre Zukunft zu diskutieren. Da gibt es die „Casa Onna“, die Infobox und das Kulturhaus, ein wieder aufgebauter Kindergarten, der vom 4. Mai an, wenn Bundesbauminister Peter Ramsauer zu Besuch kommen soll, ein Museum der Erinnerung beherbergen wird. Dies trifft zusammen mit dem Beginn der Restaurierung eines Wahrzeichens: der mittelalterlichen Kirche San Pietro Apostolo. „Eine Arbeit, die innerhalb der nächsten zwei Jahre abgeschlossen sein soll und die “, so erklärt Fabrizio Magani, Regionaldirigent für Kultur- und Landschaftsgüter, „den Neuaufbau der moderneren Teile des Komplexes vorsieht. Die Räume der Sakristei, die fast völlig eingestürzt sind, sollen abgerissen, mit modernen Materialien und Techniken aufgebaut und einer neuen Nutzung zugeführt werden. Bei der Wiederherstellung der Kirche und des angrenzenden Gemeindehauses werden Konsolidierung und Restaurierung im Vordergrund stehen, wobei Eingriffe vorgesehen sind, die die Architektur, die Materialien und die Bautechnik berücksichtigen.“ Große Bedeutung für die Wahrnehmung des Dorfs wird die Rekonstruktion des Campanile haben, er ist fast vollständig zerstört, und die der Hauptfassade der Kirche, die im oberen Bereich schwere Schäden erlitten hat und teilweise eingestürzt ist. Hier sollen einzelne Teile abgetragen, katalogisiert und bei der Rekonstruktion möglichst wieder verwendet werden. Eine Gedulds­arbeit, in Einvernehmen mit der Gruppe deutscher Techniker, die Onnas Wiedergeburt begleitet. Gleichzeitig muss die Erneuerung des Dorfkerns voranschreiten, denn, so Mitterer: „Onna hat die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Szenarien, seine Existenz zu sichern. Die eine setzt im Wesentlichen auf quantitatives Wachstum, die andere präferiert qualitatives Wachstum. Letztere setzt voraus, sich auf den historischen Ortskern zu konzentrieren und auf Bauflächen in der Peripherie zu verzichten.“
Fakten
Architekten Schaller, Christian, Köln
aus Bauwelt 13.2013
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